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Curtius, Ernst [Editor]; Adler, Friedrich [Editor]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0139
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Eingangsthor zum Gymnasion (Tafel LXXVI und LXXVII).

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des über dem Echinus liegenden Ringes, in der Quer-
seite an der Fläche über dem Volutenwulste und an den
diesen schnürenden Ringen. Dass auch die Schäfte gefärbt
waren, ist nicht sicher, aber wahrscheinlich. Die Bemalung
der ionischen Antenkapitelle zeigt Abbildung 5 der Tafel.
Bei den Obergliedern fanden sich auch hier nur die Zeich-
nung und Spuren von Rot als Grundfarbe; an der Hals-
platte aber waren bei zwei Stücken unverkennbare Reste
eines leuchtenden Tiefblau für den Grund, Grün in den
Ranken und Gelbrot in den Blüten erhalten. Von der
Zeichnung der letzteren waren die Umrisse deutlich und,
innerhalb derselben, einige Linien, die zwar zu einer
genaueren Ergänzung der Einzelheiten nicht genügten,
aber doch erkennen liessen, dass die Formgebung eine
sehr freie, fast naturalistisch zu nennende war.
Bei den dorischen Kapitellen sind, obgleich eine
grosse Anzahl von ihnen bei der Auffindung tadellos
erhalten war, Spuren einer Zeichnung auf Abakus oder
Echinus nicht gefunden worden. Ist es somit sicher, dass
diese Glieder nicht verziert waren, so machen es einige
an verschiedenen Stellen erhaltene Spuren von Rot und
Gelb wahrscheinlich, dass die Säulen im Ganzen oder in
einzelnen Teilen getönt waren.
An den korinthischen Baugliedern konnten Farben-
spuren, der schlechten Erhaltung der Stücke wegen, nicht
nachgewiesen werden.
Das Alter der Palästra ist genau nicht zu be-
stimmen. Seine obere Grenze allerdings kann als fest-

stehend betrachtet werden. Unter dem westlichen End-
steine des Fundamentes der Nordmauer der östlichen
Eingangshalle (II) fand ich nämlich eine elische Münze,
die, wie Herr Dr. Purgold festgestellt hat, ungefähr aus
dem Jahre 400 v. Chr. flammt, eher etwas jünger, als
älter ist. Leider ist sie so stark oxydiert, dass eine ge-
nauere Bestimmung nicht möglich scheint. Die Münze
lag dicht unter dem Steine, ist also wahrscheinlich von
dem ihn verlegenden Arbeiter verloren worden. Wenn
hiernach der Schluss berechtigt erscheint, dass der Bau in
der ersten Hälfte des vierten vorchristlichen Jahrhun-
derts errichtet wurde, so spricht doch gegen ihn das un-
verkennbar hellenistische Gepräge der Stilformen. Auf
die Ähnlichkeit der ionischen Kapitelle.des Raumes IX und
des Zwischenstützenkapitells mit pompeianischen Bei-
spielen habe ich oben schon hingewiesen. Die letzteren ent-
flammen der früheren Zeit der Tufsperiode von Pompei,
die bis in das zweite Jahrhundert hinaufreichen dürfte.
Dass die olympischen Kapitelle älter sind als die italischen,
ist nicht zu bezweifeln; denn gegenüber der virtuosen Be-
handlung und freien Gestaltung der letzteren erscheinen
sie mit ihren einfachen, glatten Formen altertümlich
streng, gleichsam als erfle Versuche in der neuen Rich-
tung die überkommenen Formen der älteren Kunstübung
in spielender Weise umzugestalten. Ihre Entstehung und
damit die der Palästra selbst dürfte daher in das Ende
des dritten oder den Anfang des zweiten Jahrhunderts
v. u. Z. zu setzen sein.

XXII. Eingangsthor zum Gymnasion.
Tafel LXXVI und LXXVII.
Erläutert von R. Borrmann.

Mit dem Namen Eingangsthor zum Gymnasion ist
die zwischen der Paläflra und dem grossen Gymnasion
befindliche Bauanlage bezeichnet, die bald nach ihrer Auf-
deckung — im dritten Ausgrabungsjahre — als Thor-
oder Durchgangshalle erkannt und mit der von Pausanias
VI. 21.2 erwähnten '&oSos Icr to ^vixi'änov identifiziert wurde.
Tafel LXXVI Figur 1 — 3 stellt das Gebälk und die
Deckenbildung dar, bei welchen die nicht aufgefundenen
oder nicht mit Sicherheit zu ergänzenden Bauteile durch
hellere Schraffierung gekennzeichnet, im übrigen aber
von weiteren Ergänzungen — wie z. B. der Dachkonstruk-
tion — Abstand genommen ist. Nur die Kapitelle sind
nach erhaltenen sicheren Resten vervollständigt.
Figur 7 und 8 geben den Grundriss der Kassettendecke
und eine Wiederherstellung des Grundplans, die als ge-
sichert zu betrachten ist. Der Bau stellt sich sonach dar

als eine dreischiffige, an beiden Schmalseiten durch eine
korinthische Säulen-Ordnung geösfnete Durchgangshalle
mit breitem Mittelschisf und schmaleren Seitengängen. Die
Länge beträgt 15,50m, die Breite 9,81 m, beide in der
(noch erhaltenen) Unterstufe des Stylobats gemessen.
Tafel LXXVII Figur 1 zeigt einen Querschnitt, bei
welchem die Dachdeckung ergänzt, das Fundament, nur
soweit es aufgegraben und gemessen werden konnte,
dargestellt ist.
Figur 2 giebt den Grundriss in seinem gegenwärtigen
Zustande, nach der Aufräumung, und lässt auch die Ver-
schiedenheit des Baumaterials erkennen. Es erhellt daraus,
dass von dem Bauwerk nur der solide Unterbau noch
vorhanden ist und von den Quaderlagen des Fussbodens,
sowie von dem aufgehenden Mauerwerke gerade noch so
viel, um den Grundplan richtig wiederherstellen zu können.
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