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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0152
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Exedra des Herodes Atticus (Tafel LXXXIII —LXXXVI).

XXV. Exedra des Herodes Atticus.
Tafel LXXXIII —LXXXVI.
Erläutert von Friedrich Adler.

Dieser merkwürdige Bau, schon Ende März 1877
am Südabhange des Kronion aufgefunden und im Laufe
des dritten Arbeitsjahres 1878 vollständig freigelegt, wurde
in den Ausgrabungen von Olympia Band II, S. 17; Band III,
Tafel XXXVII, S. 32; Band V, S. 46 und Funde von
Olympia S. 26f. soweit veröfsentlicht, als dies der Stand
der Forschung jeweilig erlaubte. Gleich nach der Auf-
deckung bewiesen am Platze gefundene Inschriften von
Standbildern, dass es (ich hier um eine Bauanlage monu-
mentalen Charakters handle, welche der bekannte reiche
Sophist Herodes Atticus habe herstellen lassen. Nach der
Form ihres Hauptbauteiles wurde sie Exedra benannt,
und diesen Namen hat sie behalten. Ausfallenderweise
nennt Pausanias das ebenso imposante wie originelle Bau-
werk nicht, obwohl es sicher schon stand, als er 174
p. Chr. seine Eliaka schrieb. Aber aus Lucian, de morte
Peregr. 19. 20 und Philostr. Vit. Soph. II, 1. 5 konnte man
mit Sicherheit schliessen, dass Herodes einen schon seit
Jahrhunderten schwer empfundenen Mangel des heiligen
Festplatzes — Quellen armut — durch die Anlage einer
Hochquellleitung aus der Nachbarschaft dauernd beseitigt
habe, und daraus entsprang die weitere Erkenntnis, dass
die ganz unerwartet aufgetauchte Schöpfung nichts anderes
sein könne als der monumentale Abschluss jenes wohl-
thä'tigen Bedürfnisbaues, dessen Bauzeit mit Sicherheit
um 160 p.Chr. gesetzt werden dürfe.
Auf Grund einer näheren Untersuchung der aufge-
deckten Baureste konnte ich schon im April 1878 an
Ort und Stelle eine Entwurfsskizze für die Wieder-
herstellung des Denkmals zeichnen, welche auf ähnliche
Bauanlagen in und bei Rom (ich nützend, in den
wesentlichen Zügen das Richtige traf, so dass sie dauernd
feilgehalten werden durfte. Nur bezüglich der Struktur
und Gestaltung der in der Halbkuppel vorhanden ge-
wesenen Bildnischen für die allmählich gefundenen mar-
mornen 22 Standbilder mussten später einige Abände-
rungen vorgenommen werden, nachdem Herr Borrmann
die Resultate seiner im Jahre 1881 vorgenommenen sehr
eingehenden und durch die sorgfältige Prüfung der
Statuenbasen besonders erfolgreich gewordenen Unter-
suchungen zur Verwertung bei meinen Zeichnungen mir
freundlichst zur Verfügung gestellt hatte. Den letzten Ab-
schluss mehrfacher gemeinsamer MeiTungs- wie Nivelle-
mentsarbeiten bewirkte ich noch im Frühjahre 1887 in
Olympia selbit, aber erst sechs Jahre später wurde es
möglich, den hier veröfsentlichten Restaurationsversuch
zu zeichnen, bei welcher Gelegenheit Herr Treu noch
in der zwölften Stunde einen wesentlichen Beitrag lieferte,
nämlich die Resultate seiner ebenso mühevollen wie zeit-
raubenden Untersuchungen über die Anordnung der ge-
fundenen 22 Marmorftatuen.

a. Erklärung der Tafeln.
Tafel LXXXIII giebt im Massstabe 1: 100 den Grund-
riss der gesamten Bauanlage nebst denjenigen der be-
nachbarten Baulichkeiten: der Schatzhausterrasse, der
zwei nächstbelegenen Schatzhäuser, einem Altare und
einem Klärbassin oberhalb des Halbkuppelbaues. In
gleichem Massstabe veranschaulicht Tafel LXXXIV den
Aufriss der Exedra und der beiden Schatzhäuser auf der
Terrasse. Tafel LXXXV lässt, ebenfalls im Massstabe 1:100
gezeichnet, in dem Längsschnitte die eigenartige Ab-
stufung und Konstruktion erkennen, wobei absichtlich
der Blick des Beschauers als nach Welten gerichtet an-
genommen wurde, um einen für sehr wünschenswert
erachteten Wiederherstellungsversuch des eng benach-
barten Heraion auf demselben Blatte zu ermöglichen.
Tafel LXXXVI enthält endlich ausser dem Aufrisse und
dem Querschnitte eines der Rundtempel in dem unteren
Bassin (beide im Massstabe 1: 50 gezeichnet) die sämt-
lichen Details und Bruchstücke sowohl der Tempel wie
der Marmorverkleidung der unteren Hälfte der Exedra.
Zur Ergänzung der letzteren dienen noch die Figuren 1, 2
und 3 auf Tafel XC, welche in Heliogravüre die gefundenen
marmornen Pilaster-Kapitelle darfteilen. Auf eine noch-
malige Wiedergabe des in den Ausgrabungen Band III
Tafel XXXVII zur Darsteilung gebrachten sehr schlichten
und der Restauration zum Grunde gelegten Baubefundes
konnte verzichtet werden.
b. Baubeschreibung.
Der in seinen Umrilsen glücklich gerettete Unterbau
gliedert sich deutlich in zwei Teile, welche den Terrain-
verhältnissen entsprechend sowohl hinter- wie über-
einander liegen (vergl. den Grundriss auf Tafel LXXXIII),
nämlich in den grossen auf der Schatzhäuser-Terrasse
etwas eingesenkt flehenden Halbkuppelbau — den Ober-
bau des Ganzen — und in die im Niveau der Altis be-
findliche Bassinanlage mit den beiden Rundtempeln
— den Unterbau —, welcher zugleich den Vordergrund
für die obere Skene bildet. In hervorragend künst-
lerischer Weise, dem das malerische Prinzip zum Grunde
liegt, sind beide Teile durch niedrige langgestreckte und
dann rechtwinklig umbiegende Flügelmauern architekto-
nisch verbunden worden, so dass das untere Bassin mit
den Tempeln innerhalb eines vorn geösfneten Peribolus
zu liegen scheint und die Gesamtanlage einen hiera-
tischen Charakter erhält, wie er einem architektonischen
Weihegeschenke zukommt und hier ganz besonders am
Platze war.
Beträchtliche Masse zeichnen die Anlage aus. Die
Halbkuppel oben hat 16,62 m Spannung, das Wasserbassin
 
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