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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0131
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Die Palästra (Tafel LXXIII — LXXV).

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slehen, so dass der Stein jetzt die obenstehend gezeichnete
Form hat (Figur 67). Auf der Platte ist der alte Unter-
flächenputz noch erhalten; aus seinem Vorhandensein
darf man schliessen, dass die verwendeten Epistyle einst
frei, nicht auf einer Mauer lagen. Da nun aber bei Er-
richtung des Neubaues der alte Hof erhalten blieb, und
es nicht wahrscheinlich ist, dass etwa seine Epistyle ent-
fernt und durch andere ersetzt wurden, so muss das alte
Gebäude noch an einer anderen Stelle und zwar in sei-
nem östlichen, zum Abbruch gelangten Drittel eine ähn-
liche Säulenstellung gehabt haben. Diese Stelle ist ver-
mutlich der östliche Eingang gewesen, der deshalb in
dem Grundriss auf Tafel LXXII und in Figur 6 die ge-
zeichnete Form erhalten hat.
Auch an anderen Stellen finden sich die aus dem
Abbruch des alten Hauses gewonnenen Steine wieder
verwandt. So bei der weltlichen Abschlussmauer des
Neubaues, die fast in ihrer ganzen Länge noch in zwei
Schichten aufrecht fleht. Von den letzteren enthält die
untere hauptsächlich Steine der ersten, über den Hoch-
kantplatten lagernden Flachschicht der alten Mauer,
während für die zweite die Quadern einer oberen
Schicht benutzt sind. Die Obermauer bestand hier, wie
im ganzen römischen Bau, aus Ziegeln.
Die Säulen des Hofes haben 45—46 cm unteren
Durchmesser. Die slehenden unterste Trommeln sind von
verschiedener Höhe; einige sind gefurcht, andere glatt.
Mehrere Kapitelle, deren eines auf Tafel LXXII, 6
dargestellt ist, können ihnen zugewiesen werden. Sie

sind aus einem groben, mit ganzen Muscheln stark
durchsetzten Porös sauber gearbeitet, von dem ursprüng-
lichen Putze jedoch ganz entblösst. Ihr Schaftansatz
zeigt zwanzig Furchen bei 37 cm äusserem Durchmesser.
Der Echinus ist etwas nach innen eingezogen; eine
merkwürdige Form, die wohl nicht in die Erscheinung
trat, sondern in der Oberfläche der Putzschicht ver-
ändert war. Unten vier ssache Ringe. Die Oberplatte
ist mässig hoch. Ein rundes Schutzplättchen lässt ver-
muten, dass die Säule ursprünglich ein steinernes Epistyl
trug. Einige der Kapitelle haben in der Oberfläche
einen Einschnitt, der, wohl bei einer späteren Ver-
wendung, zur Aufnahme eines Holzbalkens diente
(Tafel LXXII, 6). Von den Gebälkstücken ist nichts
gefunden.
An der Hoffeite der Schwellsteine läuft eine Poros-
rinne entlang, die an sechs Stellen mit Schöpfbecken
versehen ist. An die Rinne schliesst sich, als Fussboden
des Hofes, ein Kalkestrich über einer Bettung von
Flussgeschieben. Auf ihm, wie auch an anderen Stellen,
sind erhebliche Reste von bemaltem, meist rot gefärbtem
Putze gefunden, der wahrscheinlich von den Wänden
der Halle flammt.
Etwas östlich von der Mitte stand, auf einer Art
Plattform, ein über 2 m im Geviert messender altar-
artiger Aufbau.
Ob und wie der Theokoleon mit der byzantinischen
Kirche und den südlich von ihr gelegenen Gebäuden
einst in Zusammenhang stand, war nicht zu erkennen.

XXI. Die Palästra.
Tafel LXXIII —LXXV.1)
Erläutert von Paul Graef.

Pausanias erwähnt zwei Übungsplätze für die olym-
pischen Wettkämpfer, leider ohne sie zu beschreiben:
»das Gymnasion« und »einen anderen, kleineren, um-
hegten Bezirk«. Von beiden sind, ausserhalb der Altis,
im Nordwesten der olympischen Ebene, erhebliche Reste
gefunden worden. In den Lageplänen (s. die Mappe) ist
das erstere als »grosses Gymnasion«, das letztere,
in Anlehnung an die Überlieferung des Vitruv, als »Pa-
lästra« bezeichnet.
Die Palästra ist nahezu vollständig freigelegt; nur
ein Stück der Nordhälfte ihrer Westseite liegt noch
verschüttet. Vom Gymnasion sind nur Teile der den
eigentlichen Übungsplatz begrenzenden Baulichkeiten aus-
gegraben worden: die südliche Halle, soweit sie östlich
') S. auch Tafel IV in Bandi, Abbildung a.

vom Kladeos erhalten ist; ein Thorbau, den Pausanias als
den »Eingang zum Gymnasion« (VI. 21.2) erwähnt; sowie
Anfang und Ende der Osthalle. Während durch die
Länge der letzteren die Tiefe der ganzen Anlage bestimmt
erscheint, konnte deren ehemalige Breite nicht festgestellt
werden. Vermutlich reichte sie bis zur grossen Futter-
mauer des Kladeos. Ihre westliche Hälfte aber dürften dessen
verheerende Fluten später gründlich zerstört haben; unsere
Versuche, durch Ziehen von Gräben auf dem westlichen
Ufer festliegende Refle von Baulichkeiten zu finden, waren
vergeblich.
Auch die Gebäude, welche weltlich von der Palästra
etwa vorhanden waren, mögen zum grössten Teile fort-
gerissen worden sein. Es ist wahrscheinlich. dass sich
dort, im Anschluss an den wasserreichen, frischen Ge-
birgsbach, die gewiss ausgedehnten Badeanlagen befunden

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