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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0140
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122

Eingangsthor zum Gymnasion (Tafel LXXVI und LXXVII).

Die Aufgrabungen, soweit sie ohne Zerstörung des Vor-
handenen vorgenommen werden konnten, reichten aus,
um auch über die Konstruktion des Fundaments Klarheit
zu verschafsen. Dieses ist nicht in voller Breite durch-
geschichtet, sondern besteht aus einzelnen, den Aussen-
wänden und den inneren Stützenstellungen entsprechen-
den Quaderbanketten. Der Platten- und Quaderbelag
des Fussbodens in den drei Schisfen ruht grösstenteils
auf rostartig, mit schmalen Zwischenräumen verlegten
Schwellen, deren Untermauerung Feldsteine, Breccia-
oder Porosstücke in Kalkmörtel bilden. Der Fussboden
sowie der grössere Teil der Stufen des Stylobats (vergl.
Tafel LXXVII Figur 2) besteht aus weichem, weissgrauem
Kalkstein; im übrigen ist für den Bau, abgesehen von
dem verschiedenartigen Füllmauerwerk, der einheimische
Muschelkalk (im%üi§tog nw^oo) verwendet1). Wie das
Material, so weisen auch Verband und Bearbeitung der
Quadern nicht unwesentliche Verschiedenheiten auf. Am
deutlichsten erkennbar ist die rostartige Konstruktion in
der Südlichen Hälfte des Unterbaues. Die Schwellen
für die Quadern des Fussbodenbelags sind mit kleinen
Zwischenräumen verlegt und greifen in einen Falz des Stylo-
bats für die innere StützenStellung hinüber (Tafel LXXVII
Figur 1 rechts). Die KalkSteinplatten des MittelSchisfs lagern
gleichfalls auf Schwellen, von denen einige aus weichem
brüchigem Süsswasserkalk bestehen. Die Untermauerung
im nördlichen Schisfe zeigt, abweichend von den beiden
andern, eine durchlaufende Quaderschicht ohne Zwischen-
räume, auch bietet die Bearbeitung des zwiefach abge-
treppten Stylobats der nördlichen StützenStellung (Tafel
LXXVII Figur 1 links) eine in die Augen fallende Ver-
schiedenheit.
Für die Ermittelung des Standorts der Säulen kommen
in erster Linie die vorhandenen FuSsbodenplatten in Be-
tracht. Am betten erhalten ist die Südostecke des Unter-
baues, woSelbst Sich, wenngleich ein wenig aus ihrer
richtigen Lage verschoben, die obere Stylobatstufe mit
der Standspur der Ecksäule vorfindet. Den Anhalt für
weitere Massbestimmungen geben zwei noch in situ befind-
liche Kalksteinquadern des Südlichen NebenSchisfs, deren
StoSsfugen mit denen der Mittelschifsplatten übereinstimmen,
endlich die vordere Kalktteinquader vom Stylobat der in-
neren StützenStellung (TaSel LXXVII, 2 rechts). DieSelbe
ist zwar gleichfalls verschoben, doch ergiebt Sich ihre rich-
tige Lage, sowie die MaSse der übrigen, aus den Versatz-
löchern auS dem Grundmauerwerke. Hieraus läSst sich
der genaue Standort der Innensäulen ermitteln, deren 7,
in Abständen von rund 2,25 m, zu ergänzen sind, und
damit die Anordnung der StützenStellung überhaupt. Die
Stylobatquadern, welche Säulen tragen, sind quadratisch,
die dazwischenliegenden rechteckig. Sie waren Sämtlich
an jeder StoSsSuge, Sowohl untereinander als auch mit
ihrem Fundament, durch je zwei Dübel verbunden. Die
Mitten der Dübel entsprechen demnach den StoSsfugen;
die kleinen daneben befindlichen, quergerichteten Löcher

J) Der Porös ist von verschiedener Beschasfenheit, teils
der in Olympia am häufigsten vertretene Muschelkalk mit
zahlreichen Muschelresten im Gestein, teils, wie für die Kapi-
telle, ein feineres, von Muscheln freies Gestein.

dienten zum Einsetzen eines Hebels, durch welchen die
Steine genau aneinander geschoben wurden. Die gleiche
Befestigung durch Dübel zeigen auch die KalkSteinplatten
in den Seitengängen. Aus dem VorhandenSein der Dübel-
und Hebellöcher läSst sich ferner schliessen, dass der Platten-
belag in voller Ausdehnung der Seitenschifse hindurch-
ging, der Bau mithin nicht durch eine mittlere Querwand
wie die meisten derartigen Thoranlagen, in zwei Hälften
geteilt war. Auch ist auf der gerade an jener Stelle der
Südseite wohlerhaltenen OberStufe aus Porös keine An-
schlussspur für eine Querwand bemerkbar.
Von besonderer Sorgfalt zeugt die Befeltigung des
äusseren Stufenbaues, und zwar sowohl der Kalkftein-
stufen wie der gleichliegenden Porosstufen an den Mitten
der Langseiten. Sie sind unter sich je einmal, mit den
Hintermauerungsquadern je zweimal, durch i i förmige
Eisenklammern, mit den unteren und den über ihnen
liegenden Steinen aber durch Dübel an den StoSsfugen
verbunden. Die Eckstufen (Tafel LXXVII, Figur 2 links)
haben noch besondere, mit Hilfe von GuSskanälen ver-
gossene, quadratische Dübel.
Im Mittelschifse sind ferner noch die Spuren der
Vorrichtungen für einen zweiflügeligen Thür- oder Gitter-
verschluss auf den Kalksteinplatten erkennbar, in der
Mitte zwei Schmale Riegellöcher, an den Kanten die
Einarbeitungen für die Pfannen der Drehzapfen. Ein
ähnlicher Verschluss wird auch Sür die SeitenSchiffe vor-
auszusetzen sein. Die beiden noch erhaltenen Kalkstein-
platten des südlichen NebenSchiffs zeigen längs der
Aussenkante eine leicht gerauhte Oberfläche (etwa 40 cm
breit). Vielleicht hat hier eine Bank gestanden, infolge
dessen man von einer vollständigen Glättung jener Stelle
AbStand genommen hat.
Zwar hat Sich, wie erwähnt, weder von dem auf-
gehenden Mauerwerke noch von der SäulenStellung irgend
ein Bauteil in ursprünglicher Lage erhalten, dennoch
kann an der Zugehörigkeit der auS beiden TaSeln dar-
gestellten Architekturglieder zu dem Bau nicht gezweifelt
werden, wenngleich die Rekonstruktion einzelner Teile
— beispielsweise an der Deckenbildung — noch ZweiSel
bietet, die vielleicht nur durch einen glücklichen Fund
bei weiteren Nachgrabungen gelöst werden können.
Die Zusammengehörigkeit der auf Tafel LXXVI im
MassStabe 1: 20 gezeichneten Gebälkstücke ergiebt sich teils
aus dem Fundorte — sie sind fast alle im Nordweften
des Ausgrabungsfeldes, rings um das Bauwerk, gefunden
worden — teils aus ihren Grössenverhältnissen und Massen.
Wichtig war hier vor allem ein nördlich von dem Thor-
bau gefundener EpiStylblock, dessen eine Stossssäche noch
wohlerhalten ist. Die andere ist zwar beschädigt, doch
So, daSs gerade das Klammerloch noch erkennbar ist.
Hiernach läSst sich die Länge des Blocks auf 2,15 m bis
2,20 m, mithin, kleine Ungleichheiten im Steinschnitt
abgerechnet, als mit der Achsweite von 2,25 m an-
nähernd übereinstimmend ermitteln. Die Länge des
Blocks Sowie Seine geputzte Unterfiäche sind ferner Be-
weise dafür, dass er freitragend über Stützen gelegen hat.
— Mit einem Epistylstück von gleichem Profil zusammen
fanden sich zwei Friesblöcke, die noch durch die zwei
I i förmigen Klammern zusammengehalten waren, dem-
 
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