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Das Prytaneion (Tafel XLIII und XI.IV).
aus grossen viereckigen Ziegeln von etwa 0,45 m
Seitenlänge hergeftellt. Aus welcher Zeit diese eigen-
tümlichen Ziegelsäulen slammen, vermag ich nicht an-
zugeben.
Neben den Säulen her laufen Wasserleitungen mit
Schöpfbecken. An der Westseite liegt eine solche, vor-
ausgesetzt, dass der Hof in der Mitte unbedeckt war,
zweckentsprechend an der Traufseite der Säulen; bei
den Säulen der Nordseite müsste man sie ebenso im
Innern des Hofes erwarten, sie befindet sich aber in der
den Hof umgebenden Halle. An der Ostwand des
Hofes ist ein aus regelmässigen Porosquadern erbauter
Behälter aufgedeckt worden, in welchen eine alte Wasser-
leitung mündet. Die nördliche Hofmauer kann in ihrer
jetzigen Gestalt nicht aus griechischer Zeit slammen,
ebenso wenig wie das nach Norden sich anschliessende
Gemach; denn sie sind in zu unregelmässiger Weise er-
baut und slehen ausserdem nicht genau an der Stelle,
welche sie nach dem Plane einnehmen müssten. Nur
das weltliche Ende der Nordwand, welches zugleich
die Nordweltecke des ganzen Prytaneion bildet, ist noch
in seiner ursprünglichen Gestalt erhalten.
Die Veränderungen, welche das Prytaneion in
der römischen Zeit erfahren hat, haben wir zum Teil
schon kennen gelernt. Die Kapelle für den Hestia-
Altar in der Mitte des Gebäudes scheint fast unverändert
slehen geblieben zu sein; weltlich von ihr wurde
an dem Hofe ein neuer Speisesaal errichtet, welcher
über die alte Grenzmauer des Prytaneion hinausreichte;
im Osten baute man mehrere neue Zimmer mit Mosaik-
böden und einem wahrscheinlich mit zwei Springbrunnen
ausgestatleten Wasserbecken; im Norden scheint man
auch den Hof in einzelne Räume zerteilt zu haben.
Schliesslich errichtete man vor dem nach Wellen und
Norden erweiterten Bau als neue Vorhalle eine Säulen-
reihe, deren Stylobat mit einigen Säulenstümpfen noch
vorhanden ist. Die Vorderwand des Baues wurde dabei
etwas nach Süden verschoben und zugleich etwas ge-
dreht, weil ein weltlich vom Prytaneion liegendes Ge-
bäude mit ihm zu einem Bau vereinigt und mit einer
gemeinsamen Vorhalle versehen werden sollte.
In technischer Beziehung ist noch zu erwähnen,
dass weder bei den griechischen, noch bei den römischen
Mauern irgend welche Klammern zur Verbindung der
Steine verwendet sind. Auch Löcher zum Heben der
Quadern mit besonderen Hebewerkzeugen habe ich
nicht bemerkt. Die griechischen Mauern sind trotz ihrer
geringen Stärke teilweise in ihrer unteren sichtbaren
Schicht aus hochkantigen Platten zusammengesetzt. Eine
seltsame Einrichtung findet sich in dem Zimmer der
Nordwestecke: an den Innenseiten der einen Mauer sind
grosse Ziegelplatten hochkantig aufgestellt; zu welchem
Zweck dies geschehen ist, lässt sich nicht sagen.
Die dorischen Bauglieder, welche auf Tafel
XLIV abgebildet sind, wurden in einer über dem Pry-
taneion erbauten byzantinischen Mauer gefunden und
gehören daher wahrscheinlich zu diesem Bau. Es sind
Bruchstücke von Säulen und einem Triglyphenfriese,
welche sich dadurch auszeichnen, dass sie mit einem
besonders glatten, marmorartigen Stuck überzogen sind.
Da bei dem geringen Abltande der Triglyphen
jedenfalls drei derselben auf jede Säule kamen, berechnet
sich die Axweite der letzteren auf 2,10 m. Die Axweiten
der erhaltenen Säulenfundamente sind freilich in allen
Räumen des Prytaneion grösser als dieses Mass, teilweise
sogar viel grösser (z. B. 3,28 m oder 1 o griechische Fuss).
Aber an der zerstörten griechischen Vorhalle kann der
Abstand der Säulenmitten sehr wohl jenes Mass gehabt
haben. Gehören die Bauglieder überhaupt zum Pry-
taneion, so können sie also nur die Vorhalle geschmückt
haben. Die im Verhältnis zu den Säulendurchmessem
aufsallend grossen Axweiten der verschiedenen Innen-
säulen lassen darauf schliessen, dass ihre Architrave aus
Holz bestanden.
c. Baugeschichte.
Die Errichtung des griechischen Prytaneion,
wie wir es soeben kennen gelernt haben, muss schon
in sehr früher Zeit erfolgt sein. Dafür können wir als
Beweise anführen einmal das Fehlen jeglicher Klammern
bei den dünnen Porosmauern und sodann den Umstand,
dass die ältelte Altismauer, welche an der Westseite der
Altis aufgedeckt ist, schon auf das Prytaneion Rücklicht
nimmt. Irgend eine genaue Zeitangabe lässt sich jedoch
nicht machen. Es sind allerdings in einer römischen
Mauer des Prytaneion mehrere altdorische Kapitelle
verbaut gefunden worden, welche im II. Bande dieses
Werkes verösfentlicht werden sollen und von denen eines
in seiner Form ganz genau mit den Kapitellen des Zeus-
tempels übereinstimmt. Sollte das letztere in der That
zum Prytaneion gehören, so müsste der Bau, oder wenig-
stens die betresfende Säule, etwa gleichzeitig mit jenem
Tempel errichtet sein.
Aber schon vor der Entstehung des gerade ein
Plethron grossen griechischen Baues haben sich ältere
Gebäude an dieser Stelle erhoben. Dass die kleineren
Zimmer in der Westhalle vielleicht einem solchen älteren
Bau angehören können, erwähnte ich schon in der Bau-
beschreibung. Es sind ausserdem in dem weltlichen
Hofe einige scheinbar für Säulen bestimmte Fundamente
vorhanden (auf Tafel XLIII mit Q, R, S und T bezeichnet),
welche zu dem beschriebenen Grundrisse nicht passen;
es scheint mir nicht unmöglich, dass sie demselben
älteren Bau angehören. Aus einer noch früheren Epoche
muss ein breites Kieselfundament slammen, welches un-
mittelbar weltlich von diesen Pfeilern in sehr grösser
Tiefe gefunden ist und eine Richtung hat, welche der
Westfront des Heraion ungefähr parallel läuft. Wenn
wir uns der unter der weltlichen Hälfte des Heraion
gemachten uralten Funde erinnern, werden wir diese
nordwestlich vom Heraion aufgedeckten uralten Fun-
damente ohne Bedenken mit ihnen in Verbindung
bringen.
Der griechische Bau hat Jahrhunderte lang ohne
grosse Veränderungen bestanden. Nur Erneuerungen
und kleine Umänderungen sind vorgenommen worden.
Erst in der römischen Periode kam es zu einem
Das Prytaneion (Tafel XLIII und XI.IV).
aus grossen viereckigen Ziegeln von etwa 0,45 m
Seitenlänge hergeftellt. Aus welcher Zeit diese eigen-
tümlichen Ziegelsäulen slammen, vermag ich nicht an-
zugeben.
Neben den Säulen her laufen Wasserleitungen mit
Schöpfbecken. An der Westseite liegt eine solche, vor-
ausgesetzt, dass der Hof in der Mitte unbedeckt war,
zweckentsprechend an der Traufseite der Säulen; bei
den Säulen der Nordseite müsste man sie ebenso im
Innern des Hofes erwarten, sie befindet sich aber in der
den Hof umgebenden Halle. An der Ostwand des
Hofes ist ein aus regelmässigen Porosquadern erbauter
Behälter aufgedeckt worden, in welchen eine alte Wasser-
leitung mündet. Die nördliche Hofmauer kann in ihrer
jetzigen Gestalt nicht aus griechischer Zeit slammen,
ebenso wenig wie das nach Norden sich anschliessende
Gemach; denn sie sind in zu unregelmässiger Weise er-
baut und slehen ausserdem nicht genau an der Stelle,
welche sie nach dem Plane einnehmen müssten. Nur
das weltliche Ende der Nordwand, welches zugleich
die Nordweltecke des ganzen Prytaneion bildet, ist noch
in seiner ursprünglichen Gestalt erhalten.
Die Veränderungen, welche das Prytaneion in
der römischen Zeit erfahren hat, haben wir zum Teil
schon kennen gelernt. Die Kapelle für den Hestia-
Altar in der Mitte des Gebäudes scheint fast unverändert
slehen geblieben zu sein; weltlich von ihr wurde
an dem Hofe ein neuer Speisesaal errichtet, welcher
über die alte Grenzmauer des Prytaneion hinausreichte;
im Osten baute man mehrere neue Zimmer mit Mosaik-
böden und einem wahrscheinlich mit zwei Springbrunnen
ausgestatleten Wasserbecken; im Norden scheint man
auch den Hof in einzelne Räume zerteilt zu haben.
Schliesslich errichtete man vor dem nach Wellen und
Norden erweiterten Bau als neue Vorhalle eine Säulen-
reihe, deren Stylobat mit einigen Säulenstümpfen noch
vorhanden ist. Die Vorderwand des Baues wurde dabei
etwas nach Süden verschoben und zugleich etwas ge-
dreht, weil ein weltlich vom Prytaneion liegendes Ge-
bäude mit ihm zu einem Bau vereinigt und mit einer
gemeinsamen Vorhalle versehen werden sollte.
In technischer Beziehung ist noch zu erwähnen,
dass weder bei den griechischen, noch bei den römischen
Mauern irgend welche Klammern zur Verbindung der
Steine verwendet sind. Auch Löcher zum Heben der
Quadern mit besonderen Hebewerkzeugen habe ich
nicht bemerkt. Die griechischen Mauern sind trotz ihrer
geringen Stärke teilweise in ihrer unteren sichtbaren
Schicht aus hochkantigen Platten zusammengesetzt. Eine
seltsame Einrichtung findet sich in dem Zimmer der
Nordwestecke: an den Innenseiten der einen Mauer sind
grosse Ziegelplatten hochkantig aufgestellt; zu welchem
Zweck dies geschehen ist, lässt sich nicht sagen.
Die dorischen Bauglieder, welche auf Tafel
XLIV abgebildet sind, wurden in einer über dem Pry-
taneion erbauten byzantinischen Mauer gefunden und
gehören daher wahrscheinlich zu diesem Bau. Es sind
Bruchstücke von Säulen und einem Triglyphenfriese,
welche sich dadurch auszeichnen, dass sie mit einem
besonders glatten, marmorartigen Stuck überzogen sind.
Da bei dem geringen Abltande der Triglyphen
jedenfalls drei derselben auf jede Säule kamen, berechnet
sich die Axweite der letzteren auf 2,10 m. Die Axweiten
der erhaltenen Säulenfundamente sind freilich in allen
Räumen des Prytaneion grösser als dieses Mass, teilweise
sogar viel grösser (z. B. 3,28 m oder 1 o griechische Fuss).
Aber an der zerstörten griechischen Vorhalle kann der
Abstand der Säulenmitten sehr wohl jenes Mass gehabt
haben. Gehören die Bauglieder überhaupt zum Pry-
taneion, so können sie also nur die Vorhalle geschmückt
haben. Die im Verhältnis zu den Säulendurchmessem
aufsallend grossen Axweiten der verschiedenen Innen-
säulen lassen darauf schliessen, dass ihre Architrave aus
Holz bestanden.
c. Baugeschichte.
Die Errichtung des griechischen Prytaneion,
wie wir es soeben kennen gelernt haben, muss schon
in sehr früher Zeit erfolgt sein. Dafür können wir als
Beweise anführen einmal das Fehlen jeglicher Klammern
bei den dünnen Porosmauern und sodann den Umstand,
dass die ältelte Altismauer, welche an der Westseite der
Altis aufgedeckt ist, schon auf das Prytaneion Rücklicht
nimmt. Irgend eine genaue Zeitangabe lässt sich jedoch
nicht machen. Es sind allerdings in einer römischen
Mauer des Prytaneion mehrere altdorische Kapitelle
verbaut gefunden worden, welche im II. Bande dieses
Werkes verösfentlicht werden sollen und von denen eines
in seiner Form ganz genau mit den Kapitellen des Zeus-
tempels übereinstimmt. Sollte das letztere in der That
zum Prytaneion gehören, so müsste der Bau, oder wenig-
stens die betresfende Säule, etwa gleichzeitig mit jenem
Tempel errichtet sein.
Aber schon vor der Entstehung des gerade ein
Plethron grossen griechischen Baues haben sich ältere
Gebäude an dieser Stelle erhoben. Dass die kleineren
Zimmer in der Westhalle vielleicht einem solchen älteren
Bau angehören können, erwähnte ich schon in der Bau-
beschreibung. Es sind ausserdem in dem weltlichen
Hofe einige scheinbar für Säulen bestimmte Fundamente
vorhanden (auf Tafel XLIII mit Q, R, S und T bezeichnet),
welche zu dem beschriebenen Grundrisse nicht passen;
es scheint mir nicht unmöglich, dass sie demselben
älteren Bau angehören. Aus einer noch früheren Epoche
muss ein breites Kieselfundament slammen, welches un-
mittelbar weltlich von diesen Pfeilern in sehr grösser
Tiefe gefunden ist und eine Richtung hat, welche der
Westfront des Heraion ungefähr parallel läuft. Wenn
wir uns der unter der weltlichen Hälfte des Heraion
gemachten uralten Funde erinnern, werden wir diese
nordwestlich vom Heraion aufgedeckten uralten Fun-
damente ohne Bedenken mit ihnen in Verbindung
bringen.
Der griechische Bau hat Jahrhunderte lang ohne
grosse Veränderungen bestanden. Nur Erneuerungen
und kleine Umänderungen sind vorgenommen worden.
Erst in der römischen Periode kam es zu einem