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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0087
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Eingangsthor zum Stadion (Tafel XLVIII).

69

Fundament, Säulen und Gebälk, nur die profilierte
Thorschwelle besteht aus bräunlich gelbem Sandstein.
Diese ruht auf einem Fundament von Quadern, die
nach einzelnen Bearbeitungsspuren, z. B. den Aus-
rundungen an den Fugen zu urteilen, vorher schon
anderweitig verwertet gewesen zu sein scheinen. Be-
achtenswert ist, dass die Sandsteinschwelle etwa 30 cm
über das Fundament der Echohalle übergreift und auf
diesem durch einen besonderen untergeschobenen Stein
von 11 cm Höhe unterflützt wurde. Es ist dies ein
Beweis dafür, dass der Thorbau später als die Echo-
halle entstanden sein muss. Die Stufen der Schwelle
zeigen an beiden Vorderseiten einen Spiegel und unter
ihm zwei fascienartige Streifen. Die mittlere Thor-
öffnung war, wie der Falz nebst den beiden Zapfen-
löchern an der Ostseite erkennen lassen, durch eine Flügel-
thür, wahrscheinlich ein Gitter, verschliessbar. Doch scheint
dieser Verschluss wegen der rohen Art, wie des Anschlusses
wegen die Säulenbasen in der Nähe der Zapfenlöcher
abgeschlagen sind, einer späten Erneuerung anzugehören.


Figur 32.
Halbsäulenkapitell vom Stadion-Eingang

Im Grundrisse ist diese Verstümmelung, die übrigens auch,
und zwar nicht bloss durch Abtreten, die Vorderseiten
der Säulenbasen erfahren haben, nur angedeutet. Die
Basisprofile gehen auch an den Schranken zwischen den
Säulen herum.
Von der Zwischenmauer ist nur die unterste Stein-
lage erhalten, deren Oberfläche mehrfache Befestigungs-
spuren, kleinere und grössere Löcher zeigt. -Diese Löcher
deuten vielleicht darauf hin, dass die Schranken nicht
aus einer glatten, sondern aus einer gitterartig durch-
brochenen Scheidewand bestanden haben. Ihre Höhe
liess sich leider nicht mehr genau an den verstüm-
melten Halbsäulen erkennen, sicher ist nur, dass sie, wie
Anschlussspuren beweisen, bis zu einer hakenförmigen,
über die Wasserleitung der Schatzhäuserterrasse über-
greifenden Wandquader hinaufgereicht hat (vergleiche
Tafel XLVIII, 3). An diesen Wandquadern mit Halb-
säulen lässt sseh die Höhe der Säulen wenigstens an-
nähernd auf etwa 4,7 m feststellen. Die Säulen haben
zwanzig Furchen, welche oben und unten flach, nur
mit leichter Ausrundung der Stegkanten endigen. Die

mit den Schranken verbundenen Basisblöcke zeigen
in der Mitte der Oberfläche ein quadratisches Dübel-
loch von 7 cm Seite, welches durch einen Guss-
kanal vergossen wurde. Die Stützen an den Enden
setzen sich aus Halbsäulen und schmalen, durch kleine
Wandvorsprünge als Anten charakterisierten Pfeilern
zusammen. Beide Kapitelle sind in eins zusammen-
gezogen; während aber der Abakus derselben, der Aus-
rundung wegen, sich verkröpft, fehlt an den Basen eine
der Antenbildung entsprechende Verkröpfung.
Die Kapitelle sind nach den Aufnahmen und Er-
gänzungen von P. Graef gezeichnet und zeigen bei
derben dem Porosmaterial angepassten Formen einen
kräftigen wirksamen Umriss. Skizzen vom Zustande der
Erhaltung geben die Figuren 32 und 33 nach Zeich-
nungen von P. Graef. Das in eigentümlicher Weise
übereinandergeschobene Blattwerk, namentlich an dem
aus drei Blattspitzen gebildeten Überfall, hat eine nicht
zu verkennende Ähnlichkeit mit dem der Kapitelle des so-
genannten Vestatempels in Tivoli. Da dieser dem ersten


Figur 33.
Säulenkapitell vom Stadion-Eingang.

vorchristlichen Jahrhundert angehört, so führt jene Ähn-
lichkeit zu einer weiteren indirekten Bestätigung für die
oben (S. 68) für unser Bauwerk ermittelte Zeitstellung. —
Die bemerkenswerteste, für unsere Kenntnis von der
antiken Polychromie bedeutungsvolle Thatsache bleibt
die, dass die Kapitelle, wie zahlreiche wohlerhaltene Farb-
reste beweisen, vollständig bemalt gewesen sind. Da eine
farbige Darstellung in grösserem Massstabe von P. Graef
im II. Architektur-Bande nachfolgt, sei hier nur in der
Kürze der Farbenverteilung gedacht. Kelch und Ranken
der Kapitelle, das Kymation des Abakus sowie der
Astragal am Schaftende zeigen ein tiefes Rot. Die unteren
Blätter sind grün, die oberen gelb, die Mittelrippen gelb
mit grünen Rändern, die Blatt-Ränder und -Überfälle
rot, die Kelche der Helices grün mit rotem Überfall.
Das Gebälk ist im Verhältnis zur Säulenhöhe auf-
fallend niedrig, übrigens von ssüchtiger, nachlässiger Ar-
beit. Spuren von roter Farbe haben sich mehrfach, wenn-
gleich in nur schlechter Erhaltung, auf dem Putz vorge-
funden. Der Architrav ist mit dem Friese aus einem Stücke
hergestellt und besteht aus einer unteren breiten Fascie,
 
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