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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0163
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Basen (Tafel XCII — XCIV).

Hb

also bestimmt, über dem Niveau des Bodens zum Vor-
schein zu kommen. Die Gesamtlänge kann, da der
rechte Eckblock gebrochen ist, nur ungefähr auf 4,20
geschätzt werden (0,65 + 0,89 + 0,88 + 0,86 + 0,66, letzterer
unvollständig). Die auf diesen Untersteinen jetzt wieder
•aufgelegten Marmorblöcke sind 0,32 ( = 1 olymp. Fuss)
hoch, 0,967 tief und zusammen 3,94 lang (0,77 + 0,85
+ 0,81 + 0,71 + 0,80). Die beiden ersten vom linken Ende
sind gebrochen, von dem Eckblock fehlt die hintere
Hälfte, während sich die beiden diagonal gebrochenen
Stücke des anstossenden Steines wieder zusammensetzen
liessen. Die 5 Marmorquadern waren untereinander
mit je 2 |-----1 förmigen Klammern verbunden, ebenso
wie die Blöcke der oberen Porosschicht, auf welcher
sie liegen, tief eingearbeitete Klammerspuren derselben
Gestalt tragen. Von den Klammern selbst ist nichts er-
halten; dass sie aus Eisen bestanden, ist nach der Ver-
wendung von Eisenklammern gleicher Form im Zeus-
lempel (vergl. Dörpfeld S. 18 ds. Bandes) anzunehmen.
Die Oberfläche der Marmorblöcke ist zu einem vertieften
Felde mit rauhem Grund in der Weise ausgearbeitet,
dass an ihren Aussenseiten ein ringsum laufender 0,055
breiter Rand stehen geblieben ist; sie dienten also zur
Aufnahme noch einer weiteren Steinlage, auf welch
letzterer erst die Bildwerke standen, für die 'das Bathron
bestimmt war. Der mittelste der erhaltenen Marmor-
blöcke zeigt nach seiner Mitte zu zwei, die beiden an-
stossenden je eine rechteckige Einlassung, welche in der
Zeichnung nicht wiedergegeben sind; da an eine senk-
rechte Verdübelung bei den Steinen, deren seitliche Ver-
schiebung unmöglich war, nicht gedacht werden kann,
gehören diese Vertiefungen offenbar zu den von Dörp-
feld an den Bauwerken vielfach beobachteten »Stemm-
löchern« (Athen. Mitteil. VI S. 385; Tafel XII), die beim
Versetzen der aufliegenden Steine gebraucht wurden —
aus ihrer Lage ergiebt sich, dass hier 4 weitere Blöcke
gelegen haben.
Mit dem Fehlen dieser eigentlichen Obersteine des
Bathron ist jeder Anhalt zur Bestimmung der Zahl und
Art der hier aufgesiellten Statuen verloren gegangen.
Auch die auf der vorderen Vertikalfläche der Marmor-
blöcke erhaltenen Inschriften lehren darüber nichts; das
über zwei der mittleren Blöcke hinweg geschriebene
Weihepigramm (Band V. Inschriften No. 266) nennt als
Stifter Praxiteles, Bürger von Syrakus und Kamarina und
rühmt seine Herkunft aus Arkadien, während auf dem
linkenEckblockAthanodoros und Asopodoros alsKünstler
genannt werden und an den beiden Steinen vom rechten
Ende zwei andere Künstler: Atotos und Argeiadas ihre
Signatur angebracht haben (Inschriften No. 630 und 631).
DieThätigkeit von 2Künstlerpaaren an demWeihgeschenk,
das auf 4 Oberblöcken aufgestellt war, lässt es am wahr-
lcheinlichsten erscheinen, dass dasselbe aus 4 Statuen sich
zusammensetzte, welche daher wohl eher dem mytho-
logischen Gebiete, als dem der Bildnisdarstellung ange-
hört haben werden.
Dass ein so ansehnliches Denkmal altgriechischer
Kunst bei Pausanias keine Erwähnung gefunden hat,
erklärt sich aus der sicher festzustellenden Thatsache,
dass mindestens der ganze jetzt erhaltene Teil seines

Unterbaus zur Zeit des Periegeten bereits seit Jahr-
hunderten unter dem Boden verschüttet lag. Nach den
Buchstabenformen der Inschriften des Weihgedichtes
ist das Anathem des Praxiteles etwa um das Jahr 500 v. Chr.
errichtet, also fast ein halbes Jahrhundert vor Erbauung
des Zeustempels, durch welche dieser Teil der Altis natur-
gemäss eine tiefgreifende Umgestaltung erfuhr. Der neue
Mittelpunkt des olympischen Festplatzes musste schon zur
Aufstellung der zahlreichen neuen Weihgeschenke mit
einem geebneten Raum umgeben werden, das nach Süden
hin abfallende Terrain bedurfte zur Herstellung dieser
»Terrasse« einer beträchtlichen Ausschüttung, zu welcher
naturgemäss der während des Tempelbaues angesam-
melte Abfall, hauptsächlich aus Porosstücken bestehend,
mitverwendet wurde (s. Dörpfeld S. 5 — 2of. ds. Bandes).
Dieser von den Architekten beobachtete »Bauschutt«
bildet eine, besonders im Südosten des Tempels sehr
deutlich wahrnehmbare isolierende Schicht, durch deren
Höhenlage, wie A. Furtwängler zuerst nachgewiesen hat,
sich das relative Alter der unter und über ihr erhaltenen
Basen und anderen Funde augenfällig bestimmen lässt.
An der Stelle des hier besprochenen Bathron bedeckte
diese Schuttschicht die ganze Höhe der ursprünglich
über den Boden hervorragenden oberen Porosquadern;
von einem auf dem späteren Niveau errichteten Denk-
mal ist unmittelbar westlich davon gerade noch der
Fundamentblock erhalten, der bereits etwas höher liegt,
als die Marmorblöcke des Praxitelesbathron. Daraus
ergiebt sich, dass diese schon bei der Herrichtung der
Terrasse um den Zeustempel unter die Erde kamen und
dass ihre Inschriften weder über die Person des Stifters
noch über die Künstler des Weihgeschenks den späteren
Zeiten eine Kunde überliefern konnten. Eben diesem
Schicksal aber haben wir jedenfalls auch die vollständige
Erhaltung seines Unterbaus zu danken, der bis zur
Errichtung der byzantinischen Mauer und zur Durch-
wühlung des Bodens durch die noch später hier häusen-
den barbarischen Anliedler intakt unter der schützenden
Erddecke blieb.
Es ist kaum wahrscheinlich, dass nach der Auf-
schüttung des Bodens die Obersteine mit den Bildwerken
des Monuments an ihrer Stelle geblieben sind. Eine
künstlerisch so produktive Zeit wie die um die Mitte des
5. Jahrhunderts v. Chr., welche für eine Fülle neuer
Weihgeschenke, die dem olympischen Heiligtum zu-
strömten, Unterkunft und Aufstellung zu schaffen hatte,
wird schwerlich den untektonischen Anblick einer Statuen-
gruppe, derenBasis bis zudreiViertel ihrerHöheverschüttet
war, an so hervorragender Stelle geduldet haben. Wenn
wir die Rücksichtslosigkeit vergleichen, mit welcher bei
der Herrichtung und Neubebauung der Akropolis in
Athen nach den Perserkriegen mit den zum Teil sehr
wohl erhaltenen Denkmälern der älteren Zeit aufgeräumt
wurde, so werden wir zu der Annahme geführt, dass
auch der Umwälzung, die der Bau des Zeustempels in
der Altis herbeiführen musste, manches ältere Monument
durch Versetzung oder Beseitigung zum Opfer gefallen
sein wird.
Von einem anderen, noch umfangreicheren Weihge-
schenk, das nach der gleichen Beobachtung A. Furt-

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