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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0187
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Dachkonstruktionen (Tafel XCVI- C).

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Wasser nach der Mitte des Ziegels hinzuleiten. Die Aus-
klinkung in Figur 18 ist für das Einsetzen einer Stirn-
palmette des untersten Deckziegels gemacht. Figur 20
zeigt eine eigentümliche Form, welche vielleicht derart
zu erklären ist, dass bei einem mit gebogenen Ziegeln
eingedeckten Dache der Traufziegel doch geradlinig er-
scheinen sollte. Anlass zu dieser Erklärung gieht ein in
Metapont gefundener Traufziegel, bei welchem der ge-
bogene und der geradlinige Teil des Ziegels an einem
Stücke erscheint. Wenn, wie beim Dach des Heraion,
die gebogenen Flachziegel über das Gebälk hervor-
ragten, so wurde unter dieselben an der Traufe eine
Abtropfplatte gelegt. Dadurch erhielt das Dach nach
unten einen geradlinigen Abschluss, und die Stirnziegel
konnten sich auf eine ebene Fläche aufsetzen. Die Vorder-
und Unterseite dieser Abtropfplatte war bemalt (vergl.
Figur 1—3, Tafel XCVIII). Ausser vom Heraion, sind
noch von anderen Gebäuden, z. B. Buleuterion, solche
Traufplatten mit Wassernase gefunden worden (vergl. auch
die Terracotta-Tafeln B II, Tafel CXVI, Figur 3 und 4).
Die Deckziegel haben nicht minder mannigfaltige
Formen wie die Flachziegel. Auf den Tafeln ist nur
eine geringe Auswahl der gefundenen Stücke wieder-
gegeben, welche aber die hauptsächlich vorkommenden
Formen enthält. In ähnlicher und entsprechender Weise
wie bei den Flachziegeln lässt sich auch an den Deck-
ziegeln die zeitliche Entwickelung und allmähliche Um-
bildung der äusseren Form verfolgen.
Zu den gebogenen Flachziegeln gehören auch runde
Deckziegel, wie sie Tafel XCVII, Figur 2—4 aufweift.
Auch ist leicht verftändlich, dass grossen Flachziegeln,
wie sie z. B. das Heraiondach hat, Deckziegel von ähn-
licher Grösse entsprechen mussen. Wir dürfen daher für
den altertümlichen Ziegel Figur 2, Tafel XCVII, welcher
einen noch grösseren Durchmesser als der des Heraion-
daches hat, auch einen ebenso grossen Flachziegel als
zugehörig denken. Die runden Deckziegel verjüngen sich
nach oben und zwar in der Regel so, dass der innere
untere Durchmesser gleich dem äusseren oberen wird.
Es ift dies erforderlich, weil immer der obere Deckziegel
auf den unteren sich aufsetzt.
Zwischen den sicilischen und griechischen Dächern
(z. B. Schatzhaus der Geloer und Megareer) besteht ein
bestimmter Unterschied in der Form der Deckziegel.
Obwohl beide Dächer ebene Flachziegel haben, ist der
Deckziegel der sicilischen Art rund, der griechische eckig
mit geschwungener innerer Kurve. Bei beiden entspricht
die innere Rundung den Seitenrändern der Flachziegel.
Für alle Bauten der betten Zeit ist diese Unterschei-
dung zutresfend. Ursprünglich scheint allerdings die aussen
gerundete Form auch für die griechischen Dächer die
vorherrschende gewesen zu sein, in diesem Falle waren
aber die Ziegel nur flach gewölbt, wie sie Tafel XCVII,
Figur 7 — g zeigt. Zu diesen sehr flachen Deckziegeln
gehören auch entsprechend niedrige, seitliche Ränder der
Flachziegel, leichte Aufbiegungen des Randes, welche
noch üblich blieben, als die Ziegel aussen schon die
eckige Form erhielten (vergl. Tafel XCVII, Figur 12 und 13).
Mit dem Fortsehritt der Zeit verwischen sich aber diese
Unterschiede, die Deckziegel werden höher, die innere

Form wird halbkreisförmig, auch eckig, die äussere hin-
wiederum manchmal auch gewölbt (vergl. Tafel XCVII,
Figur 17 — 23) selbst mit Stäbchen verziert (ebendort
Figur 22). Da die Technik bestrebt gewesen sein wird,
die Last des Daches schon mit Rücksicht auf das Holz-
gespärre zu verringern, so finden wir auch, dass die
Ziegel, sowohl Flach- wie Deckziegel, allmählich immer
dünnere Querschnitte erhalten, manchmal bis an die
äusserste Grenze der Zulässigkeit, z. B. Tafel XCVI, Fi-
gur 11.
Das Dach des Leonidaion Tafel XCIX, Figur 8 —10
hat die mit allen Feinheiten ausgeführte tadellose Form der
besten Zeit. Zu beachten ist noch der an der Unterssäche
des Deckziegels angebrachte Dorn, welcher den Zweck
hatte, sich gegen den folgenden unteren Ziegel zu legen
und so den Ziegel am Hinabgleiten zu verhindern. An
die Stelle des Domes traten an alten Dächern auch Nägel,
wie z.B. am Dach des Heraion Figur 2, Tafel XCVIII,
welche die Ziegel auf der Dachschalung befestigten. Auch
Flachziegel wurden mit Nägeln befestigt, denn es sind in
manchen Flachziegeln runde und eckige Nagellöcher ge-
funden, so bei denen des Geloer Schatzhauses, des
Leonidaion u. s. w. Wahrscheinlich sind aber nur die
untersten Flachziegel an der Traufe mit Nägeln befestigt
worden, da Nagellöcher verhältnismässig nur seiten be-
obachtet sind.
Die bewundernswerte Sorgfalt, welche auf das grie-
chische Dach verwendet wurde, ging soweit, dass man
Flach- und Deckziegel sogar aus einem Stück formte,
z. B. Tafel XCVII, Figur 15 und Tafel XCIX, Figur 6.
Letztere Figur zeigt vom Schatzhaus der Megareer den
First- und Firstdeckziegel mit Palmette aus einem Stück
geformt.
Wenn ein Dach in solcher Weise als ein Kunstwerk
behandelt wurde, so durfte man erwarten, dass auch
schwierige Konstruktionsformen, welche durch die Durch-
dringung zweier Flächen im Grat und in der Kehle des
Daches entliehen, ihre technisch richtige Lösung gefunden
haben würden. Dass dem so ist, zeigt Tafel C, welche sich
mit den komplizierten Dachformen beschäftigt. Figur 1
sucht die Ausbildung des Grates auf der Umkehr des
Daches unter rechtem Winkel zu lösen. Wenn von den
schräggeschnittenen Gratziegeln auch keiner unzerbrochen
gefunden ist, so war doch Grösse und Form aus den
Stücken genau zu bestimmen. Es bleibt aber bei diesen
Ziegeln auf dem Grate eine ofsene Fuge, welche durch
Deckziegel überdeckt werden muss. Da für die Fugen-
dichtung komplizierte Deckziegel erforderlich sind, so
ist die auf Tafel XCIX, Figur 8 dargestellte Eindeckungs-
art des Grates zweckmässiger. Sie ist nach dem Mutter
eines Kehlziegeldaches aus Pompeji gebildet, muss aber
in Olympia vorgekommen sein, weil der hier gefundene
Deckziegel, Tafel C, Figur 8, nur an dieser Stelle Ver-
wendung finden kann. Auch Tafel C, Figur 14 zeigt
direkt das untere Ende eines solchen Ziegels.
Tafel C, Figur 2a giebt die Eindeckung einer Kehle
und Figur ib — h die für die Rekonstruktion massgeben-
den Fundstücke. Dass bei dieser Ziegelform eine Rinne
in der Kehle das Wasser aufnehmen musste, ist sofort
klar. In Pompeji aufgefundene Kehlziegel zeigen die
 
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