Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.774#0227
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Perspektivische Rekonstruktionen (Tafel CXXIX—CXXXII).

209

als der Hauptgegenstand des Bildes gewählt. Sie ver-
diente das wegen ihrer originellen Planbildung und
Gruppierung, und es ergab sich zugleich der Vorteil,
ihre bemerkenswerte Grösse neben den Nachbarbauten
zu veranschaulichen. Wie oben schon bemerkt, wurde
der Horizont absichtlich etwas hoch gelegt und die
Hauptaxe des Gebäudes als Standlinie bestimmt. Rechts
erscheint auf der Thesaurenterrasse das Schatzhaus von
Sikyon und neben ihm das erste der beiden in unbe-
kannter Zeit zerstörten Schatzhäuser. Der für die Topo-
graphie der Altis so überaus wichtige Altar des thebani-
schen Herakles nebst dem merkwürdigen Heiligtume(?)
dahinter wird leider durch den örtlichen Ehrentempel
der Exedra verdeckt. An der linken Seite des impo-
santen Römerbaues erkennt man die Fortsetzung der
gestuften Terrassenmauer und dicht davor gleich einer
abschliessenden Coulisse die Südostecke des Heraion,
welche nach der Restauration auf Tafel LXXXIV schau-
bildlich wiedergegeben wurde. Man sleht daher den
hölzernen Oberbau auf den gefundenen Steinsäulen do-
rischer Version als opus monotriglyphum behandelt und
mit dem weit ausladenden, schwerfällig konltruierten
und altertümlich durchgebildeten Satteldache bedeckt.
Beide Bauwerke, hier nachbarlich vereint und doch
konstruktiv wie formal die schärfsten Gegensätze bil-
dend, dürfen als vollgültige Typen für den Anfang und
das Ende der klassischen Baukunst betrachtet werden.
Der durch die Ausgrabungen aufgedeckte schmucklose
Steinaltar mit seiner östlich daran schliessenden Stand-
stufe, welcher im Schnittpunkte der beiden Hauptaxen
des Heraion und der Exedra liegt, wurde im Bilde
angedeutet. Als wirksamer Hintergrund konnte der
reich bewaldet gedachte, Kronoshügel mit seinem nach
Werten hin — links über dem Heraiondache — sanft
geschwungenen und lichter bestandenen Abhänge ver-
wertet werden. Das ganze Bild ist in Nachmittagsbe-
leuchtung gedacht.
Tafel CXXX. Der Standpunkt des Beschauers
wurde etwa 16 Meter nordöstlich von dem in der vor-
hergehenden Tafel gewählten Standplatze und auf der-
selben Mauer angenommen und die 54 Meter lange
Standlinie nach der Südwestecke des Metroon gezogen,
so dass dieses mittelgrosse dorische Bauwerk hellenisti-
scher Epoche das architektonische Hauptmotiv bildet.
Rechts von ihm erstreckt sich die Echohalle mit einigen
davor aufgestellten Weihegeschenken, und zwischen bei-
den erscheint der abgeschlossene Vorhof des geheimen
Einganges zum Stadion nebst diesem selbst auf dem
sich senkenden Boden. An der linken Seite sseht man
die Fortsetzung der Thesaurenterrasse mit den Schatz-
häusern von Syrakus und Sikyon. In der breiten
Lücke zwischen beiden fast identischen Bauten der-
selben Gattung standen in älterer Zeit noch zwei The-
sauren, welche absichtlich fortgelassen wurden, um die
nach ihrem Abbruche in der Spätzeit hier vorhanden
gewesene Prozessionsstrasse zum Gipfel des Kronion
andeuten zu können. Zur Belebung des Bildes wur-
den, wie vor der Echohalle, so auch vor der links-
seitigen Hälfte der Schatzhausterrasse einige Anathemata
kleinerer Gattung, Standbilder, Hermen, eine Stele, ein

Dreifuss u. s. w., hinzugefügt. Die Beleuchtung beruht auf
der Annahme, dass die Sonne in der Mittagslinie fleht.
Tafel CXXXI. Weil als Hauptobjekt des Bildes
das Philippeion gewählt wurde, so musste, um die Thür
und die Fenster dieses kreisförmigen Peripteros zeigen
zu können, ein passender Standpunkt im Süden gewählt
werden. Er ergab sich auf der südsüdöstlich gezogenen
und durch den Mittelpunkt gelegten Standlinie in einer
Entfernung von 63 Metern halbweges zwischen Zeus-
tempel und dem Propylaion des Pelopion. Aus dieser
Wahl entsprangen zwei Vorteile. Einerseits gewann der
Hauptbau eine günstige Umrisslinie und andererseits
wurde es möglich — selbst bei dem absichtlich einge-
schränkten Sehwinkel — noch fünf Bauwerke, zwei
innerhalb der Altis, drei ausserhalb derselben, zur Dar-
stellung zu bringen: nämlich rechts den westlichen Ab-
schluss des Heraion und daneben hinter den hohen
Platanen die bescheidene Fassade des Prytaneion, wäh-
rend links ausser dem hochragenden giebelgekrönten
Gymnasionthore die schlichten Rückseiten der Paläflra
und das Gymnasion sichtbar werden. Nur das kleine
Nordthor der Altis blieb unsichtbar, weil das Philip-
peion es deckte. Die möglichst niedrig (1,60 m) an-
genommene und mit inneren Strebepfeilern besetzte
Westaltismauer gab sodann Gelegenheit zur Anordnung
von Bänken und zur Aufstellung von bronzenen und
marmornen Weihegeschenken sowohl oben wie unten.
Andere Weihegaben und ösfentliche wie private Denk-
mäler befinden sich auch auf der rechten Seite neben
und unter den Platanen in Gestalt von alten Dreifüssen,
einer Nike auf der Säule und einem Tropaion. Das Bild
endigt hier mit dem westlichen Abschlusse des Heraion,
welches in gleicher Weise wie auf der vorhergehenden
Tafel restauriert, aber durch einige Anathemata an den
Säulen und in den Ösfnungen des Triglyphon etwas
reicher belebt wurde. Die Beleuchtung entspricht dem
Sonnenstande eines Spätnachmittags.
Tafel CXXXII. Auch hier ist der Wunseh, ausser
dem Hauptobjekte noch einige andere wichtige Bau-
werke und Denkmäler innerhalb wie ausserhalb der
Altis ganz oder teilweise darsteilen zu können, für die
Wahl des Standpunktes entseheidend gewesen. Der-
selbe liegt sehr nahe dem Nordende der Echohalle und
etwas vor derselben, und die Bildebene wurde in einer
Entfernung von 103 m durch die Nordostecke des Zeus-
tempels gelegt, so dass es sich ermöglichen liess, sowohl
die Nike des Paionios als auch das Propylaion des Pe-
lopion noch in dem Bilde zur Darsteilung zu bringen.
Hinter der Nike ist das Buleuterion mit seinem Vorhofe
angedeutet und jenseits des Alpheios die westlichen
Ausläufer der triphylischen Berge. Zwischen dem Zeus-
tempel und dem Eingangsthore zum Pelopion erhebt
sich der grosse kegelförmige Aschenaltar des Zeus mit
seiner aus Bruchsteinen erbauten Prothysis und den
beiden steinernen Zugangsrampen. Er wirkt im Bilde
um deswillen ganz besonders mächtig, weil er dem
Auge des Beschauers sehr viel näher liegt als der
Zeustempel: seine Standlinie beträgt 72 m und die des
Tempels 103 m. Die hohe Cypressengruppe zur Rechten
befindet sich innerhalb der Mauer des Pelopion und

27
 
Annotationen