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Scholz, Hartmut
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Mittelfranken und Nürnberg (extra muros): Text — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 10,1, Teil 1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.52869#0046

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KUNSTGESCHICHTLICHE EINLEITUNG

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14. Jahrhunderts gefunden: So fiel die Wahl des Fensterstifters am prominentesten Platz in der Chorachse kaum zufäl-
lig auf den der Bürgerschaft wie dem Deutschen Orden gleichermaßen verbundenen Ritter Götz Lesch (fum 1350),
der vorübergehend auch das Amt des Landvogts in Rothenburg versah, d.h. neben dem Schultheiß Vertreter des
Königs in der Reichsstadt war (Textabb. 3) . Hatte sich der Rat der Stadt nach 1336 hinsichtlich seiner Selbstdarstel-
lung in der Pfarrkirche also noch mit dem Deutschen Orden zu arrangieren, so waren die rechtlichen Positionen
gegen Ende des 14. Jahrhundert ganz eindeutig zu Gunsten der Stadt entschieden. Der neue Anspruch äußerte sich
noch vor der endgültigen Übernahme der Jakobspflege 1398 in Meßstiftungen des langjährigen Bürgermeisters Hein-
rich Toppier von 1388, die zum ersten Mal mit dem Besetzungsrecht des Ordens brachen und die Nomination durch
den Stifter, später den Rat durchsetzen konnten. Es ist aufgrund der später entfernten Wappenzeilen zwar nicht mehr
zu belegen, doch Teile der neuen, um 1390/1400 gestifteten Chorfenster scheinen nicht allein in thematischer Hinsicht
der Topplerschen Meßstiftung des Salve Regina zugehörig, sondern auch nicht ohne dessen maßgebliche Beteiligung
entstanden zu sein. Daß die vornehmsten und reichsten Familien der Stadt wie die Toppier, Kreglinger, Wernitzer,
Häuptlein, Spörlein, Öffner, Trüb u.a. ihre Kapellen und Fenster im Langhaus und auf der Heilig-Blut-Empore der
Jakobskirche mit Glasmalereien ausstatten ließen, ist zum Teil in den Rechnungsbüchern der Jakobspflege überliefert
(Reg. Nr. 103, 107L, 117E, 121), doch wurden dieselben bald nach Einführung der Reformation (1544) bereits durch
Butzenfenster ersetzt und deponiert (Reg. Nr. 128). Ein höchst bemerkenswertes Detail ist andererseits, daß - parallel
zur Neustiftung einzelner Felder mit gemaltem glas - im Chor der Pfarrkirche bereits um 1470, also lange vor der
Reformation, mit der großangelegten Blankverglasung ehemals farbig geschmückter Fenster begonnen worden war
(Reg. Nr. ioof., nof., 113).
Der in Franken stark vertretene Adel hat - mit Ausnahme der zollernschen Markgrafen und im Unterschied zu den
Reichsstädten Nürnberg und Rothenburg - auf dem Gebiet der Glasmalerei so gut wie keine Zeugnisse seiner Herr-
schaft hinterlassen. Die zum hohen Adel zählenden Grafen und Edelfreien entstammten überwiegend salischer und
staufischer Ministerialität und waren im Gefolge der Herrscher zu Ämtern, Führungs- und Machtpositionen aufge-
stiegen. Der im wesentlichen aus der Ministerialität der Bischöfe und der gräflichen Familien erwachsene niedere Adel
und die Ritterschaft unterschieden sich in ihren Aufgaben, Symbolen, Leitbildern und Attitüden nicht grundsätzlich
von den Edelfreien und gewährleisteten als Träger der Verwaltung und durch die Übernahme von Burglehen die
Durchsetzung der herrschaftlichen Macht in den aufsteigenden Territorien47. Hoch- und Niederadlige traten im Lauf
des Spätmittelalters in wachsender Zahl als Stifter von Klöstern, Spitälern und Pfarreien in Erscheinung, wobei sich


Textabb. 3. Stifterbild Götz Lesch mit Wappen. Hll. Jakobus und Elisabeth. Rothenburg, St. Jakob, Chor I, la-d. Nürnberg oder Regensburg, um 1350.
 
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