GROSSGRÜNDLACH • PFARRKIRCHE
I76
zb DARBRINGUNG IM TEMPEL Fig. 73, Abb. 79, 85
H. 70,5 cm, B. 50-51 cm.
Wappen und Inschriften: Wappen der Nürnberger Familie Praun-
engel23: in Silber blauer (hier schwarz abgedeckter) Schräglinks-
balken mit goldenem Flug; Helmzier: blaß grauvioletter Helm
mit doppeltem Flug (gold, blaß violett); Decken schwarz-golden.
Rechts unten im Fliesenboden die Jahreszahl -i -oy ■
Erhaltung: Bildfeld beidseitig und oben stark beschnitten; die
ursprüngliche Astwerkrahmung bis auf zwei kleine Zwickel in
den oberen Ecken verloren. Randstreifen angestückt; zwei
Stücke im roten Gewand der knienden Jungfrau ergänzt. Teile
der roten, blaßvioletten und hellbraunen Gläser zeigen rück-
seitig punktförmige Korrosion. Die aufwendige Bemalung mit
ihrer feinzeichnerisch federdünnen Pinseltechnik über dünnen
gestupften Halbtonlasuren offenbart ein völlig ungetrübtes, vor-
züglich intaktes Erscheinungsbild. Rückseitenmalerei tritt dage-
gen nur im schwarzen Balken des Wappens und der Jahrzahl auf.
Bleinetz um 1900 erneuert.
Fig. 73. ES Chor I, zb.
Ikonographie, Komposition: Die Szene entlehnt zwar Einzel-
motive - so die kniende Jungfrau mit dem Vogelpaar im Käfig -
aus der Darbringung in Dürers Marienleben (B.88, um 1503/4),
reduziert jedoch die ungleich weiträumiger und spannungsvoller
angelegte Komposition zwangsläufig auf die zentrale, eng um
den Altar gedrängte Figurengruppe. Einen unmittelbaren Reflex
fand diese baldungsche Redaktion noch einmal annähernd wört-
lich und beinahe zeitgleich im rechten Außenflügel des Beer-
bacher Altars aus der Werkstatt Michel Wolgemuts24.
Farbigkeit, Ornament: Bildbeherrschend steht rechts der greise
Simeon mit leuchtend gelbem Schultertuch und dunkel anthra-
zytviolettem Untergewand, gerahmt durch das Grün des Man-
tels einer Assistenzfigur und die grüne Gugel des Kerzenträgers
im Hintergrund; letzterer mit gelb damasziertem Gewand und
rotem Mantel. Simeon gegenüber steht Maria in einen blauen
Mantel gehüllt (Ärmel des Kleids purpurrosa), links außen
gerahmt durch den roten Mantel einer Begleiterin. Die kniende
Rückenfigur trägt ein rotes Kleid mit weißem Gürtel und weißer
Gürteltasche. Köpfe, Inkarnate und Hauben weiß; ausgenom-
men ein halb überschnittener hellbrauner Kopf hinter Simeon;
Nimben und Kerze silbergelb. Altarblock satt bernsteingelb mit
weißem Tuch; grau-grün geschachter Fliesenboden; am rechten
Rand hellbraune Mauer; oben hellblauer Wolkengrund. Rest-
zwickel einer purpurrosafarbenen Astwerkrahmung.
Stil, Datierung: Nürnberg, 1505 datiert. Entwurf: Hans Baldung
Grien; Ausführung: Hirsvogel-Werkstatt (vermutlich Hans
Hirsvogel d.J.). In Aufwand und Virtuosität der Binnenzeich-
nung - in den Köpfen ebenso wie im gelben Schultertuch Sime-
ons - das herausragendste Beispiel Baldungscher Glasmalerei im
Nürnberger Raum (vgl. S. 548 f.).
CVMA A 12238, Großdia A 99/50, Details MF
3a CHRISTUS UND DIE EHEBRECHERIN
Fig. 68, 74, Abb. 83
H. 70,5 cm, B. 50,5 cm.
Wappen: Im rechten unteren Eck Engel mit Allianzwappen derer
von Mangersreuth und Kötzler in vereinfachter Tinktur25: im
quadrierten Schild in 1 und 4 von Mangersreuth: silbernes Joch
in Schwarz; in 2 und 3 Kötzler: Dreiblatt und Horn. Auf dem
Erdboden stehen die von Christus gemäß dem Johannes-Evan-
gelium (Io 8,6) geschriebenen Zeichen in Form hebräisierender
Buchstaben.
Erhaltung: Bildfeld beidseitig und oben stark beschnitten; oben
links nurmehr ein kleiner Zwickel der ursprünglichen Astwerk-
rahmung erhalten, rechts altes Flickstück. Randstreifen in jünge-
rer Zeit angestückt. Abgesehen von drei kleineren, zusätzlich kalt
abgedeckten Ergänzungen im Gewand Christi und der Hinter-
grundarchitektur originale Substanz. Dunkelviolette Gläser
rückseitig korrodiert. Die Bemalung mit ausgiebiger Halbton-
modellierung ist überwiegend intakt erhalten; einzig der Chri-
stuskopf zeigt stärkeren Abrieb. Zahlreiche Spuren von Rücksei-
tenbemalung, insbesondere in den Figuren des grünen Schergen,
der Ehebrecherin, dem Wappenengel und der Architektur. Blei-
netz um 1900 erneuert; mehrere Sprungbleie und Sprünge. Ent-
lang der Bleie stellenweise Kittreste und Schmutzkrusten.
Ikonographie, Komposition: In der Geschichte der Ehebrecherin
nach Io 8,1-11 spricht Christus einer des Ehebruchs überführten
Frau die Sündenvergebung zu. Den anklagenden Pharisäern und
Schriftgelehrten antwortet er auf die Frage nach seiner Stellung
zum Gesetz des Moses: »Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe
den ersten Stein auf sie«; woraufhin die Ankläger weichen,
»einer nach dem anderen, angefangen bei den Ältesten«.
Im ebenso kunstvoll wie komplex arrangierten Gegen- und Mit-
einander der Figuren in En-face- und ausgesuchten Profilstellun-
gen zeigt sich eine der spezifischen Eigenarten Baldungscher
Kompositionskunst. So wird der Kontrast zwischen der fronta-
len Christusfigur und dem reinen Profil der Frau auf der linken
Seite nochmals in zwei zurückversetzten Assistenzfiguren
gespiegelt und höchst effektvoll gegen Halbprofil und verlorenes
Profil der Rücken an Rücken miteinander kommunizierenden,
bereits unsicher zum Weggehen umgewandten Männer auf der
rechten Seite abgesetzt.
rend ist der Hinweis von Kahsnitz, 1986, S. 358, der als Deutungsmög-
lichkeit für den Beischild die Familie »Behem von der Schlang« anführt
(Schöler, Familienwappen, 197$, Taf. 59).
21 Schiller, IV,2, 1980, S. 56 f.; Fritzsche, CVMA Deutschland XIII,1,
1987, S. 268, Abb. 441.
22 Gümbbl, 1908, S. 123; diese Darstellung des Sachverhalts bereits bei
Knappe, Baldung, 1963, S. 107, Anm. 278.
23 Schöler, Familienwappen, 197$, Taf. 72.
24 Scholz, Werkstattpraxis, 1991, S. 311, Anm. 693, Abb. 103.
25 Kahsnitz, 1986, S. 358; die bei Schöler, 1975, Taf. 40 und 137 über-
lieferten Wappen der Kötzler und von Mangersreuth zeigen folgende
Tinktur: Kötzler: im schwarz-silbern geteilten Schild grünes Dreiblatt
(Eiche) über rotem Horn; von Mangersreuth: in Rot silbernes Joch.
I76
zb DARBRINGUNG IM TEMPEL Fig. 73, Abb. 79, 85
H. 70,5 cm, B. 50-51 cm.
Wappen und Inschriften: Wappen der Nürnberger Familie Praun-
engel23: in Silber blauer (hier schwarz abgedeckter) Schräglinks-
balken mit goldenem Flug; Helmzier: blaß grauvioletter Helm
mit doppeltem Flug (gold, blaß violett); Decken schwarz-golden.
Rechts unten im Fliesenboden die Jahreszahl -i -oy ■
Erhaltung: Bildfeld beidseitig und oben stark beschnitten; die
ursprüngliche Astwerkrahmung bis auf zwei kleine Zwickel in
den oberen Ecken verloren. Randstreifen angestückt; zwei
Stücke im roten Gewand der knienden Jungfrau ergänzt. Teile
der roten, blaßvioletten und hellbraunen Gläser zeigen rück-
seitig punktförmige Korrosion. Die aufwendige Bemalung mit
ihrer feinzeichnerisch federdünnen Pinseltechnik über dünnen
gestupften Halbtonlasuren offenbart ein völlig ungetrübtes, vor-
züglich intaktes Erscheinungsbild. Rückseitenmalerei tritt dage-
gen nur im schwarzen Balken des Wappens und der Jahrzahl auf.
Bleinetz um 1900 erneuert.
Fig. 73. ES Chor I, zb.
Ikonographie, Komposition: Die Szene entlehnt zwar Einzel-
motive - so die kniende Jungfrau mit dem Vogelpaar im Käfig -
aus der Darbringung in Dürers Marienleben (B.88, um 1503/4),
reduziert jedoch die ungleich weiträumiger und spannungsvoller
angelegte Komposition zwangsläufig auf die zentrale, eng um
den Altar gedrängte Figurengruppe. Einen unmittelbaren Reflex
fand diese baldungsche Redaktion noch einmal annähernd wört-
lich und beinahe zeitgleich im rechten Außenflügel des Beer-
bacher Altars aus der Werkstatt Michel Wolgemuts24.
Farbigkeit, Ornament: Bildbeherrschend steht rechts der greise
Simeon mit leuchtend gelbem Schultertuch und dunkel anthra-
zytviolettem Untergewand, gerahmt durch das Grün des Man-
tels einer Assistenzfigur und die grüne Gugel des Kerzenträgers
im Hintergrund; letzterer mit gelb damasziertem Gewand und
rotem Mantel. Simeon gegenüber steht Maria in einen blauen
Mantel gehüllt (Ärmel des Kleids purpurrosa), links außen
gerahmt durch den roten Mantel einer Begleiterin. Die kniende
Rückenfigur trägt ein rotes Kleid mit weißem Gürtel und weißer
Gürteltasche. Köpfe, Inkarnate und Hauben weiß; ausgenom-
men ein halb überschnittener hellbrauner Kopf hinter Simeon;
Nimben und Kerze silbergelb. Altarblock satt bernsteingelb mit
weißem Tuch; grau-grün geschachter Fliesenboden; am rechten
Rand hellbraune Mauer; oben hellblauer Wolkengrund. Rest-
zwickel einer purpurrosafarbenen Astwerkrahmung.
Stil, Datierung: Nürnberg, 1505 datiert. Entwurf: Hans Baldung
Grien; Ausführung: Hirsvogel-Werkstatt (vermutlich Hans
Hirsvogel d.J.). In Aufwand und Virtuosität der Binnenzeich-
nung - in den Köpfen ebenso wie im gelben Schultertuch Sime-
ons - das herausragendste Beispiel Baldungscher Glasmalerei im
Nürnberger Raum (vgl. S. 548 f.).
CVMA A 12238, Großdia A 99/50, Details MF
3a CHRISTUS UND DIE EHEBRECHERIN
Fig. 68, 74, Abb. 83
H. 70,5 cm, B. 50,5 cm.
Wappen: Im rechten unteren Eck Engel mit Allianzwappen derer
von Mangersreuth und Kötzler in vereinfachter Tinktur25: im
quadrierten Schild in 1 und 4 von Mangersreuth: silbernes Joch
in Schwarz; in 2 und 3 Kötzler: Dreiblatt und Horn. Auf dem
Erdboden stehen die von Christus gemäß dem Johannes-Evan-
gelium (Io 8,6) geschriebenen Zeichen in Form hebräisierender
Buchstaben.
Erhaltung: Bildfeld beidseitig und oben stark beschnitten; oben
links nurmehr ein kleiner Zwickel der ursprünglichen Astwerk-
rahmung erhalten, rechts altes Flickstück. Randstreifen in jünge-
rer Zeit angestückt. Abgesehen von drei kleineren, zusätzlich kalt
abgedeckten Ergänzungen im Gewand Christi und der Hinter-
grundarchitektur originale Substanz. Dunkelviolette Gläser
rückseitig korrodiert. Die Bemalung mit ausgiebiger Halbton-
modellierung ist überwiegend intakt erhalten; einzig der Chri-
stuskopf zeigt stärkeren Abrieb. Zahlreiche Spuren von Rücksei-
tenbemalung, insbesondere in den Figuren des grünen Schergen,
der Ehebrecherin, dem Wappenengel und der Architektur. Blei-
netz um 1900 erneuert; mehrere Sprungbleie und Sprünge. Ent-
lang der Bleie stellenweise Kittreste und Schmutzkrusten.
Ikonographie, Komposition: In der Geschichte der Ehebrecherin
nach Io 8,1-11 spricht Christus einer des Ehebruchs überführten
Frau die Sündenvergebung zu. Den anklagenden Pharisäern und
Schriftgelehrten antwortet er auf die Frage nach seiner Stellung
zum Gesetz des Moses: »Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe
den ersten Stein auf sie«; woraufhin die Ankläger weichen,
»einer nach dem anderen, angefangen bei den Ältesten«.
Im ebenso kunstvoll wie komplex arrangierten Gegen- und Mit-
einander der Figuren in En-face- und ausgesuchten Profilstellun-
gen zeigt sich eine der spezifischen Eigenarten Baldungscher
Kompositionskunst. So wird der Kontrast zwischen der fronta-
len Christusfigur und dem reinen Profil der Frau auf der linken
Seite nochmals in zwei zurückversetzten Assistenzfiguren
gespiegelt und höchst effektvoll gegen Halbprofil und verlorenes
Profil der Rücken an Rücken miteinander kommunizierenden,
bereits unsicher zum Weggehen umgewandten Männer auf der
rechten Seite abgesetzt.
rend ist der Hinweis von Kahsnitz, 1986, S. 358, der als Deutungsmög-
lichkeit für den Beischild die Familie »Behem von der Schlang« anführt
(Schöler, Familienwappen, 197$, Taf. 59).
21 Schiller, IV,2, 1980, S. 56 f.; Fritzsche, CVMA Deutschland XIII,1,
1987, S. 268, Abb. 441.
22 Gümbbl, 1908, S. 123; diese Darstellung des Sachverhalts bereits bei
Knappe, Baldung, 1963, S. 107, Anm. 278.
23 Schöler, Familienwappen, 197$, Taf. 72.
24 Scholz, Werkstattpraxis, 1991, S. 311, Anm. 693, Abb. 103.
25 Kahsnitz, 1986, S. 358; die bei Schöler, 1975, Taf. 40 und 137 über-
lieferten Wappen der Kötzler und von Mangersreuth zeigen folgende
Tinktur: Kötzler: im schwarz-silbern geteilten Schild grünes Dreiblatt
(Eiche) über rotem Horn; von Mangersreuth: in Rot silbernes Joch.