Metadaten

Scholz, Hartmut
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Mittelfranken und Nürnberg (extra muros): Text — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 10,1, Teil 1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2002

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.52869#0452

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
ERSTVERGLASUNG DES CHORES

447

füllt Maria ein eigenes Medaillon. So als hätte sie sich gerade erst
erhoben, empfängt sie am Betpult vor ihrem Thronsitz stehend
mit demutsvoller Geste den Engelsgruß. Über dem leicht geneig-
ten Haupt schwebt die Taube des Heiligen Geistes als Sinnbild
der Conceptio.
Farbigkeit, Ornament: Teppichgrund und Medaillon entspre-
chen 3b, ausgenommen die rein weißen Blüten der beidseits auf-
steigenden Ranken, das Kleeblattmuster des äußeren gelben und
das blaue Perlband des inneren Medaillonrahmens. Maria mit
blauem Kleid, rotem Mantel, weißem Kopftuch und leuchtend
grünem Nimbus; Inkarnatteile hellbraun; Taube weiß. Betstuhl
grauweiß mit grüner Sitzfläche; Pult hellblau, darauf aufgeschla-
gen ein weißes Buch. Bodenfläche rot mit weißem Stirnprofil
und karminroten Blendbögen im Zwickel. Im Medaillon hell
purpurvioletter Akanthusgrund.
CVMA A 11123, Dia A 69 (MF)
4/5a PROPHET DANIEL IN ARCHITEKTUR-
TABERNAKEL Fig. 312, 317, Abb. 328, 340
H./B.: 4a: 93,5-94 / 45 cm; 5a: 94,5-95 / 44,5-45 cm.
Inschriften: Umschrift in gotischer Majuskel: DE • MOTE •
ABCIS ■ E ■ LAP/IS ■ SINE • MANIE VS ■ (de monte abscisus est
lapis sine manibus; Dn 2,45). Auf dem Schriftband in der Hand
des Propheten: • DANIEL ■ (PRO)PHETA.
Erhaltung: Vorzüglich; nur im Figurenfeld beidseits komplett
erneuerte Randstreifen. Vereinzelt unmotivierte Kratzspuren
und Bemalungsverluste in der Architekturbekrönung (durch
massive Reinigungsversuche verursacht?).
Ikonographie: Der Spruch Daniels ist im Rahmen der Biblia pau-
perum für die Bildgruppe der Geburt Christi belegt83; Prophe-
tenbild und Umschrift befinden sich folglich an ihrem ange-
stammmten Platz neben den auf drei von vier Medaillons
ausgedehnten Ereignissen der Christnacht in den Mittelbahnen.
Komposition, Farbigkeit, Ornament: Über einem Hohlraum von
roten und violetten Kanten schwebt auf zentraler weißer Stütze
der hohe, schmale Kastenraum des Propheten mit graublauer
Standfläche, beidseits begrenzt von moosgrünen Mauerzungen
und nach oben abgeschlossen durch eine gelbe Kasettendecke.
Der verräumlicht dargestellte Baldachin im Oberfeld besitzt
einen zweigeschossigen Aufbau: Gesimse, Säulen, Wimperg und
Fialen der Stirnseite sind durchgehend weiß, die Profile der
Schrägseite sowie rückwärtige Säulen und Fialen stets gelb;
Bogenstellung an der Schräge im zweiten Geschoß hellgrün;
Decken in beiden Geschossen smaragdgrün, das Dach mit roten
Ziegeln gedeckt. Oberhalb des Gehäuses ein nach rechts anstei-
gendes Bogensegment, im Kern violett mit gelben Blüten, seit-
lich durch weiße Ränder gefaßt; im linken oberen Zwickel
grüner Bogen vor rotem Fond, daneben kleinere braune Blend-
bögen, abschließend waagrechte Profile weiß und purpurviolett.
Das Gehäuse wird über beide Felder von weißen Perlbändern,
links außerdem durch den breiten roten Streifen mit weißer
Inschrift gerahmt. Hintergründe: innerhalb des Gehäuses hinter
dem Propheten purpurfarbener, rechts außerhalb roter Akan-
thus; im Auszug purpurrosa Beerenlaub; hinter der Bekrönung
rot/blauer Rautengrund. Daniel trägt über weißer Tunika und
gelben Strümpfen einen üppigen roten Mantel mit gelbem Zier-
streifen und smaragdgrünem Futter sowie eine graugrüne Kappe.
Inkarnate blaßrosa, Schriftband gelb in Schwarz.
CVMA A 11127/11131, Dia A 71/75 (MF)

4b HEIMSUCHUNG MARIENS Fig. 312, 317, Abb. 328, 347
H. 94-94,5 cm, B. 43,5-44 cm.
Erhaltung: Außer kleineren Randarbeiten Zettlers und drei
minimalen Flicken in Grund und Medaillon originale Substanz.
Spürbare Transparenzminderung durch flächige Korrosion im
grauvioletten Mantel Elisabeths. Bemalung in den Figuren
geringfügig abgerieben. Im Medaillon zahlreiche Sprungbleie.
Ikonographie, Komposition: Die Begegnung von Maria und Eli-
sabeth entspricht dem traditionellen Bildtypus der Umarmung;
Maria wird lediglich durch das offen getragene Kopftuch als die
jüngere der beiden schwangeren Frauen gekennzeichnet.
Farbigkeit, Ornament: Das Medaillon in Form eines verwasche-
nen Vierpasses besitzt außen einen gelben, mit Kleeblättern
gemusterten, innen einen weißen Perlbandrahmen. Im Medaillon
roter Blattrankengrund. Maria trägt über gelbem Kleid einen
hellblauen, mit gelben Querstreifen verzierten Mantel, Elisabeth
über smaragdgrünem Kleid einen dunkel grauvioletten Mantel,
gleichfalls mit gelben Zierstreifen; Inkarnate: bei Maria blaß-
braun, bei Elisabeth weiß; Nimben grün und blau. Gelb/grüner
Rasenboden mit olivgrünem Bäumchen.
Stil, Datierung: Der puppenhaft zierliche Ausdruck Marias fin-
det seine unmittelbarste Entsprechung in den Illustrationen aus
dem Lehensbuch Krafts III. von Hohenlohe von 1345 im Hohen-
loheschen Zentralarchiv auf Schloß Neuenstein, hier besonders
der Darstellung der Anna von Württemberg (Fig. 315)84.
CVMA A 11128, Dia A 72 (MF)
4c VERKÜNDIGUNG AN DIE HIRTEN
Fig. 312, 317E, Abb. 328
H. 93,5-94 cm, B. 44,5-45 cm.
Inschriften: Im Spruchband des Engels in gotischer Majuskel:
NVNCIO • VOBIS - GAVDIVM- MAGNVM.
Erhaltung: In Substanz, Leuchtkraft und Bemalung gleicherma-
ßen hervorragend, zählt die Verkündigung an die Hirten zu den
am besten erhaltenen Scheiben des ganzen Fensters.
Ikonographie, Komposition: Die Hirtenverkündigung, Bestand-
teil des Weihnachtsevangeliums (Lc 2, 8-12), erscheint hier aber
aus Platzgründen nicht wie üblich neben, sondern eine Zeile
unterhalb der Geburtsszene. Die durch das Spruchband des steil
herabschwebenden Engels zweigeteilte Komposition mit der
Gegenüberstellung von Hirt und Herde sowie die derb charakte-
risierte, erschreckt und geblendet aufsehende Gestalt des Hirten
sind in großen Zügen bereits in der Esslinger Frauenkirche vor-
gebildet85. Das ansteigende Terrain der Landschaft mit Herde
oder das am Baum aufgerichtete Böckchen weisen andererseits
zurück auf die gleichnamige Szene im Chor der Königsfeldener
Klosterkirche86.
Farbigkeit, Ornament: Medaillonrahmen außen gelb mit Efeu-
blättern, innen weißes Perlband; roter Blattrankengrund. Hirte
in grauweißen Strümpfen, purpurviolettem Rock, Hut und
Umhang hellblau, gestützt auf einen weißen Stab; Inkarnate
weiß, ebenso der Hirtenhund, die Schafe und die Böcke; Weide
moos- und smaragdgrün, gelb, purpur und grau gescheckt mit
grünem Baum. Engel mit grüner Albe und weiß/purpurviolett
geteilten Flügeln in hellblauer Wolke. Kopf und Hände hell-
braun; Spruchband gelb.
CVMA A 11129, Dia A 73 (MF)
83 Cornell, Biblia pauperum, 1925, S. 2 5 5.
 
Annotationen