KLOSTERKIRCHE
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Fensterstiftung durch den Lüneburger Rat 1523, nach Sturmschaden); U.-D. Korn, 1982, S. 163, 171, Abb. 160,
192 f. (Erörterung von Restaurierungsmaßnahmen an zwei Scheiben aus NORD III, 9 c und NORD V, 7 b); K.
Jaitner, in: Germania Benedictina XI, St. Ottilien 1984, S. 187 (kurze Erwähnung des gesamten Scheibenbestandes).
Gegenwärtiger Bestand: Aus mittelalterlicher Zeit sind in der Ebstorfer Klosterkirche 62 gemalte Scheiben erhalten,
die zwei Verglasungsphasen (Ende 14. Jh. und nach 1522) zuzuweisen sind. Bis auf eine Rundscheibe im sogenannten
Paradies an der Nordseite der Gemeindekirche (Abb. 14), befinden sich alle übrigen Scheiben in den vier Fenstern
des Nonnenchores (Fig. 3-10, Farbtaf. V, Abb. 1-13, 15 f.). Hinzu kommen noch Scherbenfunde aus dem Nonnenchor,
die in einem Anhang (s. S. 74b.) gesondert behandelt werden, sowie siebzehn blanke Rautenscheiben aus der Zeit
nach 1522, die jedoch im 19. und 20. Jh. mehr oder minder stark erneuert worden sind.
Geschichte des Baues: Urkundliche Daten für den bestehenden Bau fehlen ebenso wie Untersuchungen zur Bauge-
schichte7. Möglicherweise zwangen die Überschwemmungen der westlich am Kloster vorbeifließenden Schwienau
dazu, den gesamten Grund zu erhöhen und das Kloster neu zu errichten8. Der Neubau begann wahrscheinlich
kurz vor 1350 mit dem Langhaus der Kirche. Die Dachstuhlhölzer wurden jahrgenau 1384/85 geschlagen, dagegen
lassen sich die Balken des Dachstuhls über dem Chorpolygon nur mit einer relativen Sicherheit von + 5 Jahren
auf 1396 datieren9. Die Hauptbautätigkeit und die weitgehende Vollendung der Kirche fallen demnach in die Amtszeit
des tatkräftigen Propstes Heinrich von Offensen (1365—1393), der Abschluß der Bauarbeiten erfolgte unter seinen
Nachfolgern, Propst Wasrnod Kind (1393—1395) und Heinrich Tolner (1395—1426). Die Gründe für die Unregelmäßig-
keiten des Plans (Fig. 1) sind nicht bekannt; die Ausführung des Backsteinbaues erfolgte offenbar in einem Zuge:
im Osten der Chor von zweieinhalb Jochen Länge mit 5/10-Schluß, westlich anschließend das fünfjochige Hauptschiff.
Seine vier westlichen Joche nimmt der nur von Norden her belichtete Nonnenchor (Taf. I, IV c) ein, der möglicherweise
ursprünglich bis in das fünfte Langhausjoch oder sogar bis zum Kanzelpfeiler reichte10.
Der zweischiffige Raum unter der Nonnenempore, der den Laienschwestern vorbehalten war, erstreckte sich gegen
alle Gewohnheit nicht durch die ganze Breite des Hauptschiffs, sondern beschränkte sich auf zwei Drittel des Raumes.
Im nördlichen Drittel liegt unter dem Nonnenchor der Südflügel des Kreuzgangs. Vom Raum der Laienschwestern,
der ursprünglich acht Joche lang war, sind die beiden Westjoche als Abstellkammer abgemauert; der östliche Abschluß
zum Chor wurde spätestens bei der Anlage der konkaven Priechenbrüstung der Nonnenempore im frühen 18. Jh.
verändert. Hierzu wurden die beiden östlichen Joche teilweise beseitigt. Das einheitlich mit dem Hauptschiff entstan-
dene südliche Seitenschiff von fünf Jochen Länge, die etwa die halbe Breite des Hauptschiffs haben, diente von
vornherein als Gemeindekirche mit Sichtverbindung zum Chorraum. Ihr östlicher Abschluß ist später verändert
worden. Vor dem Westende des Seitenschiffs steht der massige Glockenturm, wohl aus dem 15. Jh.
An die Nordseite des Chores lehnt sich im Osten mit zwei Jochen die zweigeschossige Sakristei; nach Westen folgte
eine kleine, einjochige Kapelle sowie die ehemalige Eingangshalle (Paradies) mit stichbogig geschlossenem Doppelpor-
tal und zwei vierteiligen Rippengewölben. Sie war 1761 Erbbegräbnis der Familie von dem Bussche und wurde
um 1900 durch einen Vorbau mit Treppe zum Obergeschoß erweitert. Im Oculus über dem westlichen Portal befindet
sich die Scheibe mit der Figur Gottvaters aus dem späten 14. Jh.
Bereits im Ostflügel der Klausur, zwischen dem Paradies und dem östlichen Kreuzgangflügel, liegt ein zwei Joche
tiefer Raum, der sogenannte »Stuhl der Klosterbediensteten«. Er öffnet sich mit einem breiten Rundbogen zum
7 Es muß daher auf H.W. H. Mithoff, 1877, S. 63 £., H. Appuhn (s.
Bibi.), 21967, und G. Dehio, 1977, S. 283 h, verwiesen werden.
8 Darauf deuten die mit scharfen Birnstabprofilen versehenen Arkaden
des späten 13. Jh. in der Mauer zwischen dem Äbtissinnenhaus und
dem Westflügel des Kreuzgangs hin. Sie gehören zu einem wesentlich
tiefer gelegenen Bauniveau. Vgl. H. Appuhn (s. Bibi.), 21967, S. 4.
9 Diese Angaben beruhen auf einer dendrochronologischen Untersu-
chung durch Herrn Prof. Dr. Dieter Eckstein, Hamburg, deren Ergeb-
nisse er am 22. August 1979 Herrn Dr. Horst Appuhn mitgeteilt hat.
- Die Angabe »1395« bei B. Hahn-Woernle, Kloster Ebstorf. Die
Bauplastik, Ebstorf o. J. (1981), S. 52, ist daher ungenau.
10 Hierfür scheinen — neben Abbruchspuren — die eingestellten Dienste
an der Nordostecke des ersten südlichen Langhauspfeilers und gegenüber
an der Südostecke des hier in den Kirchenraum einspringenden Kreuz-
gangs zu sprechen. Eine in das fünfte Langhausjoch (von Westen) rei-
chende Empore hätte allerdings den hohen Scheidbogen zwischen diesem
Joch und dem Ostjoch der Gemeindekirche überschnitten. Für die Fort-
setzung der kleineren Arkaden zwischen Gemeindekirche und Haupt-
schiff gibt es aber am Bau keinen ausreichenden Befund, so daß die
Länge des Nonnenchores auch ursprünglich wohl nur vier Joche betrug.
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Fensterstiftung durch den Lüneburger Rat 1523, nach Sturmschaden); U.-D. Korn, 1982, S. 163, 171, Abb. 160,
192 f. (Erörterung von Restaurierungsmaßnahmen an zwei Scheiben aus NORD III, 9 c und NORD V, 7 b); K.
Jaitner, in: Germania Benedictina XI, St. Ottilien 1984, S. 187 (kurze Erwähnung des gesamten Scheibenbestandes).
Gegenwärtiger Bestand: Aus mittelalterlicher Zeit sind in der Ebstorfer Klosterkirche 62 gemalte Scheiben erhalten,
die zwei Verglasungsphasen (Ende 14. Jh. und nach 1522) zuzuweisen sind. Bis auf eine Rundscheibe im sogenannten
Paradies an der Nordseite der Gemeindekirche (Abb. 14), befinden sich alle übrigen Scheiben in den vier Fenstern
des Nonnenchores (Fig. 3-10, Farbtaf. V, Abb. 1-13, 15 f.). Hinzu kommen noch Scherbenfunde aus dem Nonnenchor,
die in einem Anhang (s. S. 74b.) gesondert behandelt werden, sowie siebzehn blanke Rautenscheiben aus der Zeit
nach 1522, die jedoch im 19. und 20. Jh. mehr oder minder stark erneuert worden sind.
Geschichte des Baues: Urkundliche Daten für den bestehenden Bau fehlen ebenso wie Untersuchungen zur Bauge-
schichte7. Möglicherweise zwangen die Überschwemmungen der westlich am Kloster vorbeifließenden Schwienau
dazu, den gesamten Grund zu erhöhen und das Kloster neu zu errichten8. Der Neubau begann wahrscheinlich
kurz vor 1350 mit dem Langhaus der Kirche. Die Dachstuhlhölzer wurden jahrgenau 1384/85 geschlagen, dagegen
lassen sich die Balken des Dachstuhls über dem Chorpolygon nur mit einer relativen Sicherheit von + 5 Jahren
auf 1396 datieren9. Die Hauptbautätigkeit und die weitgehende Vollendung der Kirche fallen demnach in die Amtszeit
des tatkräftigen Propstes Heinrich von Offensen (1365—1393), der Abschluß der Bauarbeiten erfolgte unter seinen
Nachfolgern, Propst Wasrnod Kind (1393—1395) und Heinrich Tolner (1395—1426). Die Gründe für die Unregelmäßig-
keiten des Plans (Fig. 1) sind nicht bekannt; die Ausführung des Backsteinbaues erfolgte offenbar in einem Zuge:
im Osten der Chor von zweieinhalb Jochen Länge mit 5/10-Schluß, westlich anschließend das fünfjochige Hauptschiff.
Seine vier westlichen Joche nimmt der nur von Norden her belichtete Nonnenchor (Taf. I, IV c) ein, der möglicherweise
ursprünglich bis in das fünfte Langhausjoch oder sogar bis zum Kanzelpfeiler reichte10.
Der zweischiffige Raum unter der Nonnenempore, der den Laienschwestern vorbehalten war, erstreckte sich gegen
alle Gewohnheit nicht durch die ganze Breite des Hauptschiffs, sondern beschränkte sich auf zwei Drittel des Raumes.
Im nördlichen Drittel liegt unter dem Nonnenchor der Südflügel des Kreuzgangs. Vom Raum der Laienschwestern,
der ursprünglich acht Joche lang war, sind die beiden Westjoche als Abstellkammer abgemauert; der östliche Abschluß
zum Chor wurde spätestens bei der Anlage der konkaven Priechenbrüstung der Nonnenempore im frühen 18. Jh.
verändert. Hierzu wurden die beiden östlichen Joche teilweise beseitigt. Das einheitlich mit dem Hauptschiff entstan-
dene südliche Seitenschiff von fünf Jochen Länge, die etwa die halbe Breite des Hauptschiffs haben, diente von
vornherein als Gemeindekirche mit Sichtverbindung zum Chorraum. Ihr östlicher Abschluß ist später verändert
worden. Vor dem Westende des Seitenschiffs steht der massige Glockenturm, wohl aus dem 15. Jh.
An die Nordseite des Chores lehnt sich im Osten mit zwei Jochen die zweigeschossige Sakristei; nach Westen folgte
eine kleine, einjochige Kapelle sowie die ehemalige Eingangshalle (Paradies) mit stichbogig geschlossenem Doppelpor-
tal und zwei vierteiligen Rippengewölben. Sie war 1761 Erbbegräbnis der Familie von dem Bussche und wurde
um 1900 durch einen Vorbau mit Treppe zum Obergeschoß erweitert. Im Oculus über dem westlichen Portal befindet
sich die Scheibe mit der Figur Gottvaters aus dem späten 14. Jh.
Bereits im Ostflügel der Klausur, zwischen dem Paradies und dem östlichen Kreuzgangflügel, liegt ein zwei Joche
tiefer Raum, der sogenannte »Stuhl der Klosterbediensteten«. Er öffnet sich mit einem breiten Rundbogen zum
7 Es muß daher auf H.W. H. Mithoff, 1877, S. 63 £., H. Appuhn (s.
Bibi.), 21967, und G. Dehio, 1977, S. 283 h, verwiesen werden.
8 Darauf deuten die mit scharfen Birnstabprofilen versehenen Arkaden
des späten 13. Jh. in der Mauer zwischen dem Äbtissinnenhaus und
dem Westflügel des Kreuzgangs hin. Sie gehören zu einem wesentlich
tiefer gelegenen Bauniveau. Vgl. H. Appuhn (s. Bibi.), 21967, S. 4.
9 Diese Angaben beruhen auf einer dendrochronologischen Untersu-
chung durch Herrn Prof. Dr. Dieter Eckstein, Hamburg, deren Ergeb-
nisse er am 22. August 1979 Herrn Dr. Horst Appuhn mitgeteilt hat.
- Die Angabe »1395« bei B. Hahn-Woernle, Kloster Ebstorf. Die
Bauplastik, Ebstorf o. J. (1981), S. 52, ist daher ungenau.
10 Hierfür scheinen — neben Abbruchspuren — die eingestellten Dienste
an der Nordostecke des ersten südlichen Langhauspfeilers und gegenüber
an der Südostecke des hier in den Kirchenraum einspringenden Kreuz-
gangs zu sprechen. Eine in das fünfte Langhausjoch (von Westen) rei-
chende Empore hätte allerdings den hohen Scheidbogen zwischen diesem
Joch und dem Ostjoch der Gemeindekirche überschnitten. Für die Fort-
setzung der kleineren Arkaden zwischen Gemeindekirche und Haupt-
schiff gibt es aber am Bau keinen ausreichenden Befund, so daß die
Länge des Nonnenchores auch ursprünglich wohl nur vier Joche betrug.