Metadaten

Becksmann, Rüdiger; Korn, Ulf-Dietrich
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Lüneburg und den Heideklöstern — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 7,2: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 1992

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52868#0160

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
LÜNEBURG • RATHAUS

81

Fig. 29. Lüneburg, Rathaus, Übersichtsgrundriß (1: sog. Gerichtslaube, 2: Bürgermeister-Körkammer, 3: Gewandhaus, darüber Fürstensaal,
4: Laube, 5:. Kämmereiflügel, 6: Sodmeister-Körkammer, 7: Neue Schreiberei). Maßstab 1:600.


Scheibenfragmente des späten 15. bzw. frühen 16. Jh. aus dem Fürstensaal bzw. ungeklärter Herkunft, von denen
heute vier in einem Fenster der Gerichtslaube und acht in zwei Fenstern des Kämmereiflügels eingesetzt sind.
Als ursprünglich zugehörig konnten zwei mutmaßlich aus der Gerichtslaube stammende Wappenscheiben des frühen
14. Jh. und ein Fragmentfeld des späten 15. Jh. aus der Sodmeister-Körkammer im Kämmereiflügel identifiziert werden;
ihre Behandlung erfolgt in Anhängen.
Geschichte des Baues: Die ältesten Teile des ursprünglich nicht nach Osten auf den Neumarkt, sondern nach
Norden auf den Ochsenmarkt ausgerichteten, noch heute von dort durch die Grüne Tür als Haupteingang erschlossenen
Rathauskomplexes (Fig. 29) sind im Bereich der 1387 erstmals erwähnten Ratsküche zu suchen und reichen in die
erste Hälfte des 13. Jh. zurück2. Durch zufällig erhalten gebliebene Rechnungsbelege wird für die Jahre 1328-1340
südlich des ältesten Rathauses der Neubau eines Ratssaales, der mit der erhaltenen Gerichtslaube identifiziert werden
kann, sowie eines Ratskellers urkundlich bezeugt3. Diesem Rathauskomplex wurde damals außerdem im Winkel
hierzu östlich das sogenannte Gewandhaus vorgelegt. Es greift in den Baubestand des zu diesem Zeitpunkt bereits
verlegten Spitals zum Hl. Geist ein, läßt die zugehörige Kapelle jedoch als Ratskapelle bestehen und bezieht sie
in den neugeschaffenen Rathauskomplex ein4. Obwohl die Ostfront des hochgotischen Ratssaales, der Ratsdörnse,
wie U. Boeck ihn auf Grund seiner ursprünglichen Warmluftheizung zu benennen vorschlug, als Schauwand (Taf. XI b)
ausgebildet ist, fehlte diesem um 1340 vollendeten Ensemble eine repräsentative Fassade zum Neumarkt hin. Nach
der Mitte des 14. Jh. dürfte dem Gewandhaus eine solche vorgelegt worden sein; ihr Aussehen läßt sich — zumindest
in großen Zügen — aus einem um 1605 von Daniel Frese (?) gezeichneten Umbauentwurf noch rekonstruieren5.
Zwischen 1402 und 1414 ist — gleichzeitig mit der Neuerrichtung der Laube — die Ratskapelle um zwei Fensterachsen
nach Westen erweitert worden6. Noch zum Baubestand des 14. Jh. gehören das weitgehend im Neubau von 1607
aufgegangene Richthaus an der Nordostecke sowie die westlich an den ältesten Rathausteil anschließende, möglicher-
weise bereits durch den Anbau des Kämmereiflügels veränderte, durch den Einbau des Neuen Rathauses von 1567

2 Zu der trotz der grundlegenden Vorarbeiten von F. Krüger und
W. Reinecke im einzelnen noch keineswegs geklärten Baugeschichte
vgl. zuletzt U. Boeck, Das Lüneburger Rathaus, in: Niederdeutsche
Beiträge zur Kunstgeschichte 8, 1969, S. 41—60, der die gesamte ältere
Literatur nach weist und auf die 1955 entstandene, ungedruckte Arbeit
von H. Mathies, Die bauliche Entwicklung des Rathauses zu Lüneburg
(Ms. mit 7 Zeichnungen im Stadtarchiv Lüneburg) aufmerksam gemacht
hat.
3 Zu den erstmals von W. Reinecke, in: Lüneburger Museumsblätter
6, 1909, S. 159—182, und ebenda, 12, 1928, S. 311—337, veröffentlichten

Rechnungen vgl. neuerdings G. Winter, Die ältesten Lüneburger Käm-
mereirechnungen, in: Lüneburger Blätter 2, 1951, S. 5—12.
4 Diese Klärung gegenüber der älteren Literatur verdanken wir U.
Boeck (s. Anm. 2), 1969, S. 44f., 48, Abb. 5 (mit isometrischer Rekon-
struktion des Zustandes um 1340).
5 Die im Museum für das Fürstentum Lüneburg befindliche farbig ge-
faßte Zeichnung ist abgebildet bei G. Körner, Museum für das Fürsten-
tum Lüneburg (Kulturgeschichtliche Museen in Deutschland VII), Ham-
burg 1965, S. 80, die Nachzeichnung von A.L. Gebhardi (Collectanea
II, zwischen S. 201 und 202) bei U. Boeck (s. Anm. 2), 1969, S. 47.
 
Annotationen