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Becksmann, Rüdiger; Korn, Ulf-Dietrich
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Lüneburg und den Heideklöstern — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 7,2: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.52868#0366

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ANHANG
VERLORENE GLASMALEREIEN

Bearbeitet von FRITZ HERZ

Im folgenden werden, um den Charakter des Kataloges als Bestandskatalog nicht zu verunklären, die verlorenen
Farbverglasungen zusammengestellt, soweit sie auf Grund der in den Regesten verzeichneten Quellenbelege mit
bestimmten Standorten verbunden werden können.

EHEMALS LÜNEBURG ■ PFARRKIRCHE ST. JOHANN
Bibliographie: H.W.H. Mithoff, 1877, S. 144 (vermerkt für 1748
die Beseitigung der noch vorhandenen Glasmalereireste, einen
Hl. Christoph und ein 1605 geschaffenes Lüneburger Stadtwap-
pen ausgenommen); J. Michler, Backsteinhallenkirchen, 1967,
S. 71 (erwähnt ohne nähere Einzelheiten Glasmalereien »aus dem
15. bis 17. Jh.«, die in den Jahren 1746 bis 1750 beseitigt wur-
den).
Die älteste derzeit bekannte Nachricht, die sich auf Verglasungs-
maßnahmen bezieht, stammt aus dem Beginn des 15. Jh., einer
Zeit, in der nach dem Brand von 1406 der Lüneburger Rat
durch die Übernahme des Patronats auch für den Kirchenbau
verantwortlich war1. Für die Zeit um 1410 werden, ohne Nen-
nung eines Auftraggebers oder Ausführenden, Arbeiten an nicht
näher lokalisierbaren Fenstern überliefert, die Kosten von neun-
undvierzig Mark und sechs Schilling verursachten (s. Reg.
Nr. 30).
Mit Hans van Rethem2, der 1430 im Verzeichnis der steuer-
pflichtigen Bürger genannt wird, ist erstmals in Verbindung mit
St. Johann von einem Glasmaler die Rede, obgleich unklar
bleibt, in welcher Eigenschaft er tätig war.
In der Folgezeit tritt eindeutig die Stadt Lüneburg als Auftragge-
ber in den Vordergrund, da alle weiteren, auf Verglasungen be-
züglichen schriftlichen Hinweise bis in die zwanziger Jahre des
16. Jh. in den städtischen Kämmereirechnungen verzeichnet
sind.
1458 erhielt Hinrik Grbnow fünfzehn Mark für ein vom Rat
gestiftetes Fenster3; die für diese Scheiben benötigten Stifte und
Windeisen kosteten fünf Mark und vier Schilling (s. Reg.
Nr. 31). Im folgenden Jahr bezahlte die Stadtkämmerei für wei-
tere Ratsstiftungen einunddreißig Mark (s. Reg. Nr. 31). Die
Anfertigung einer lucht4 durch Peter Foyleke kann zeitlich nicht
mehr genau bestimmt werden; nur die Einordnung zwischen
1480 und 1507 ist sicher5. Mit sechsundzwanzig Schilling ent-
lohnte die Lüneburger Kämmerei 1516 die Anfertigung und Re-
staurierung6 von Glasfenstern (s. Reg. Nr. 31).
Unter den Aufwendungen für Baumaßnahmen in St. Johann,
die 15 20 im städtischen Rechnungsbuch verzeichnet wurden, er-
scheint auch ein Betrag von sechsundvierzigeinhalb Mark, die
der Glasmaler Cord Scroder für die Verglasung dreier zweibahni-
ger, elfzeiliger Fenster über dem Veitsaltar7 mit Glasgemälden

und Rautenfeldern erhielt8, nachdem er acht Mark und vier
Schilling ausgegeben hatte, um zweiundfünfzig an diesem Ort
verglast gewesene olde Felder zu erwerben9.
Während für diese Scheiben bisher keine Einzelheiten bekannt
geworden sind, enthält die Chronik von J.N. Dithmer und J.P.
Nörlinger10 zum Jahre 1746 einige Angaben zur Ikonographie
der neuen Farbverglasung (s. Reg. Nr. 33). Diese zeigte in Chor
süd IV, V und VI jeweils in 1 a das Wappen des Herzogtums
sowie in 1 b dasjenige der Stadt Lüneburg, darüber in 2 und
3 Darstellungen aus dem Leben Johannes des Täufers, des Kir-
chen- und mit dem Hl. Georg und der Hl. Ursula Stadtpatrons:
Predigt, Taufe Christi und Enthauptung. Die Zeilen 4 bis 11
waren mit Rautenfeldern geschlossen. Die für süd V überlieferte

1 Zur Baugeschichte vgl. zuletzt J. Michler (s. Bibi.), 1967, S. 23-93,
zur Frage des Patronats W. Reinecke, 1933,1, S. i7of.
2 Hans von Rethen XXVIII ß dedit op de vinster to sunte Johannse (Lüneburg,
Stadtarchiv, AB 73 I, fol. 160). Vgl. M. Mollenhauer,Urkundenkata-
log, S. 104, 228.
3 Die Städtische Kämmereirechnung verzeichnet zu 1458: Item XV mr
Hinrik Grammen vppe dat vinster to sunte Johansen (Lüneburg, Stadtarchiv,
AB 56 I, fol. 199). Vgl. M. Mollenhauer, Urkundenkatalog, S. 70.
4 Niederdeutsches Wort für Fenster.
5 Nach M. Mollenhauer, Urkundenkatalog, S. 55, 229, die sich auf
die im Lüneburger Stadtarchiv aufbewahrten Aufzeichnungen von W.
Reinecke stützt.
6 maken und lappen sind die hierfür in der Quelle benutzten Begriffe.
7 Zu diesem Altar auf dem Ratschor vgl. G. Matthaei, Die Vikariestif-
tungen der Lüneburger Stadtkirchen im Mittelalter und im Zeitalter
der Reformation, Göttingen 1928, S. 196 f. sowie J. Michler Backstein-
hallenkirchen, 1967, S. 83, 225 (Standortverzeichnis der Altäre).
8 Die Eintragung lautet: Item XLVI 1/2 mr Cordt Schrodere vor III
lucht fenstere tho sunte Johanse vp des rades kor bauen sunte Vitus altar vor
de gemalden taffell XX ß vnd vor de rutentafel VIII ß (Lüneburg, Stadtar-
chiv, AB 56 III, S. 308). Vgl. M. Mollenhauer, Urkundenkatalog,
S. 129, 229.
9 Vgl. hierzu die Notiz im städtischen Kämmereiregister: Item III mr
III ß entfangen van Cordt Schrodere dem gläserner ter vor L II olde taffelenn
de stunden to Sunte Johanse vp des rades kor bauen dem altare Viti (Lüneburg,
Stadtarchiv, AB 56 III, S. 331). Vgl. hierzu M. Mollenhauer, Urkun-
denkatalog, S. 129, 229.
10 Zu dieser Chronik vgl. W. Reinecke, Die Chroniken der niedersächsi-
schen Städte, Lüneburg (Die Chroniken der deutschen Städte vom 14.
bis 16. Jh. 36), Stuttgart 1931, S. XX.
 
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