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Becksmann, Rüdiger; Korn, Ulf-Dietrich
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Lüneburg und den Heideklöstern — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 7,2: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.52868#0216

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VERLORENE FARBVERGLASUNGEN

127

za HELM UND HELMZIER ZU EINEM WAPPEN DES
HERZOGTUMS BRAUNSCHWEIG Fig. 43, Abb. 124
Scheibenfragment. H. 64 cm, B. 46,5 cm.
Möglicherweise zu dem Wappenfragment in 1 a gehörig.
Erhaltung: Das weitgehend aus seinem ursprünglichen bildlichen
Zusammenhang herausgelöste Oberwappen enthält fünf kleine
Flickstücke — Reste von roten, blauen und gelben Gewändern.
Sie sind einer figürlichen Farbverglasung der gleichen Zeit ent-
nommen, zu der die Wappen gehört haben könnten.
Ikonographie, Farbigkeit: Uber einem weißen Stechhelm mit sil-
bergelben Kanten und Nieten liegt eine außen blaue (mit Silber-
gelb gelegentlich grün abgetönte), innen rote Helmdecke aus
stilisiertem Laubwerk; darüber eine goldene Krone, aus der ein
roter, mit einem gelben Pfauenstutz bekrönter Schaft hervor-
wächst, davor ein springendes weißes Pferd. Zu Seiten des Schaf-
tes weißes, gelegentlich mit Silbergelb abgetöntes Ast- und
Laubwerk. Grund vermutlich rosaviolett.
Stil, Datierung: Um 1500/10.
CVMA B 1324

zb HELM UND HELMZIER ZU EINEM WAPPEN DES
HERZOGTUMS LÜNEBURG Fig. 43, Abb. 125
Scheibenfragment. H. 68 cm, B. 51 cm.
Möglicherweise zu dem Wappenfragment in 1 b gehörig.
Erhaltung: Das im Gegensatz zu dem Pendant in za ganz aus
seinem ursprünglichen Zusammenhang herausgelöste Oberwap-
pen weist nur drei alte Flickstücke und eine Fehlstelle auf. Von
dem leichten Punktfraß auf der Außenseite der blauen Gläser
abgesehen in gutem Zustand.
Ikonographie, Farbigkeit: Über einem weißen Stechhelm mit sil-
bergelben Kanten und Nieten liegt eine 2 a entsprechende Helm-
decke; darüber wachsen aus einer goldenen Krone zwei silber-
gelbe, mit Pfauenfedern besetzte und bekrönte Sicheln hervor,
die eine silbergelbe Blüte zwischen weißen Blättern umschließen.
Stil, Datierung: Um 1500/10.
CVMA B 1323

4. VERLORENE FARBVERGLASUNGEN
Bibliographie: J. Taube, Beiträge zur Naturkunde des Herzogtums Lüneburg II, Celle 1769, S. 162 (erwähnt noch
figürliche Farbverglasungen in den Fenstern des Fürstensaales); W.F. Volger, Zusätze und Berichtigungen zu J.W.
Albers, 1843, in: Die Alterthümer der Stadt Lüneburg und des Klosters Lüne, Lüneburg 1856, S. 8f. (führt noch
Reste eines Sibyllenzyklus in der Sodmeister-Körkammer auf); H.W.H. Mithoff, 1877, S. 187, 189 (nennt unter
Berufung auf Gebhardi ehemals im Fürstensaal und in der Körkammer der Sodmeister befindliche Farbverglasungen);
F. Krüger/W. Reinecke, Kdm. Lüneburg, 1906, S. 203 (beziehen die Lieferung von »14 Tafeln mit Schilden«
durch Hinrik Gronow im Jahre 1460 auf den Fürstensaal); W. Reinecke, 1925, S. 121 (erwähnt von den verlorenen
Farbverglasungen nur die von Hinrik Gronow und Hans Grassow 1460—1484 für den Fürstensaal, das lange huß
und die neue Ratsschreiberei gelieferten).

In den seit 1443 lückenlos erhaltenen Kämmereirechnungen werden — meist ohne nähere Angaben — immer wieder
glaßevinster oder vinster erwähnt, die in das Rathaus geliefert oder dort vorhanden waren und ausgebessert werden
mußten; in den wenigsten Fällen lassen sich jedoch die Räume, auf die sich die Angaben beziehen, eindeutig identifizie-
ren, die Art dieser Verglasungen und das auf ihnen Dargestellte näher kennzeichnen132. Allein dank der aus dem
späten 18. Jh. erhaltenen Aufzeichnungen, vornehmlich derjenigen L.A. Gebhardis (s. Reg. Nr. 26), ist es möglich,
von einigen der einst vorhandenen und im späten 18. oder frühen 19. Jh. bis auf einige Wappenscheiben aus dem
Fürstensaal (s. S. 105) und ein Fragmentfeld aus der Sodmeister-Körkammer (s. Anhang S. 130) verlorengegangenen
Farbverglasungen noch eine genauere Anschauung zu vermitteln. In beiden Fällen handelt es sich bezeichnenderweise
um Farbverglasungen von heute nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form erhaltenen Räumen des zwischen 1478
und 1481 neu errichteten Kämmereiflügels: um die Neue Schreiberei und die Sodmeister-Körkammer. Bevor hierauf
ausführlicher eingegangen werden kann, sollen jedoch die für ältere Bauteile überlieferten Färb Verglasungen kurz
zusammengestellt werden.

132 M. Mollenhauer, Urkundenkatalog, S. 252—261, hat die mühevolle
Arbeit auf sich genommen, das im Lüneburger Stadtarchiv erhaltene
Urkundenmaterial unter diesen Gesichtspunkten durchzusehen und aus-
zuwerten. Auf ihre Vorarbeiten stützt sich denn auch im wesentlichen
unsere Darstellung. Die verlorenen Bauregister, aber auch die Rech-

nungsbücher der Sodmeister hätten sicher weitere Hinweise geben kön-
nen. Nicht auszuschließen ist auch, daß bisher nicht ausgewertete Quel-
len der lüneburgischen Klöster neue Aufschlüsse liefern oder zur Klä-
rung offener Fragen beitragen können.
 
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