ISENHAGEN • EHEMALIGES ZISTERZIENSERINNENKLOSTER
Das Jungkfrawen Closter im Fiirstenthum Lüneburgk,, Nien Isenhagen jetgo genanndt, ist an einem feinen lustigen Ohrte int
Osten gelegen, unnd mit Holzung, gutem Acker, Wischen unnd Fischteichen, unnd anderen Wassern reichlich begäbetJ Unzweifelhaft
läßt diese kurze Charakterisierung auf ein Zisterzienserinnenkloster schließen, das 1345 mit Bewilligung des Bischofs
von Hildesheim an dieser abgelegenen, für Zisterziensergründungen typischen Stelle nördlich von Hankensbüttel
am Ostrand der Lüneburger Heide errichtet worden war1 2. Wegen der Pestjahre 1349/50 blieb der Bau vermutlich
unvollendet; Kirche und Kreuzgang erhielten die geplanten Gewölbe nicht. Auf die Pest folgten die unruhigen
Jahre des lüneburgischen Erbfolgekrieges von 1369—1388, in denen das Kloster wesentliche Einkünfte verlor, so
daß es 1385 die benachbarten Bischöfe, Geistlichen, Ritter und Städte um Almosen bitten mußte. Nach einer Phase
wirtschaftlicher Erholung zwang der »Prälatenkrieg« (1445—1462) erneut zu Einschränkungen. Vermutlich 1448 wurde
der Klosterbau von einem Feuer heimgesucht3. Nachdem im Laufe des 15. Jh. auch in Isenhagen die Klosterzucht
in Verfall geraten war, gelang es der Herzogin Anna von Nassau-Dietz, der Mutter Herzog Heinrichs des Mittleren
von Braunschweig-Lüneburg, die Nonnen zur strengen Beachtung der Ordensregeln des Hl. Benedikt zurückzuführen.
Heinrichs Schwager, der Administrator des Erzbistums Magdeburg und Bischof von Halberstadt, Ernst II. von
Sachsen (1476/79—1513), bestimmte 1488 Barbara Antoni (f 1510) aus Kloster Marienstuhl bei Egeln zur Abtissin
in Isenhagen. Sie führte durch frommes Vorbild und strenges Regiment die Reform der vita regularis durch. Um
1518 versuchte Propst Friedrich Burdian (1511—1529), den unfertig liegengebliebenen Klosterbau zu vollenden; damals
wurde der östliche Kreuzgangflügel gewölbt.
Die Reformation konnte in Isenhagen nur allmählich durchgeführt werden, obwohl Herzog Ernst der Bekenner
bereits 15 29 den Propst abgesetzt und die Klostergüter eingezogen hatte. Trotz mehrfacher Interventionen — 1535
war er mit seinen wichtigsten Räten und Theologen, darunter auch Urbanus Rhegius, nach Isenhagen gekommen
— hatte er hierbei nur geringen Erfolg. Erst 1540, als mit Judita von Bülow (f 1580) die erste lutherische Domina
an die Stelle der nach Halberstadt geflohenen Margarete von Boldensen trat, konnte die Reformation als vollendet
gelten: Das Kloster war in ein adliges Damenstift unter Führung einer Domina, der man im späten 17. Jh. wieder
den Titel einer Äbtissin zuerkannte, umgewandelt4.
1721 brannte ein Teil der Klausurgebäude ab; 1723—1726 ließ die Äbtissin Eleonore Christine von Habighorst (1721—
1737) West- und Südflügel der Klausur sowie die anstoßenden Teile des Nord- und Ostflügels bis zum Kapitelsaal
als schlichte Fachwerkbauten neu errichten. Bereits 1595 hatte die Domina Ursula von Badendorf (15 80—1618) außerhalb
der Klausur vor der Nordwestecke der Kirche ein stattliches Gästehaus aus Fachwerk erbauen lassen.
Wie in den anderen lüneburgischen Klöstern haben sich auch in Isenhagen bedeutende Teile der mittelalterlichen
Ausstattung erhalten, nicht nur Altarschreine und Andachtsbilder, sondern auch Decken, Möbel und Geräte, darunter
als besondere Seltenheit der Mitte des 13. Jh. zum Chorpult umgearbeitete ehemalige Stuhl der Herzogin Agnes
von Meißen5.
1 Vgl. H. Appuhn, Isenhagen, 1966, S. 9 (nach Heinrich Eggelings unge-
druckter Chronik des Klosters Isenhagen von 1595, überliefert von L. A.
Gebhardi, Collectanea XIII; Hannover, Niedersächsische Landesbiblio-
thek, Handschriftenabteilung Ms XXIII, 853).
2 Wie Kloster Wienhausen (s. S. 203 f.) gehörte auch Isenhagen offen-
sichtlich zu jenen Frauenklöstern des Zisterzienserordens, die vom Gene-
ralkapitel nicht anerkannt waren, jedoch geduldet wurden. Da das Klo-
ster zunächst von Agnes von Meißen, der Klosterstifterin von Wien-
hausen, 1243 in der Nähe des Dorfes Alt-Isenhagen als Männerkloster
gegründet und mit Mönchen aus Riddagshausen besetzt worden war,
nahm der Abt von Riddagshausen weiterhin seine Visitationsrechte wahr,
obwohl das nun mit Nonnen besetzte Kloster dem Bischof von Hildes-
heim unterstand. Vgl. hierzu H.W. H. Mithoff, 1877, S. 103 ff., und
H. Appuhn, Isenhagen, 1966, S. 11-34.
3 Aus den Baubefunden geht jedenfalls eindeutig hervor, daß dieser
Brand in die Zeit vor 1518 gehört. Vielleicht ist die urkundliche Nach-
richt von 1448, nach der das Kloster 20 Mark aus einer testamentarischen
Zuwendung für die Dachdeckung des Dormitoriums (unse slaphus mede
decken) verwendete, hierauf zu beziehen. Vgl. H.W.H. Mithoff, 1877,
S. 104, Anm. 4 (nach Isenhagener Urkundenbuch Nr. 460).
4 Vgl. hierzu D. Brosius, Die lüneburgischen Klöster in der Reforma-
tion, in: Reformation vor 450 Jahren, Lüneburg 1980, S. 95—111, beson-
ders S. 103 und 108 f.
5 Eine gute Übersicht mit zahlreichen Abbildungen und weiterführenden
Literaturhinweisen bietet hierzu H. Appuhn, Isenhagen, 1966, S. 34—75.
Das Jungkfrawen Closter im Fiirstenthum Lüneburgk,, Nien Isenhagen jetgo genanndt, ist an einem feinen lustigen Ohrte int
Osten gelegen, unnd mit Holzung, gutem Acker, Wischen unnd Fischteichen, unnd anderen Wassern reichlich begäbetJ Unzweifelhaft
läßt diese kurze Charakterisierung auf ein Zisterzienserinnenkloster schließen, das 1345 mit Bewilligung des Bischofs
von Hildesheim an dieser abgelegenen, für Zisterziensergründungen typischen Stelle nördlich von Hankensbüttel
am Ostrand der Lüneburger Heide errichtet worden war1 2. Wegen der Pestjahre 1349/50 blieb der Bau vermutlich
unvollendet; Kirche und Kreuzgang erhielten die geplanten Gewölbe nicht. Auf die Pest folgten die unruhigen
Jahre des lüneburgischen Erbfolgekrieges von 1369—1388, in denen das Kloster wesentliche Einkünfte verlor, so
daß es 1385 die benachbarten Bischöfe, Geistlichen, Ritter und Städte um Almosen bitten mußte. Nach einer Phase
wirtschaftlicher Erholung zwang der »Prälatenkrieg« (1445—1462) erneut zu Einschränkungen. Vermutlich 1448 wurde
der Klosterbau von einem Feuer heimgesucht3. Nachdem im Laufe des 15. Jh. auch in Isenhagen die Klosterzucht
in Verfall geraten war, gelang es der Herzogin Anna von Nassau-Dietz, der Mutter Herzog Heinrichs des Mittleren
von Braunschweig-Lüneburg, die Nonnen zur strengen Beachtung der Ordensregeln des Hl. Benedikt zurückzuführen.
Heinrichs Schwager, der Administrator des Erzbistums Magdeburg und Bischof von Halberstadt, Ernst II. von
Sachsen (1476/79—1513), bestimmte 1488 Barbara Antoni (f 1510) aus Kloster Marienstuhl bei Egeln zur Abtissin
in Isenhagen. Sie führte durch frommes Vorbild und strenges Regiment die Reform der vita regularis durch. Um
1518 versuchte Propst Friedrich Burdian (1511—1529), den unfertig liegengebliebenen Klosterbau zu vollenden; damals
wurde der östliche Kreuzgangflügel gewölbt.
Die Reformation konnte in Isenhagen nur allmählich durchgeführt werden, obwohl Herzog Ernst der Bekenner
bereits 15 29 den Propst abgesetzt und die Klostergüter eingezogen hatte. Trotz mehrfacher Interventionen — 1535
war er mit seinen wichtigsten Räten und Theologen, darunter auch Urbanus Rhegius, nach Isenhagen gekommen
— hatte er hierbei nur geringen Erfolg. Erst 1540, als mit Judita von Bülow (f 1580) die erste lutherische Domina
an die Stelle der nach Halberstadt geflohenen Margarete von Boldensen trat, konnte die Reformation als vollendet
gelten: Das Kloster war in ein adliges Damenstift unter Führung einer Domina, der man im späten 17. Jh. wieder
den Titel einer Äbtissin zuerkannte, umgewandelt4.
1721 brannte ein Teil der Klausurgebäude ab; 1723—1726 ließ die Äbtissin Eleonore Christine von Habighorst (1721—
1737) West- und Südflügel der Klausur sowie die anstoßenden Teile des Nord- und Ostflügels bis zum Kapitelsaal
als schlichte Fachwerkbauten neu errichten. Bereits 1595 hatte die Domina Ursula von Badendorf (15 80—1618) außerhalb
der Klausur vor der Nordwestecke der Kirche ein stattliches Gästehaus aus Fachwerk erbauen lassen.
Wie in den anderen lüneburgischen Klöstern haben sich auch in Isenhagen bedeutende Teile der mittelalterlichen
Ausstattung erhalten, nicht nur Altarschreine und Andachtsbilder, sondern auch Decken, Möbel und Geräte, darunter
als besondere Seltenheit der Mitte des 13. Jh. zum Chorpult umgearbeitete ehemalige Stuhl der Herzogin Agnes
von Meißen5.
1 Vgl. H. Appuhn, Isenhagen, 1966, S. 9 (nach Heinrich Eggelings unge-
druckter Chronik des Klosters Isenhagen von 1595, überliefert von L. A.
Gebhardi, Collectanea XIII; Hannover, Niedersächsische Landesbiblio-
thek, Handschriftenabteilung Ms XXIII, 853).
2 Wie Kloster Wienhausen (s. S. 203 f.) gehörte auch Isenhagen offen-
sichtlich zu jenen Frauenklöstern des Zisterzienserordens, die vom Gene-
ralkapitel nicht anerkannt waren, jedoch geduldet wurden. Da das Klo-
ster zunächst von Agnes von Meißen, der Klosterstifterin von Wien-
hausen, 1243 in der Nähe des Dorfes Alt-Isenhagen als Männerkloster
gegründet und mit Mönchen aus Riddagshausen besetzt worden war,
nahm der Abt von Riddagshausen weiterhin seine Visitationsrechte wahr,
obwohl das nun mit Nonnen besetzte Kloster dem Bischof von Hildes-
heim unterstand. Vgl. hierzu H.W. H. Mithoff, 1877, S. 103 ff., und
H. Appuhn, Isenhagen, 1966, S. 11-34.
3 Aus den Baubefunden geht jedenfalls eindeutig hervor, daß dieser
Brand in die Zeit vor 1518 gehört. Vielleicht ist die urkundliche Nach-
richt von 1448, nach der das Kloster 20 Mark aus einer testamentarischen
Zuwendung für die Dachdeckung des Dormitoriums (unse slaphus mede
decken) verwendete, hierauf zu beziehen. Vgl. H.W.H. Mithoff, 1877,
S. 104, Anm. 4 (nach Isenhagener Urkundenbuch Nr. 460).
4 Vgl. hierzu D. Brosius, Die lüneburgischen Klöster in der Reforma-
tion, in: Reformation vor 450 Jahren, Lüneburg 1980, S. 95—111, beson-
ders S. 103 und 108 f.
5 Eine gute Übersicht mit zahlreichen Abbildungen und weiterführenden
Literaturhinweisen bietet hierzu H. Appuhn, Isenhagen, 1966, S. 34—75.