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Becksmann, Rüdiger; Korn, Ulf-Dietrich
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Lüneburg und den Heideklöstern — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 7,2: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.52868#0247

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152

LÜNEBURG • KLOSTER LÜNE

2. DIE GLASMALEREIEN DES FRÜHEN 16. JAHRHUNDERTS IM WEST- UND
OSTFLÜGEL DES KREUZGANGS
Die sechs zweibahnigen Fenster des Westflügels sind jeweils in drei Zeilen unterteilt und zeigen über ungenasten
Lanzetten ein trapezförmiges Zwickelfeld mit ein- und ausgebogenen Seiten.
Fenster west I—VI enthalten — mit Ausnahme von west III, 1/2a (s. Anhang S. 165) — in den beiden unteren Zeilen
jeder Bahn Dreiviertelfiguren von männlichen und weiblichen Heiligen gegen blanken Rautengrund, der noch vereinzelt
mittelalterliche Gläser enthält. Die Blankverglasung der Kopfscheiben wie der Zwickel wurde dagegen 1960/61 voll-
ständig erneuert.
Lichtes Gesamtmaß: H. ca. 1,95 m, B. ca. 1,25 m. Lanzetten: H. ca. 1,60 m, B. 0,54 m. Durchschnittliche Maße
der Rechteckfelder: H. 50 cm, B. 54 cm.
Von den fünf Fenstern des Ostflügels ist Fenster ost I ein großer Oculus, die vier folgenden sind zweibahnig mit
einfachen ungenasten Lanzetten, unterteilt in drei Zeilen; darüber steht ein kleiner Oculus, begleitet von spitz ausgezo-
genen Zwickelfeldern und einem kleinen, dreispitzigen Zwickel über dem Mittelpfosten.
Fenster ost I und II enthalten heute nur noch Reste von Glasgemälden des späten 16. und frühen 17. Jh.; Fenster
ost III zeigt in drei Feldern fragmentierte Figurenscheiben der Zeit um 15 20 und den erneuerten Rest einer Wappen-
scheibe des frühen 15. Jh. Das gleiche Wappen findet sich nochmals im Oculus des Fensters ost IV, das im übrigen
nach 1945 blank verglast wurde. Von den Glasgemälden des Fensters ost V ist nur noch eine Figur in za/b erhalten.
Lichtes Gesamtmaß: H. ca. 2,25 m, B. ca. 1,55 m. Lanzetten: H. ca. 1,62 m, B. 0,71 m. Durchschnittliche Maße
der Rechteckfelder: H. 55—57 cm, B. 71 cm.
Erhaltung: Die 1764 nach Gebhardis Beschreibung (s. Reg. Nr. 55, S. 396ff.) anscheinend noch recht vollständig
erhaltene Verglasung erlitt bis zur Mitte des 19. Jh. schwere Einbußen. Der erhaltene Restbestand wurde 1850/51
von H. Horn aus Rostock sorgfältig und mit dem Bemühen um stilistische und farbliche Angleichung restauriert,
ergänzt und neu geordnet. Hierzu wurden auch einzelne Scheiben bzw. Figuren aus den Westfenstern des Remters
zur Auffüllung von Lücken herangezogen. Zwischen den Bestandsaufnahmen von H.W. H. Mithoff (1877) und
F. Krüger (um 1920 bzw. 1923) sind anscheinend keine weiteren Verluste eingetreten. Der Brückensprengung am
18. April 1945 fiel die Verglasung der Remterfenster bis auf geringe Reste zum Opfer; größere Einbußen erlitt
auch der Scheibenbestand des Ostflügels, beträchtliche Beschädigungen derjenige des Westflügels. 1960/61 wurde
er von H. Mühlenbein, Hannover, mehr notdürftig als befriedigend repariert und komplettiert. Die wünschenswerte
Verbesserung des derzeitigen Zustandes unter Einbeziehung des Scherbenbestandes und die Sicherung der Glasmale-
reien durch eine Schutzverglasung stehen noch aus.
Die Gläser des frühen 16. Jh. zeichnen sich in der Regel durch große Härte und eine entsprechende Resistenz gegen
Verwitterung aus — mit Ausnahme der gold- bis ockergelben, der purpurvioletten, teilweise auch der rosavioletten
Gläser, die außenseitig mehr oder minder starken Punktfraß oder flächigen Wettersteinansatz zeigen. Die Verarbeitung
ist in den alten Teilen handwerklich sehr solide: Die Braunlotbemalung weist weder in den Konturen noch in
den gestupften Lasuren nennenswerte Schäden auf; in größeren Partien ist hier auch die rückseitige Modellierung
und Brokatmusterung gut bis vorzüglich erhalten. Die von Horn 1850/51 bzw. von Mühlenbein 1960/61 ergänzten
Teile setzen sich sowohl durch die verwendeten Gläser als auch durch die Art ihrer Bemalung deutlich von den
mittelalterlichen ab. Die Verbleiung ist vollständig erneuert.
Rekonstruktion, ikonographisches Programm: Zahl und Darstellung der überlieferten bzw. erhaltenen Scheiben
könnten zunächst vermuten lassen, daß es sich bei den Figurenreihen in den Fenstern des Ost- und Westflügels
des Kreuzgangs und in den Westfenstern des Remters um einen Apostelzyklus handelte, der um die Madonna und
andere Heilige (Anna Selbdritt, Katharina, Martin, Eustachius, Benedikt, Antonius, Mauritius) erweitert war. Das
doppelte Auftreten des Apostels Bartholomäus (Reste in ost III, 1 b und west IV, 1 /z a) ließe sich dabei noch durch
seine besondere Verehrung als Klosterpatron von Lüne erklären. Die nicht belegten Darstellungen von Matthäus
 
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