Metadaten

Becksmann, Rüdiger; Korn, Ulf-Dietrich
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Lüneburg und den Heideklöstern — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 7,2: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 1992

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52868#0289

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
i88

RAMELSLOH • STIFTSKIRCHE

Fig. 70. ES Chor s II, 3-5 b/c



Farbigkeit: Der kniende König hat einen auffallend gelbtonigen
Kopf; seine Hand zeigt dagegen eine hellrosa violette Tönung.
Über rotvioletten Beinlingen trägt er ein steingrünes Ärmelwams
mit Kragen, darüber einen seitlich geschlitzten blauen Mantel
mit weißem Futter. Krone und Kelch dunkelgelb. Der zweite
König ist über grünem Untergewand mit einem langen roten
Mantel bekleidet, der vorn geknöpft ist; Gürtel dunkelgelb. Hut
und Tuch weiß, Krone und Deckelgefäß goldgelb. Kopf und
Hände hellrosaviolett. Der jüngste König zeigt als Mohr eine
gelbbraune Inkarnattönung. Über einem langärmeligen roten
Hemd mit Kragen und roten Hosen trägt er ein blaues Wams
mit grünem (silbergelbem) Saumbesatz. Gürtel und Stulpenstie-
fel dunkelgelb, Sporen weiß. Ziborium und Schwertgriff mit
Parierstange goldgelb, Schwertscheide rot. Von seinen Begleitern
trägt der linke einen langen rotvioletten Mantel über grünem,
nur am Kragen sichtbaren Gewand, dazu blaue Schuhe, der
rechte einen langen, seitlich geschlitzten weißen Rock mit silber-
gelben Perlsäumen, darüber einen skapulierartigen Überwurf mit
Kapuze in blaßgelbgrüner Farbe, unter dem der dunkelgrüne
Kragen des Untergewandes sichtbar wird; Schuhe schwarz. Das

Inkarnat der drei Begleiter wechselt von hellem Rosaviolett zu
einem leicht gräulichen Ton mit rotbraun schattierten Haaren.
Wie sich die linke Figurengruppe mit Maria und Joseph ur-
sprünglich in diese komplexe Farbkomposition eingefügt hat,
ist ungewiß. Ihr Mantel jedenfalls dürfte weiß gewesen sein und
den Bogen über das Tuch des zweiten Königs zum Rock des
ganz rechts stehenden Begleiters geschlagen haben.
Der Boden zeigt in wechselnder Dichte ein blasses bis mittleres
Schilfgrün; Balkenwerk des Stalls dunkelgelb, Rankengrund rot.
Technik: An der Schwertscheide des Mohrenkönigs Rotausschliff.
Bemerkenswert ist außerdem die geschickte Ausnutzung des
Farbverlaufs der roten, rotvioletten, blauen und gelbbraunen
Glastafeln für die Modellierung in den Gewandpartien und den
Stulpenstiefeln des Mohrenkönigs.
CVMA B 1309, 1311, 1314, Details B 1315 f.
6-8 a-c, 9 b STALLDACH MIT DAHINTER
AUFRAGENDER ARCHITEKTURBEKRÖNUNG
Fig. 71, Abb. 19z
Erhaltung: In Zeile 6 ist nicht nur das Dach des Stalls in allen
Einzelheiten durch alten Bestand gesichert, sondern auch der
Stern in der linken und der Hahn in der rechten oberen Ecke64.
Dies gilt nicht für die dahinter aufragenden Stützen der 1888/89
frei erfundenen Architekturbekrönung in den Zeilen 7—9.
Komposition: Grund- und Aufrißgestalt der als Bildkulisse ver-
wendeten, nach dem Prinzip der Isometrie wiedergegebenen
Stallruine werden erst in der Zone des Daches verständlich. Der
größere und längere Flügel läuft von dem verbretterten Giebel
über Maria und Joseph schräg nach rechts hinten, während der
kleinere Anbau mit dem offenen Giebel über dem Mohrenkönig
über dem zweiten König im rechten Winkel auf den längeren
Flügel stößt. Ein Ständer mit zwei Kopfbändern betont die
Mitte. Der Stall bildet somit ein in die Formen bäuerlicher Holz-
architektur übersetztes Gehäuse, ähnlich demjenigen, das die
Verkündigung aufnimmt bzw. hinterfangt. Das reetgedeckte
Dach ist schadhaft und durchlöchert, so daß über der Mitte
die nackten Sparren und Latten der Dachkonstruktion sichtbar
werden. Wie hiermit ursprünglich eine Fenster nord II entspre-
chende Architekturbekrönung verbunden gewesen sein kann,
bleibt offen.
Farbigkeit: Dachbalken und Sparren teils dunkelgelb, teils gold-
gelb (silbergelb). Die Verbretterung des linken Giebels und die
Reetdeckung auf weißem Glas sind bräunlich-grau abgetönt.
Stern weiß, Hahn rot mit gelben Füßen auf gelber Stange vor
blauem Himmel.
CVMA B 1309
Ulf-Dietrich-Korn

64 Ein Hahn auf dem Stalldach erscheint um 1460/70 auch im Anbe-
tungsfenster der Johanniskirche in Werben an der Elbe. Ob er dort
bei der um 1890 ebenfalls vom Charlottenburger Institut durchgeführten
Restaurierung nach dem Ramelsloher Vorbild ergänzt wurde oder auch
dort zum alten Bestand gehört, ist ohne genauere Untersuchung nicht
zu klären. Vgl. hierzu vorläufig E. Drachenberg/K.-J. Maercker/Ch.
Richter, 1979, S. 234-236, Abb. 154.
 
Annotationen