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Becksmann, Rüdiger; Korn, Ulf-Dietrich
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Lüneburg und den Heideklöstern — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 7,2: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.52868#0309

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WIENHAUSEN • KLOSTER

Als im Verlauf des 15. Jh. auch in Wienhausen — unter den Nonnen waren Töchter Lüneburger Patrizier immer
zahlreicher geworden — eine strenge Klosterzucht im Sinne der Devotio moderna durchgesetzt werden sollte, scheiterte
eine Reform immer wieder am Widerstand der aus dem Grafenhause von Hoya stammenden Äbtissin Katharina
(1422-1437, 1440-1469). Erst nach ihrer von Bischof und Landesherr gemeinsam betriebenen Absetzung konnte
1469 unter Prior Johannes Busch von Zwolle die strenge Klosterreform der Windesheimer Kongregation in Wien-
hausen eingeführt werden.
Der nach der Zerschlagung der aristokratischen Klosterherrlichkeit einsetzende wirtschaftliche Niedergang des Klosters
erreichte im frühen 16. Jh. einen ersten Tiefpunkt. Dennoch setzten die Nonnen der Einführung der lutherischen
Lehre erbitterten Widerstand entgegen, der auch nicht gebrochen wurde, als 1531 Herzog Ernst der Bekenner (1521—
15 46) fast alle Kapellen abbrechen und in den folgenden Jahren noch Teile des Kreuzgangs sowie das Kapitelhaus
zerstören ließ. Erst 1562 wurde Wienhausen offiziell in ein evangelisches Damenstift umgewandelt, hielt jedoch
noch bis ins frühe 17. Jh. an vorreformatorischen Bräuchen fest7. Das Kloster und seine Güter kamen unter landesherr-
liche Verwaltung; nach dem Tode Georg Wilhelms, des letzten Herzogs von Lüneburg-Celle (f 1705), ließ die neue
hannoversche Regierung den lüneburgischen Klöstern unter der Oberaufsicht eines Kommissars ihre Selbstverwaltung.
An diesem Rechtsstatus hat sich bis heute im Grunde nichts geändert8.
Bibliographie: Anonymus, Das Kloster Wienhausen bei Zelle, in: Vaterländisches Archiv oder Beiträge zur allseitigen
Kenntniß des Königreichs Hannover 1, 1819, S. 297-299 (erwähnt in der Allerheiligenkapelle »in den zwei kleinen
Fenstern, Bruchstücke einer recht wackeren Glasmahlerei«, in den Kreuzgängen nur Wappenscheiben von Stiftsdamen
und im Nonnenchor nur das Töbing-Fenster); H.W.H. Mithoff, Das Kloster Wienhausen bei Celle, in: Archiv
für Niedersachsens Kunstgeschichte II (1853), 4“7> Taf. IVf. (beschreibt nicht nur die heute noch vorhandenen
Verglasungsreste in den Fenstern der Allerheiligenkapelle und im Nonnenchor, sondern vermerkt auch »noch mehrere
Glasmalereien«, welche sich in den Fenstern der Kreuzgänge befanden und im Kloster verwahrt werden); W. Wacker-
nagel, Die Deutsche Glasmalerei, Leipzig 1855, S. 65 (greift eine von Mithoff zitierte Stelle der Klosterchronik
auf, nach der eine Laienschwester Anfang des 16. Jh. Verglasungen angefertigt haben soll; auf Grund des Kontextes
kann es sich hier jedoch nicht um Farbverglasungen gehandelt haben); H.W.H. Mithoff, 1877, S. 276—280 (zählt
— unter Auswertung der Nekrologangaben — zahlreiche verlorene Fensterstiftungen auf, identifiziert das spätgotische
Fenster im Nonnenchor als gemeinsame Stiftung der Lüneburger Familien Töbing und Snewerding; die übrigen
Bestandsangaben entsprechen 1853); O. Vorlaender, Ein Klostermuseum in der Heide, in: Die Denkmalpflege
4, 1902, S. 112 (Bestandsangaben wesentlich nach Mithoff; erwähnt jedoch die Einsetzung von »Resten alter Glasmale-
reien« in die Fenster des Chorgangs, die 1894/95 erfolgt war); V.C. Habicht, Celle und Wienhausen, Berlin 1930,
5. 5 6 f. (geht erstmals näher auf Ikonographie und Stil der Chorgangscheiben ein, die er — zusammen mit den Scheiben
der Allerheiligenkapelle — Anfang des 14. Jh. datiert und nach Hildesheim lokalisiert); ders., Kunstkreis, 1930,
S. 375, 377Q Abb. 217 (verweist für die Chorgangscheiben auf Gemeinsamkeiten mit den Miniaturen des Codex
Gisle; kennzeichnet das Töbing-Fenster im Nonnenchor als Lüneburger Arbeit um 1490); H. Wentzel, Nordtyska
glasmälningar, 1944, S. 22h, Abb. 13—17 (erste detaillierte Abbildung und eingehende Charakterisierung der hochgoti-
schen Scheiben); ders., Meisterwerke, 2i954, S. 41, 70, 94h, Abb. 125h (weist die Scheiben der Allerheiligenkapelle
noch dem späten 13. Jh. zu, hält die Entstehung der Chorgangscheiben um 1320/30 in Lüneburg wie in Lübeck
für möglich, verbindet das Töbing-Fenster mit einer Gruppe von Lüneburger Glasmalereien); H. Appuhn, Wienhausen,
1955, S. i9f., 49h, Abb. 42—45 (präzisiert die Erhaltungsangaben Wentzels, übernimmt dessen stilgeschichtliche
Beurteilung und erwähnt Scherbenfunde); K. Maier, Kdm. Wienhausen, 1970, S. 103—115, Abb. 95—108, 113 (sorgfäl-
tige Inventarisierung des gesamten Scheibenbestandes mit Literatur- und Quellenangaben); J. Hayward, 1973, S. 100,
103 f., Abb. 11, 18—20 (kennzeichnet die in der Allerheiligenkapelle und im Chorgang befindlichen Glasmalereien
im Rahmen einer Studie über verglaste Zisterzienserkreuzgänge als nicht spezifisch zisterziensische Arbeiten verschiede-

7 Vgl. hierzu D. Brosius, in: Reformation vor 450 Jahren. Eine lünebur-
gische Gedenkschrift, Lüneburg 1980, S. 95-111, besonders S. 101, 110.
Grundlegend: A. Wrede, Die Einführung der Reformation im Lünebur-
gischen durch Herzog Ernst den Bekenner, Göttingen 1887.

8 Seit 1937 nimmt jedoch der Präsident der Klosterkammer Hannover
die Funktionen des Landeskommissars der Lüneburger Klöster wahr.
Vgl. hierzu: Der Allgemeine Hannoversche Klosterfonds und die Klo-
sterkammer Hannover, Hannover 1975, S. 35f., 74—82.
 
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