wuüöchentlich. Verlag und Leitung: Heidel-
Presse gezeigt. Sie haben bewiesen, daß derselben faſt
kein Mittel zu ſchlecht iſt, wenn es nur den Zweck er- |
kreiſe einzuführen. Möge
_ Ausfall der Wahl in Baden zum ſchr großen Teile
_ Anzahl geleſen wird, so wird er auch allgemein auf-
_ Abg. Liebermann v. Sonnenberg.
vor dem Auslande, er iſt augenblicklich in der Ver-
auf die Grenzprovinzen zeigt kein erſreuliches Bild.
[4.2 schritte machen, und von Osten und Südosten her be-
+ die hundertjährige Kulturarbeit der Vorposten des
„Der ,Deutsſche Volksbote" erscheint zweimal
berg, Bahnhofstraße 9. Telegramm-Adreſßse:
Volksbote“" Heidelberg. Anzeigenpreis: Die
5-geſpaltene Petitzeile 10 Pfg.
_MNe 79.
| + Padiſcher Yolksbote. Watt am Rheiu. 2-
Heidelberg, Samſtag den 2. Oktober 189â.
Preis vierteljährlich durch den Briefträger
frei in's Haus gebracht Mk. 1.25, am Poſt-
fgler zfee puts juete 114,08!
holt s0 Pfg. Poſtzeitungsliſte Nr. 192kl2an.
S. Jahrgang.
Jas vierte Piertellalr lat begonnen. |
Unsere Freunde, die das Abonnement auf den
„Deutſchen VWokksboten‘““ noch nicht erneuert haben
sollten, bitten wir, dies umgehend zu thun.
Für Bestellung des Deutſchen Volksboten bei der Poſſt
befindet sich ein Bestellzettel auf der 4. Seite der
heutigen Nummer. :
Die letzten Wochen, in denen in Baden der
Landtags-Wahlkampf herrſcht, haben wieder so recht
deutlich die Verlogenheit der liberalen und demokratischen
füllt, den politischen Gegner perſönlich zu verletzen,
zu beschimpfen, zu verdächtigen. Darum iſt es in der
jetzigen Zeit mehr denn je notwendig, für di e Ver-
breitung unſcrer deutſch-nationaklen und antlti-
ſemitiſchen Yreſſe zu sorgen, damit das gegneriſche
Lügengewebe ſc<nell zerriſſene werden kann.
Wir bitten daher alle unsere Pearteifreunde,
nicht nur selbſt auf den „Deutschen Volksboten" zu
abonnieren, sondern auch denselben in ihrem Bekannten-
jevec bedenken, daß der
abhängig iſt von der Verbreitung der Parteipresse.
Wenn in allen Octen der in Betracht kommenden
Wahlbezirke der „Deutſche Volüsbote' in größerer
fklärend wirken können, und der Sieg bei den Wahlen
iſt unserer Partei dann sicher.
: Mit deutschem Gruß
Schriftleitung und Verlag des
„Deutschen Volksbotenn.
y , . V L uss §
Der nationale Gedauke un
I
Unter dieser Uebersſchrift veröffentlicht das neu
gegründete „Antiſ emitiſ<he Monatsblatt"
folgenden Artikel unseres verehrten Parteiführers Herrn
„Laſsen Sie den nationalen Gedanken leuchten
finſterung begriffen", sagte Fürſt Bismarck in einer
denkwürdigen Reichstagssitung im Jahre 1882, und
dieſe Mahnung ist heute leider noch mehr als damals
Valter niht lhre uboſtcielen ud dir Reutbitt
In Nordſchleswig gährt es; in den Reichslanden will
die Wiedererobecung der Herzen keine rechten Fort-
droht eine mächtig anſchwellende slawische Flutwelle
î Jeeuilleton.
Der Eine und der Andere.
Erzählung von Hans Warring.
| (Nachdruck verboten.)
Ich habe eben geſehen, Mutter, daß die Leute
mit dem Haferdreſchen noch nicht fertig sind," sprach
Martin. „Ich werde mir das Gesindel einmal heran-
langen und ihm die Lodderei aus den Knochen treiben !"
„Mach doch keinen Lärm, Martin! Du weißt
ja, daß das Dreſchea in diesem Jahre ſchwerer iſt als
sonst, weil leider alles hat feucht in die Scheunen
kommen müssen. Die Leute klagen, daß sie die dop-
pelte Zeit dazu brauchen !" ;
pu r § H Org uagt tere iche
der Faulbank! Da müßte man eigentlich immer mit
der Peitſche hinterher sein, wie hinter einem Joch
fauler Ochsen!‘
„Rede nicht ſo, Martin !"
„Warum nicht? Ich finde den Unterſchied zwiſcher.
ihnen nicht ſehr groß. Der eine hat ebenso nichts wie
der andere, und füttern muß ich ſie beide !“
__ M AùArianne antwortete nicht. Sie war über diesen
| Ausspruch bis in die tiefste Seele hinein erschrocken. Also
| nur das Geld macht den Menſchen ; wer keins hat, iſt
| ihm nichts mehr wert als ein Tier!
! Auch über die Aeußerung, daß ſeine Fahrten ihm
nur ein Mittel zum Zwecke seien, dachte sie nach.
Deutſchtums. Schlimmer aber noch ist es, daß auch
im Herzen des Volkes selber wieder der böse Geiſt
des Bruderzwiſtes erwacht. Welfen und Rechtsparteiler
rütteln am Reichsgedanken, und in Süddeutſchland
kleidet sich die allgemeine Unzufriedenheit mit den so-
zialen Verhältniſſen der Gegenwart trotzig in das
Gewand der alten Stammesgegensätze. Ñ
Vergessen iſt, daß Preußen Jahrhunderte larg
die ſchwere Waffenrüftung für ganz Deutschland ge-
tragen hat. „Preuß“ und Bayer werden in Gegen-
satz gebracht, als ob nicht beide Schulter an Schulter
gekämpft, geblutet und gesiegt hätten.
Und zwiſchen diesem nationalen Wirrwarr züngelt
bedrohlich die Flamme der internationalen Sozialre-
volution empor, geschürt und genährt von der inter-
nationalen Judenſchafl. Mit Gold und Presse ver-
giſten sie die Quellen deutscher Volkskraft und hetzen
die Stämme, Stände und Bekenntnisse gegen einander.
So hoffen sie den internationalen Geldſack zur Herr-
schaft zu bringen.
Man prüfe einmal unbefangen und gerecht die
Haltung, Reden und Abstimmungen der einzelnen
Parteien im Reichstage bei Fragen von hervorragend
nationaler Bedeutung, alſo etwa bei Heeres- und
Flottenfragen, bei Kolonialangelegenheiten, bei Polen-
debatten, beim Börsengesez, bei Abſchluß wichtiger
Verträge mit dem Auslande und bei Wahrung deutſcher
Interessen im Auslande, beim Fall Baſhford, bei der
Bismarckehrung, beim bürgerlichen Geſetzbuche, bei
Anträgen auf Sperrung der Grenzen gegen ausländische
Juden und bei ähnlichen Veranlassungen. Leider wird
man dann zu dem hbheſchämenden Ergebniſſe kommen, |
daß bei allen Gelegenheiten der nationale Gedanke er-
hebliche Verfinsterungen erlitt.
Geradezu den Spott des Auslandes fordert es
heraus, daß alljährlich im deutschen Reichstage die
Heereseinrichtungen beschimpft werden, um die uns die
ganze Welt beneidet. Das Volk in Waffen schuf das
Reich und damit die Vorbedingung für den Reichstag,
dessen prunkendes Haus aus der Kriegsentſchädigung
erbaut iſt. Um den „Erwählten" das stets vor Augen
zu halten, sollte man der noch fehlenden Giebelinschrift
die Fassung geben : „Das Volk in Waffen der Volks-
vertretung !"
Und noch einer anderen Frage von höchster
nationaler Bedeutung stehen die Parteien im Reichs-
tage mit Ausnahme der Deutſch-sozialeu Reformpartei
in wicklicher, erheuchelter oder erzwungener Verständnis-
loſigkeit gegenüber, der Judenfrage. – Dafür wächſt
aber in allen Geſellſchaftsſchichten und Parteien im
Volke selber unaufhaltſam die Erkenntnis, daß nicht
nur die soziale Frage, wie Otto Glagau ſchrieb, im
Wesentlichen Judenfrage iſt, sondern daß es sich in
der antiſemitiſchen Bewegung auchum einennati onalen
Was hatte er im Sinn ? Wollte er Bekanntschaften
machen? Vielleicht dachte er ans Heiraten. Das
Vernünftigſte war's. Eine Landwirtschaft ohne eine
Hausfrau, die dem Manne in die Hand arbeitet und
erhält, was er ins Haus ſchafft, iſt nur etwas Halbes.
Und gerade er könnte durch die Ehe milder und
weniger ſselbſüchtig werden, – das Familienleben
lehrt Opfer zu bringen. Eine hübſche, heitere, junge
Frau, die er lieb hätte, könnte ihn zu einem anderen
Menschen machen.
Die Mutter hatte nicht fehlgegriffen: Martin
dachte an eine Heirat. Er hatte sein Auge auf ein
junges, hübſches Mädchen geworfen, das hübſcheſte der
Stadt, wie man ihm ſagte. Das Haus in der Töpfer-
gasse mit den beiden alten Linden vor der Thür
seit jenem Tage, als er mit Rudolf vorüber gefahren
war, hatte er es nicht vergessen können. Er s
den feinen Mädchenkopf mit dem reichen Schmuck der
glänzenden, braunen Flechten ſich raſch emporheben,
er ſah das Lächeln und Erröten, daß bei dem Gruße
des Bruders über das reizende Geſsichtchen flo.
Seit jenem Tage hatte er auf seinen Fahrten
zum „weißen Hirſch" stets seinen Weg durch die
Töpfergaſſe genommen, und es war ihm gelungen,
mit dem hübſchen Kinde auf Grüßfuß zu kommen.
Dann hatte er in der Ressource die Bekanntschaft des
Vaters gemacht. Diesen zu gewinnen, war ihm nicht
schwer geworden.
Martin war ein ſparſamer Mann, und seine
Leute konnten erzählen, daß es in seinem Hauſe knapp
hergehe, aber wenn er glänzen und Neid erregen wollte,
konnte er mit dem Gelde wie ein großer Herr um
Z
h immer |
Befreiungskampf handelt. Diese Erkenntnis wird all-
mählig parteienverſöhnend und einigend im deutschen
Volke wirken, und unsere Enkel werden vielleicht einmal
noch mit Recht sagen können :
Die Juden waren unser Glück, denn an
Widersſtande deutscher Art gegen die Herrſchaftsgelüſte
dieses Fremdvolkes richtete ſich das Volksgefühl der
Deutschen wieder kräftig empor, das ein Vierteljahr-
hundert nach der Errichtung des neuen Reiches dem
Erlöschen nahe schien." ;
EZ
Der Aufsatz aus dem ,Antis. Monatsbl." : „Der
nationale Gedanke und die Parteien“ zeugt vo dem
scharf ausgeprägtem deutsch-nationalem Gefühl, das
man von jeher von unserm Herrn von Lieberman
gewöhnt ist, doch wird wohl nicht jeder, namentlich
nicht ein Süddeutſcher, völlig einverſtanden sein mit
zwei Punkten der Ausführungen, und da diese einen
geschichtlichen Hintergrund haben, so ist es wohl not-
ui daß man nicht sſtillſchweigend darüber hin..
weggeht. : d ;
Ö ss wird da u. A. gesagt, daß „alljährlich im
deutſchen Reichstage Heeres-Einr icht un gen be-
schimpft werden.n Von einer „Beſschimp fungl“"
res h.!) q u us
Ausschreitungen Einzelner, die zum Teil auf
fehlerhaften Einrichtungen beruhen, scharf kritisiert
worden sind, iſt freilich eine Thatsache, aber eine solche
Kritik iſt das Rech 1 eines jeden Volksvertreters,
ja seine Pf licht, denn ohne Kritik keine Besserung !~
Gewiß haben wir ein Volk in Waffen, und dieses
Volk iſt ein ger m an i \ ch e s Volk, dessen Sein und
Nichtsein eine gewisse Fr e ih eit des Einzelnen be-
dingt, ein Volk, das Nichts so ſehr haßt als den Ab-
sſolutismus. Jahrhunderte lang hat das deutsche Volk
um das Prinzip der germaniſchen Freiheit gerungen.
Die Deutschen erkennen kein römisches Imperatorentum
in ihrem Lande an. Das deutſche Volk hat nicht ~
von den Bauernkriegen an bis auf unsere Tage –~
um die nationale Selbständigkeit gerungen, damit der
Einzelne unfrei sei. Diese individuelle Freiheit iſt der
Grundstein jedes geſnnden Staatswesſens. Wenn der
Staat leben soll, muß das Volk auf die Staatsgewalt
einwirken können, und wenn eine Regierung ge-
zwungen ist, freimütige Kritik womöglich mit faulen
Wihen, kurzer Hand, zurückzuweisen und nicht näher auf
dieselbe einzugehen, so iſt das doch ein Zeichen, daß
etwas im Staatsorganismus nicht ſo iſt, wie es sein
sollte. Die Unterd rück un g der freien Meinungs-
äußerung war in jedem Staatswesen der Anfang der
Revolution. Auch in Deutschland sind die Anfänge
dafür vorhanden, sie kann nur vermieden werden durch
Einführungen von R ef orme n. Dies gilt für das
sich werfen. Sein freigebiges, großartiges Auftreten
imponierte dem knapp besoldeten, immer in Geldnot
steckenden Stadtkämmerer gewaltig. Anfangs wagte
er kaum zu hoffen, daß der reiche, junge Müller ein
Bewerber um seine Tochter sein könne, als dieser aber
im Laufe ihrer Bekanntschaft seine Abſichlen durch-
blicken ließ, erschien ihm dies als ein so fabelhaftes
“ii daß er beſchloh, es um jeden Preis feſtzu-
alten.
„Du wirst dich irren, Vater,“ sagte das Mäd-
chen, als er zu ihr davon sprach, „Herr Lippert kennt
mich ja gar nicht !"
„Ich irre mich nicht, er hat deutlich genug zu
mir geſprochen. Und was das Kennen anbetrifft, so
hat er dich gesehen, und du gefällst ihm !"
„Aber ich kenne ihn ebensowenig."
„Du mußt doch zugeben, daß er ein ſtattlicher,
hübscher Mann ist, alle Mädchen machen Augen auf
ihn. Die Parlows könnte er alle beide haben. Er ist
die beſte Partie Land auf und Land ab. Wer in die
Buſhnzyle kommt, wird sein Lebtag von Sorgen
nichts. wissen." :
Daß Mädchen saß da mit gesenktem Haupte, die
Arbeit zitterte in ihrer Hand. Sie hatte sich in ihren
Gedanken oft mit der Zukunft beschäftigt, und Not,
Sorge und Dienstbarkeit darin erblickt, wenn nicht das
ganz unwahrsſcheinliche Glück einer Heirat ſie davor
erretten würde. Nun nahte ihr dieses Glück, und
wunderbar! ihr Herz konnte ihm nicht entgegenjubeln,
wie sie es ſtets gedacht hatte.
(Fortsetzung folgt.)
Presse gezeigt. Sie haben bewiesen, daß derselben faſt
kein Mittel zu ſchlecht iſt, wenn es nur den Zweck er- |
kreiſe einzuführen. Möge
_ Ausfall der Wahl in Baden zum ſchr großen Teile
_ Anzahl geleſen wird, so wird er auch allgemein auf-
_ Abg. Liebermann v. Sonnenberg.
vor dem Auslande, er iſt augenblicklich in der Ver-
auf die Grenzprovinzen zeigt kein erſreuliches Bild.
[4.2 schritte machen, und von Osten und Südosten her be-
+ die hundertjährige Kulturarbeit der Vorposten des
„Der ,Deutsſche Volksbote" erscheint zweimal
berg, Bahnhofstraße 9. Telegramm-Adreſßse:
Volksbote“" Heidelberg. Anzeigenpreis: Die
5-geſpaltene Petitzeile 10 Pfg.
_MNe 79.
| + Padiſcher Yolksbote. Watt am Rheiu. 2-
Heidelberg, Samſtag den 2. Oktober 189â.
Preis vierteljährlich durch den Briefträger
frei in's Haus gebracht Mk. 1.25, am Poſt-
fgler zfee puts juete 114,08!
holt s0 Pfg. Poſtzeitungsliſte Nr. 192kl2an.
S. Jahrgang.
Jas vierte Piertellalr lat begonnen. |
Unsere Freunde, die das Abonnement auf den
„Deutſchen VWokksboten‘““ noch nicht erneuert haben
sollten, bitten wir, dies umgehend zu thun.
Für Bestellung des Deutſchen Volksboten bei der Poſſt
befindet sich ein Bestellzettel auf der 4. Seite der
heutigen Nummer. :
Die letzten Wochen, in denen in Baden der
Landtags-Wahlkampf herrſcht, haben wieder so recht
deutlich die Verlogenheit der liberalen und demokratischen
füllt, den politischen Gegner perſönlich zu verletzen,
zu beschimpfen, zu verdächtigen. Darum iſt es in der
jetzigen Zeit mehr denn je notwendig, für di e Ver-
breitung unſcrer deutſch-nationaklen und antlti-
ſemitiſchen Yreſſe zu sorgen, damit das gegneriſche
Lügengewebe ſc<nell zerriſſene werden kann.
Wir bitten daher alle unsere Pearteifreunde,
nicht nur selbſt auf den „Deutschen Volksboten" zu
abonnieren, sondern auch denselben in ihrem Bekannten-
jevec bedenken, daß der
abhängig iſt von der Verbreitung der Parteipresse.
Wenn in allen Octen der in Betracht kommenden
Wahlbezirke der „Deutſche Volüsbote' in größerer
fklärend wirken können, und der Sieg bei den Wahlen
iſt unserer Partei dann sicher.
: Mit deutschem Gruß
Schriftleitung und Verlag des
„Deutschen Volksbotenn.
y , . V L uss §
Der nationale Gedauke un
I
Unter dieser Uebersſchrift veröffentlicht das neu
gegründete „Antiſ emitiſ<he Monatsblatt"
folgenden Artikel unseres verehrten Parteiführers Herrn
„Laſsen Sie den nationalen Gedanken leuchten
finſterung begriffen", sagte Fürſt Bismarck in einer
denkwürdigen Reichstagssitung im Jahre 1882, und
dieſe Mahnung ist heute leider noch mehr als damals
Valter niht lhre uboſtcielen ud dir Reutbitt
In Nordſchleswig gährt es; in den Reichslanden will
die Wiedererobecung der Herzen keine rechten Fort-
droht eine mächtig anſchwellende slawische Flutwelle
î Jeeuilleton.
Der Eine und der Andere.
Erzählung von Hans Warring.
| (Nachdruck verboten.)
Ich habe eben geſehen, Mutter, daß die Leute
mit dem Haferdreſchen noch nicht fertig sind," sprach
Martin. „Ich werde mir das Gesindel einmal heran-
langen und ihm die Lodderei aus den Knochen treiben !"
„Mach doch keinen Lärm, Martin! Du weißt
ja, daß das Dreſchea in diesem Jahre ſchwerer iſt als
sonst, weil leider alles hat feucht in die Scheunen
kommen müssen. Die Leute klagen, daß sie die dop-
pelte Zeit dazu brauchen !" ;
pu r § H Org uagt tere iche
der Faulbank! Da müßte man eigentlich immer mit
der Peitſche hinterher sein, wie hinter einem Joch
fauler Ochsen!‘
„Rede nicht ſo, Martin !"
„Warum nicht? Ich finde den Unterſchied zwiſcher.
ihnen nicht ſehr groß. Der eine hat ebenso nichts wie
der andere, und füttern muß ich ſie beide !“
__ M AùArianne antwortete nicht. Sie war über diesen
| Ausspruch bis in die tiefste Seele hinein erschrocken. Also
| nur das Geld macht den Menſchen ; wer keins hat, iſt
| ihm nichts mehr wert als ein Tier!
! Auch über die Aeußerung, daß ſeine Fahrten ihm
nur ein Mittel zum Zwecke seien, dachte sie nach.
Deutſchtums. Schlimmer aber noch ist es, daß auch
im Herzen des Volkes selber wieder der böse Geiſt
des Bruderzwiſtes erwacht. Welfen und Rechtsparteiler
rütteln am Reichsgedanken, und in Süddeutſchland
kleidet sich die allgemeine Unzufriedenheit mit den so-
zialen Verhältniſſen der Gegenwart trotzig in das
Gewand der alten Stammesgegensätze. Ñ
Vergessen iſt, daß Preußen Jahrhunderte larg
die ſchwere Waffenrüftung für ganz Deutschland ge-
tragen hat. „Preuß“ und Bayer werden in Gegen-
satz gebracht, als ob nicht beide Schulter an Schulter
gekämpft, geblutet und gesiegt hätten.
Und zwiſchen diesem nationalen Wirrwarr züngelt
bedrohlich die Flamme der internationalen Sozialre-
volution empor, geschürt und genährt von der inter-
nationalen Judenſchafl. Mit Gold und Presse ver-
giſten sie die Quellen deutscher Volkskraft und hetzen
die Stämme, Stände und Bekenntnisse gegen einander.
So hoffen sie den internationalen Geldſack zur Herr-
schaft zu bringen.
Man prüfe einmal unbefangen und gerecht die
Haltung, Reden und Abstimmungen der einzelnen
Parteien im Reichstage bei Fragen von hervorragend
nationaler Bedeutung, alſo etwa bei Heeres- und
Flottenfragen, bei Kolonialangelegenheiten, bei Polen-
debatten, beim Börsengesez, bei Abſchluß wichtiger
Verträge mit dem Auslande und bei Wahrung deutſcher
Interessen im Auslande, beim Fall Baſhford, bei der
Bismarckehrung, beim bürgerlichen Geſetzbuche, bei
Anträgen auf Sperrung der Grenzen gegen ausländische
Juden und bei ähnlichen Veranlassungen. Leider wird
man dann zu dem hbheſchämenden Ergebniſſe kommen, |
daß bei allen Gelegenheiten der nationale Gedanke er-
hebliche Verfinsterungen erlitt.
Geradezu den Spott des Auslandes fordert es
heraus, daß alljährlich im deutschen Reichstage die
Heereseinrichtungen beschimpft werden, um die uns die
ganze Welt beneidet. Das Volk in Waffen schuf das
Reich und damit die Vorbedingung für den Reichstag,
dessen prunkendes Haus aus der Kriegsentſchädigung
erbaut iſt. Um den „Erwählten" das stets vor Augen
zu halten, sollte man der noch fehlenden Giebelinschrift
die Fassung geben : „Das Volk in Waffen der Volks-
vertretung !"
Und noch einer anderen Frage von höchster
nationaler Bedeutung stehen die Parteien im Reichs-
tage mit Ausnahme der Deutſch-sozialeu Reformpartei
in wicklicher, erheuchelter oder erzwungener Verständnis-
loſigkeit gegenüber, der Judenfrage. – Dafür wächſt
aber in allen Geſellſchaftsſchichten und Parteien im
Volke selber unaufhaltſam die Erkenntnis, daß nicht
nur die soziale Frage, wie Otto Glagau ſchrieb, im
Wesentlichen Judenfrage iſt, sondern daß es sich in
der antiſemitiſchen Bewegung auchum einennati onalen
Was hatte er im Sinn ? Wollte er Bekanntschaften
machen? Vielleicht dachte er ans Heiraten. Das
Vernünftigſte war's. Eine Landwirtschaft ohne eine
Hausfrau, die dem Manne in die Hand arbeitet und
erhält, was er ins Haus ſchafft, iſt nur etwas Halbes.
Und gerade er könnte durch die Ehe milder und
weniger ſselbſüchtig werden, – das Familienleben
lehrt Opfer zu bringen. Eine hübſche, heitere, junge
Frau, die er lieb hätte, könnte ihn zu einem anderen
Menschen machen.
Die Mutter hatte nicht fehlgegriffen: Martin
dachte an eine Heirat. Er hatte sein Auge auf ein
junges, hübſches Mädchen geworfen, das hübſcheſte der
Stadt, wie man ihm ſagte. Das Haus in der Töpfer-
gasse mit den beiden alten Linden vor der Thür
seit jenem Tage, als er mit Rudolf vorüber gefahren
war, hatte er es nicht vergessen können. Er s
den feinen Mädchenkopf mit dem reichen Schmuck der
glänzenden, braunen Flechten ſich raſch emporheben,
er ſah das Lächeln und Erröten, daß bei dem Gruße
des Bruders über das reizende Geſsichtchen flo.
Seit jenem Tage hatte er auf seinen Fahrten
zum „weißen Hirſch" stets seinen Weg durch die
Töpfergaſſe genommen, und es war ihm gelungen,
mit dem hübſchen Kinde auf Grüßfuß zu kommen.
Dann hatte er in der Ressource die Bekanntschaft des
Vaters gemacht. Diesen zu gewinnen, war ihm nicht
schwer geworden.
Martin war ein ſparſamer Mann, und seine
Leute konnten erzählen, daß es in seinem Hauſe knapp
hergehe, aber wenn er glänzen und Neid erregen wollte,
konnte er mit dem Gelde wie ein großer Herr um
Z
h immer |
Befreiungskampf handelt. Diese Erkenntnis wird all-
mählig parteienverſöhnend und einigend im deutschen
Volke wirken, und unsere Enkel werden vielleicht einmal
noch mit Recht sagen können :
Die Juden waren unser Glück, denn an
Widersſtande deutscher Art gegen die Herrſchaftsgelüſte
dieses Fremdvolkes richtete ſich das Volksgefühl der
Deutschen wieder kräftig empor, das ein Vierteljahr-
hundert nach der Errichtung des neuen Reiches dem
Erlöschen nahe schien." ;
EZ
Der Aufsatz aus dem ,Antis. Monatsbl." : „Der
nationale Gedanke und die Parteien“ zeugt vo dem
scharf ausgeprägtem deutsch-nationalem Gefühl, das
man von jeher von unserm Herrn von Lieberman
gewöhnt ist, doch wird wohl nicht jeder, namentlich
nicht ein Süddeutſcher, völlig einverſtanden sein mit
zwei Punkten der Ausführungen, und da diese einen
geschichtlichen Hintergrund haben, so ist es wohl not-
ui daß man nicht sſtillſchweigend darüber hin..
weggeht. : d ;
Ö ss wird da u. A. gesagt, daß „alljährlich im
deutſchen Reichstage Heeres-Einr icht un gen be-
schimpft werden.n Von einer „Beſschimp fungl“"
res h.!) q u us
Ausschreitungen Einzelner, die zum Teil auf
fehlerhaften Einrichtungen beruhen, scharf kritisiert
worden sind, iſt freilich eine Thatsache, aber eine solche
Kritik iſt das Rech 1 eines jeden Volksvertreters,
ja seine Pf licht, denn ohne Kritik keine Besserung !~
Gewiß haben wir ein Volk in Waffen, und dieses
Volk iſt ein ger m an i \ ch e s Volk, dessen Sein und
Nichtsein eine gewisse Fr e ih eit des Einzelnen be-
dingt, ein Volk, das Nichts so ſehr haßt als den Ab-
sſolutismus. Jahrhunderte lang hat das deutsche Volk
um das Prinzip der germaniſchen Freiheit gerungen.
Die Deutschen erkennen kein römisches Imperatorentum
in ihrem Lande an. Das deutſche Volk hat nicht ~
von den Bauernkriegen an bis auf unsere Tage –~
um die nationale Selbständigkeit gerungen, damit der
Einzelne unfrei sei. Diese individuelle Freiheit iſt der
Grundstein jedes geſnnden Staatswesſens. Wenn der
Staat leben soll, muß das Volk auf die Staatsgewalt
einwirken können, und wenn eine Regierung ge-
zwungen ist, freimütige Kritik womöglich mit faulen
Wihen, kurzer Hand, zurückzuweisen und nicht näher auf
dieselbe einzugehen, so iſt das doch ein Zeichen, daß
etwas im Staatsorganismus nicht ſo iſt, wie es sein
sollte. Die Unterd rück un g der freien Meinungs-
äußerung war in jedem Staatswesen der Anfang der
Revolution. Auch in Deutschland sind die Anfänge
dafür vorhanden, sie kann nur vermieden werden durch
Einführungen von R ef orme n. Dies gilt für das
sich werfen. Sein freigebiges, großartiges Auftreten
imponierte dem knapp besoldeten, immer in Geldnot
steckenden Stadtkämmerer gewaltig. Anfangs wagte
er kaum zu hoffen, daß der reiche, junge Müller ein
Bewerber um seine Tochter sein könne, als dieser aber
im Laufe ihrer Bekanntschaft seine Abſichlen durch-
blicken ließ, erschien ihm dies als ein so fabelhaftes
“ii daß er beſchloh, es um jeden Preis feſtzu-
alten.
„Du wirst dich irren, Vater,“ sagte das Mäd-
chen, als er zu ihr davon sprach, „Herr Lippert kennt
mich ja gar nicht !"
„Ich irre mich nicht, er hat deutlich genug zu
mir geſprochen. Und was das Kennen anbetrifft, so
hat er dich gesehen, und du gefällst ihm !"
„Aber ich kenne ihn ebensowenig."
„Du mußt doch zugeben, daß er ein ſtattlicher,
hübscher Mann ist, alle Mädchen machen Augen auf
ihn. Die Parlows könnte er alle beide haben. Er ist
die beſte Partie Land auf und Land ab. Wer in die
Buſhnzyle kommt, wird sein Lebtag von Sorgen
nichts. wissen." :
Daß Mädchen saß da mit gesenktem Haupte, die
Arbeit zitterte in ihrer Hand. Sie hatte sich in ihren
Gedanken oft mit der Zukunft beschäftigt, und Not,
Sorge und Dienstbarkeit darin erblickt, wenn nicht das
ganz unwahrsſcheinliche Glück einer Heirat ſie davor
erretten würde. Nun nahte ihr dieses Glück, und
wunderbar! ihr Herz konnte ihm nicht entgegenjubeln,
wie sie es ſtets gedacht hatte.
(Fortsetzung folgt.)