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. ~ berg,

... FME. verlangt: der hat auch tits gekriegt, uber

„Der , Deutſche Volksbote“ erſcheint zweimal
wöchentlich. Verlag und Leitung: Heidel-
Bahnhofstraße 9. Telegramm-Adresse:
. Vo ksbote“ Heidelberg. Anzeigenpreis : Die

; 5-geſpaltene Petitzeile 10 Pfg.

Ä R .
Tre derbe, aver treffende Rede

hat vor einiger Zeit Dr. Di ngf elder, prakt. Arzt
in Gnodsſtadt, in einer Versammlung des Bay eeri-
s < en Bauernbund es in Remlingen gehalten. Da





. das Organ der Judenschutztruppe über diesen Dr.

Dingfelder und seine Worte arg schimpfte, so dachten
wir : die Rede muß doch gut gewesen sein, weil sie
den Juden und ihren Schützern so wenig Freude
!! r GE hh uierst sure et
§ selbe abgedruckt war, und thatſächlich, ſie traf den

Nagel auf den Kopf. Damit unsere Leser auch sich

ein Urteil darüber bilden können, geben wir sie wieder.

Dieſelbe berührt zwar speziell bayerische Verhältnisse,
doch kaun auch der badische und reichsländische Bauer
rurs tes: Dingfelder, der den 11 stündigen Weg
von Gnodſtadt nach Remlingen zu Pferd zurückgelegt
ghzatte, äußerte in seinem Vortrag, den er größtenteils

_ in unterfränkiſchem Dialekt hielt, etwa folgendes:

Verehrte Anwesende! Wer es gut mit den
î HBauern meint und ihnen Vorschläge machen will zur
Verbesserung ihrer materiellen Lage, der gebe ihnen
nur ein Rezept, und dieses neue Rezept heißt: Bauern
helft euch zuerst selber! Nun können Sie mir sofort
erwidern : Worin besteht denn diese Selbsthilfe, sag's
uns roth! Sollen's gleich hören! Zuerſt will ich
Ihnen sagen, was Sie n i ch t thun ſollen!

Erstens: Hört nicht auf die Beſchwichtigungs-
versuche, die von Oben gemacht werden, als da sind:
—ſtaatliche Viehversicherung, Landeshypothekenbank uſw.
Trotzdem man die Bauern gewarnt hat, sind viele
darauf reingefallen, und jetzt heiß's auf einmal : Nach-
zahlen, ſo an die 320,000 ME. für ein halbes Jahr!

_ Wo follen die Bauern das Geld dazu hernehmen, sie

haben ja bald kein's mehr! (Großer Beifall.) Also
ich rate Ihnen : Gründen Sie Ortsviehverſicherungs-
vereine, und geht was zu Grunde, dann ersetzt Euch
trteits hei S art C. tz VP: Los
(Sehr richtig !! Ein weiteres .Hilfsmittel" wurde
für die Bauern ius Leben gerufen: die Landeshypo-
thekenbank. 21/2 Millionen standen dieser zur Ver-
fügung und mehr als 30 Millionen sind bis jetzt ver-
langt. Wo sollen denn die das Geld hernehmen?
(Sehr richtig.) Da lesen wir in den Zeitungen, daß
ein Bauer auf sein zu 15,000 Mark geschätztes Gut
ein Darlehen von 5000 "Mark wollte. 3 Monate
ß s tt zctt his s M Go f ; Wir öuten

ir kein Geld geben; ſchi ein für
Sthel hebihver. sonst kriegst du deine sig tqiett

LPRapiere nicht mehr zurück! Ein anderer hat 15,000

| 12 Mk. s0 Pfg. hat er für Schreibgebühren zahlen

+ 6adiſher Volisbeir - Vaht am Rheiu. +

Hridelbera, Samſtag Z 9. Oktober 1897.



Preis vierteljährlich durch den Briefträger
frei in's Haus gebracht Mk. 1.25, am Poſto_
ſthotter oder durch unſere Boten in Heidel-
berg 1 Mk., von unſerer Expedition abge-

holt 80 Pfg. Poſtzeitungslifte Nr. 1964 a.

S. Jahrgang.



müssen; wieder ein anderer hat 10,000 Mk. verlangt;
dem iſts gerade so gegangen. Wenn einer unter den-

selben Verhältnissen an jede andere Bank geschrieben
hätte, hätte er Geld bekommen oder wenigstens sofort

Antwort, daß er aus dem und dem Grunde keines
bekommen könnte, aber er hätte k eine Schreibgebühren

zahlen müssen. Seh'n Sie, so hält man die Bauern
zum Narren: Sie werden fragen, warum hat man
denn dann die Landeshypothekenbank errichtet? Da

hat man einmal ein paar ältere Herren untergebracht,
die werden gut bezahlt; das iſt schon ein Erfolg!
(Große Heiterkeit.) Dann hat man ſich sagen können,

wir haben wieder was für die Landwirtſchaft gethan,
und die Parteien, die ſie gründen halfen, meinten

Wunder, was sie damit geleiſtet. Man hat vielleicht
gedacht : Jetzt ſind die Bauern wieder eine Zeil lang
hummmen Yauern!" (Großer Veijall : "zi
gerad so ist's!)

î Geben Sie mal Acht, m. H.! Wenn ein Kind
ſchreit, so hat's, wenn es gesund ist, Hunger, und
man giebt ihm, damit es ruhig wird, seine Milch nnd
es iſt zufrieden und gedeiht. Denkt man aber bloß :

Wart, ich vertreib Dir Dein Geschrei und giebt ihm

ſchnell einen mit Honig beschmierten „Patzer“, so iſts
auch ruhig, aber nur ſo lange, bis der Honig abge-
ſchleckt iſt; dann ſchreits wieder! Giebt man ihm
nochmal Honig auf seinen Patzer, so iſts vielleicht
nochmal ruhig. Aber zuletzt schreits zu, bis es Milch |

kriegt, sonst würde es verhungern! Seh’n Sie, gerad

sſo macht man es mit den Bauern: Schreien sie in
ihrer Not um Hilfe, so giebt man ihnen auch schnell
so einen Patzer! (Dröhnender Beifall.) Und dann
noch einmal und nochmal, und schließlich gehen die
Bauern troß aller Patzer zu Grunde! (Erneuter,
ſtürmiſcher Beifall!] Also, Bauern, ſchreit recht laut
und anhaltend, denn, hat Bismark gesagt, brave Kinder |

kriegen nichts. Und mit der Landesbank machen Sie

es ſo : Scheert Euch gar nichts um sie, dann geht |
ihr das Licht von selber aus : (Große Heiterkeit und

Beifall.)

_ Dagegen rate ich Euch folgendes: JIJhr Bauern
alle, einigt Euch, und schließt Euch fest zuſammen in
großen Bauernbuno. (Allseitiges Bravo!) DWMählt
nur Abgeordnete des Bauernbundes, die unabhängig
und selbſtlos sind und für die Bauern ein Herz haben!
(Sehr richtig!! Es kommen auch Vertreter anderer
Parteien zu Euch und sagen: Geht zu uns, wir helfen
Euch auch, unsere Abgeordneten ſind ſchon , erfolgreich“

gewesen. Erfolgreich! Das ift so zu verstehen : Einer
war Amtsrichter, und iſt – Oberlandesgerichtsrat
geworden, ein anderer war Assessor und wurde Regier-
ungsrat, wieder einer war Reallehrer und wurde Pro-

fessor; ein vierter war Kaplan und wurde Domkapitular ;
seh'n 'Sie, das heißen die Herren: ,„Erfolgreich" '

(Große Heiterkeit und stürmiſcher Beifall.) Ünd die

Bauern werden immer ärmer! (Erneute Zuſtmmungen.
Also ich sage Euch: Haltet zum Bauernbund un
wählt solche Abgeordnete, die für den Antrag Kanitz
oder einen ähnlichen Antrag ftimmen, und die auf die
gänzliche, baldige Beseitigung der Bodenzinſe hinar-
beiten. (Beifall.) Da heißt's immer: Wir haben
kein Geld dazu! So! Und für einen neuen Kanal,
der 5000 Millionen kostet, nichts nützt, und die Land- :

wiriſchaft vollends ruinieren hilft, da hättens Ged.
genug und noch mehr dazu! (Bravo!) Als eb wrn.
nicht ſchon an dem alten Kanal genug hätten, den.

alle Jahr einige Hunderttausende zur Erhaltung koſtet !
(Sehr wahr.) Also Bauernbundsabgeordnete wählt,

urgrobe Leute, die mit den Herren oben deutsch reden.

(Stürmiſcher Beifall.)

Nun weiter: Ein Hauptmittel der Selbsthilfe..

sind auch die Raiffeiſenvere ine. Die ſind ein

wahrer Segen für die Bauern! (Beifall.) Aber ſsie

müſſsen getragen sein vom Geist chriſtlicher Nachſten- Ñ |

und müssen mit aller Energie ge-

liebe (Sehr richti ig)
leitet werden! (Sehr wahr.) Wenn die Vorſstand-

schaft nichts taugt, iſt der ganze Verein nichts wrt!n.
(Beifall.) Da war neulich zu lesen, daß in einm
Orte der Verein gutes und billiges Feld nicht an den.
Mann bringen konnte, das die Juden aber im en.

paar Stunden für 15,000 Mk. Feld verkauften! Was
iſt denn das für eine Vorſtandschaft? Das sind
traurige Lappſchwänze! (Bravo.) Wenn ſich nun so

ein Verein gebildet hat, so entsteht die wichtige Fragen. t
Wohin anſchließen ? Dazu sage ich folgendes: Von

wo iſt denn die Idee zu den Raiffeiſenvereinen aus-
gegangen? Von Neuwied!

vor einigen Jahren einen bayer. Landesverband ge-.
gründet unter dem Rufe: Los von Neuwied! Ja
warum denn? (Sehr wahr!) Ein großes Partei-
tüthorn hat aus der Schul geſchwätzt :

Partei, aber ich fürchte, die Regierung wird uns bald
diese Gewalt aus der Hand nehmen und für sich be-
nützen!‘ (Hört!) Es heißt dann: Ihr, die ihr
von uns Geld habt und Zuſchüſse, seid ordentlich brav
und still, ſonſt ~! nnd Jhr die ihr Geld wollt, seid
ihr denn ordentlich ? (Allseitige Znstimmung.) Meine
Herren, ich rate Ihnen, gehen Sie nicht zum Landes-
verband mit seiner Zzentralkasse, die troß des großen
Staatszuſchuſſes noch 16,000 Mk. Defizit hat! Der
Leitung fehlt's an Energie und –~ Fähigkeiten. Wenn
nur die Herren dort ihr ſchönes Gehalt einstecken, „was
| liegt denn an Bauern“ ? (Stürmiſcher Beifall.) Der





Feuilketon.



Det Eine und der Andere.
. .. “tts von Hans Warritit.
. (Nachdruck verboten.)

: „Mirchteſt du in deinem großen Hauſe nicht ein
. Stübchen mit einigen neuen Mböbelstücken für deine
junge Frau recht freundlich und heiter einrichten ?"

hatte Marianne gefragt.

„Nein Mutter, das Natwendige iſt vorhanden,
. und an Luxus will ich ſie nicht gewöhnen. Es ist gut, daß
ie gleich von Anfang an ſieht, daß ich mein Held
j nicht für sie ſpringen lasse."
_ Von diesem Tage an hatte Marianne ein unbe-
grenztes Mitleid für das junge Ding, dessen Glück

" die Welt nicht genug preiſen konnte. Der Stadt-

kämmerer hatte eine große, glänzende Hochzeit im
weißen Hirſch geplant, es sollte dabei hoch hergehen
und ein Tanzfeſt im großen Saal der Ressource den
HGHBeschluß machen. Aber auch hierüber hatte Martin,

| trüber Ahnungen voll, verzichtet.

„Nichts davon! hatte er geſagt. „Vormittags

- fahren wir auf's Standesamt, nachmittags in die Kirche.

Und dann geht's gleich nach Hauſe,
wit beſler-. „ſo paßt es mir am besten“ war ein

ſo paßt es mir

. Argument, gegen welches keine Auflehnung erlaubt

war, das halte der Schwiegervater ſchon einsehen ge-

_ lernt. Dem Manne waren während der kurzen



_ | Brautzeit seiner Tochter auch seinerseits. allerlei Ah-
| nungen gekommen, die wie ein zerſtörendes Gewitter

in die Träume von sorgenloſen, genußreichen Tagen
im Hauſe des reichen Schwiegerſohnes gefallen waren.

| Die ſchönsten Tage, wo der Wirt vom weißen Hirſch

unbegrenzten Kredit auf Konto des Schwiegersohnes

gewährte, waren vorüber. Martin haite ihm eines

Tages erklärt, daß er für die Zechſchulden des Herrn
Stadtkämmerers nicht aufzukommen gedenke und ferner-
hin jede Zahlung für ihn ablehne. Das war nieder-
schmetternd auf die Stimmung des alten Herrn ge-
fallen, v hatte seine ſchrankenloſe Bewunderung sehr
abgekü

Ein paar Tage nach der Hochzeit machte das
junge Paar seinen Beſuch bei den Pflegeeltern. Das
liebliche Gesicht und das bescheidene Auftreten der
jungen rer eroberten ihr sogleich die Herzen der
eiden Alten

.Eine reichere hätteſt du bekommen können, aber
eine hübſchere nicht !" sagte der alte Andrees, der von
seinem Lehnstuhl aus voller Stolz auf das junge Ge-
ſchöpf sah, das neben der Mutter im Sopha saß und
zaghaft zu ihm herüberblickte. Sie hatte ihn nicht
verſtanden, und Marianne machte wie immer, so auch
heute den Dolmetscher. Aber sie verſuchte den Paſſus
von der reicheren – ſie fand dieſen Ausspruch ihres
Andrees nicht sehr zartfühlend -- der jungen Frau
zu unterſchlagen und überlieferte ihr nur das Kompli-
ment, daß Martin ſich keine hübſchere Frau hätte aus-
suchen können Dieser aber teilte dieſes Bedenken der
Mutter nicht.

„Ja", sagte er, „ich weiß wohl, was ich gethan



habe. Sie haben mir eine reiche aufſchwatzen wollen,
beſonders die Verwandten aus der Niederung wollten
von einer armen nichts wiſſen. Sie hatten mir auch
schon eine ausgeſucht, ein Frauenzimmer wie ein Haus,.
rauſchte in seidenen Kleidern daher und starrte von
goldenen Ringen und Ketten. Aber ich habe mich be-
dankt, so eine kann ich nicht brauchen. Die verlangt
allerhand Rücksichten, will in alles hineinreden und
bildet ſich ein, daß sie immer mit Sammethandschuhen
angefaßt werden muß. Das paßt mir nicht! In
meinem Hauſe will ich der Herr sein. Das weiß die
Eva, und wenn sie klug genug it, ſich danach zu richten,

| werden wir gut miteinander auskommen. “

Während dieser Worte war das Lächeln von dem
Antlit der jungen Frau gewichen. Ein tiefes Rot
ging Hzrührr hin, ds einer ebenso jähez Hläe wich.
s zie "Us: füllon Z§ieten ſch. z1s zzlUen e
ging über das junge, sanfte Antlißk. Marianne nahm
ihre Hand und strich ohne zu sprechen leiſe und lieb-
koſend darüber hin. Dafür wurde ihr ein warmer,
dankbarer Blick zu teil, ein Blick, der ihr zu Herzen
ging, ff ztgleich säctliche: und trauriger Ylik i
ite st Ut Fr MU p
wordene Gestalt dehnend, die junge Frau in die linke
Ecke gedrückt, war Andrees voll von Bewunderung
und Anerkennung. „Der Junge hat Geschmack, so ein
hübſches Frauchen hat er sich ausgeſucht! Und was
er da von der reichen sagte, war auch ganz richtig.

(Fortsetzung folgt.)

n .
nicht bei Neuwied ? (Sehr richtig) Da hat mn

durch Gründung des Landesverbandes U tha .
| walt in die Hand bekommen zum Veorteile unserer
 
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