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Der „Deu tſc<he Volksb o te“ erſcheint zweimal

wöchentlich. Verlag und LVeitunge Mannchei m

H 10, 31. Telegramm - Adreſſe: „Vo 1 k s b o t e“

Mannheim. îlutcighntres: sa I= .geſpaltene Petit-
. Heile 10 Pfg

JA 98.

F Hadilter]



olksbote. Wacht am Rhein. ~

Mannheim, Mittwoch, den 8. Dezember 1897.

Preis vierteljährlich durch den Briefträger frie

oder durch unſere Boten in Mannheim 1 Mk.,
von unſerer Expedition abgeholt 80 Pfg.
Poſtzeitungsliste Nr. 1964a.

8. Jahrgang.

C



Art läßt nicht von Arti!
Eine nachdrückliche Lehre der öſterreichiſchen Kämpfe.

Seil Wochen und Monden ift das Auge jedes
ſtammesbewußten Deutſchen auf die Vorgänge in der
HOſtmark gerichtet. Bange Befürchtungen und sieges-
bewußte“ Hoffnungen wechselten’ in unſerer Bruſt, da
farmatiſcher Uebermuth, hohnlacheud sich hinweg-
ſezend über Geſeß und: Recht, dem deutichen Volke
Deutſch-Oeſterreichs die* frivole Herausforderung der

_ Sprachenerlaſſe bot. Sind unſere Brüder in der Oſt-

mark fähig zu begreifen, daß es sich hier handelte um
Sein oder Nichtſein, um die Zukunft deutſchen Volks-

_ thumes ? Sind fie ſtark und kräflig genug zum

Widerstand, bereit zu kämpfen bis zum letzten Bluts-
tropfen – bis zum endlichen, wenn auch noch ſo
mühevoll errungenem Siege ? Diese bange Frage
durchhallte wohl jedes Deutſchgeſsinnten Bruſt.

Und fiehelda, der ſchlaue Schlachzize hatte sich
diesmal stark verrechnet, der polniſche Graf Badeni
mag sich wohl auf polniſche Art verstehen, auf Zu-
ſtände, wie sie. in dem Lande !des Kaftans gedeihen ;
aber des germaniſchen Edelvolkes Art und Weſen be-
greift er nimmer !

Vie Sturmesbrauſen ging es"mit Allgewalt durch
das deutſche Oftmarkvolk ; in tiefster Seele traf es
die Schmach, die man ihm angethan ; in tiefster Noth
entrang sich der Bruft da? Gelübde : Dos soll und
muß anders werden! Die Saat des Polaken ging

auf. Wiedererwacht war das Krafth.wußtſein des

germaniſchen Stan;mes, herrlich reifte die nimmer
erhoffle Frucht — die ewig hadernden Bi üder waren
eins, die ſchwere Noth hat den feſten Kitt zum kraft-

vollen Bund gebildet.

Muthig zog das deuiſche Volk Oeſterreichs aus
zu dem ihm aufgedrungenen Kampfe. Alle Parteien
arbeiteten Hand in Hand, ausgenommen die Kleri-
kalen, von denen ſich aber auch ber beſſere Theil
schlicßlich auf seine deutſche Stammesangehörigkeit
beſann. Die beharrliche Obſiruktion der Deutſchen
hatte die Schließung des Parlaments zur Folge.

Was half dem „Mann mit der eiſerven Fauſt“
seine staatsmänniſche Kraflmeierei? Was half es,
daß man die Abhaltung von Volkstagen wider alles
bestehende Recht verbot, daß man Zeitung um Zei-
tung beſchlagnahmte, mit Polizei und Militärmacht
das Recht zu knebeln verſuchte, Abgeordnete troz ihrer
Immunität in das Gefängniß warf ?

Jede neue Gewalimaßr-gel half nur das Feuer

schüren ; die Flammen zornigster Entrüſtung, heiligster
Begeisterung für die deutſche Sache wälzte fich stets
mächtiger empo: lodernd von Gau zu Gau, von Stadt
zu Stadt, von Dorf zu Dorf. Auf dem Lande hallte

Feuilleton.



Der Eine und der Andere.
Erzählung von Ha n 8 W ar rin g.

' (Nachdruck verboten).
(Schluß.)
„Aber da hat die Eva gelacht und hat geſagt :
auf den kann man Häuſer bauen, Mutter, auf den
warte ich ſchon noch, wenn's ſein muß, noch zwei
Jahre, einem Beſſeren könnt’ ich mein Eigenthum
gar vicht in die Hände geben. Da hab ich ihr noch
einen Vorſchlag gemacht. Schreib an ihn und frage
an, hab ich geſagt, oder beſſer noch, ich ſchreib und
frage, ob ja oder nein? Aber da hat sie ganz
beftimmt abgewehrt. Entweder er muß von ſelbſt
kommen, oder er kann ganz dableiben, hat sie geſagt.
Und wenn er wirklich dableibt ? Es iſt ein ſchönes
Land, wo er jett iſt und gure Mühlen';.und hübſche
Mädchen giebt es überall!

„Das haſt du wirklich geſagt, Mutterchen ?"

„Ja, das habe ich gesagt, denn ich war bös auf
den ſäumigen Menſchen. Aber fie hat gelächelt und
hat geſagt : Er hat seine guten Gründe zu warten,
und ich kenne fie. Der auf so ſchrectliche Weiſe ſo
jung hat dahingehen müſſen, ift ihm im Grunde

seines Herzens doch lieb geweſen, über die, Erinnerung 1

an die glücklichen Kinderjahre, die sie wie Zwillinge
qujammen verleht haben, kommt er ſo raſch nicht



der Racheruf, der Ruf nach Recht und Ge eſeß wie in
der Stadt. Profeſſoren erhoben ihre Stimmen zu
kräſtiger Abwehr wie die Studentenſchaft. All e Kreiſe
des Volkes, a l l e Stände standen auf zur nationalen
Gegenwehr wie ein Mann. Und während die Regie-
rung von Gesſeteshruch zu Geſetesbruch ſchritt, hielten
fich die Deutſchrn mit hewundernswerther Selbst-
beherrſchung streng auf geſetzlichem Boden. Wirkſame
Gegenmaßregeln wurden getroffen. Durch vollkommen
q e ſ e ß mä ß i g e Beſchlüſſe RKellten ſämmtlliche deutſche
Gemeinden ihre Arbeiten“ ein. Selbst die in pol-

îniſcher Weiſe geübte brutalste Gewalt konnte die mit

elementarer Wucht zum Aushruch kommenden Proteſt-
kundgebungen nicht verhindern.

Wem iſt nicht mehr ia Erinnerung der herrliche
Volkstag zu Eger, wo 30 000 Deutsche zuſammen
kamen, um? ihrem Volke die Treue zu ſchwören ? Bar-

haupt stand sie da die würdige Verſammlung, gereifte

Männer, ſich des Errſies der Dinge klar bewußt, im
FA ofe des Egerer Stadthauſes, und bei den Worten
des Abg. Dr. Funke : „An dieſer hiſtoriſchen Stätte
qeloben wir noch einmal, fest, treu und deutſch zu
bleiben. Sind wir deutſche Männer, dann wird man

zittern lernen vor dem deutſchen Volk und seiner

Cinigkeit.“ So ertönte unter Heilrufen, dem deutschen
Brudergruß. von allen Lippen das Gelübde : Mir
schwören es ! Und sie werden ihn halten dieſen Treu-
schwur, weil sie ihn bisher gehalten haben.

Keine bange Frage braucht uns riehr zu
ängſtigen, deutſchr Reck.nkraft iſt nicht ausgestorben
in Oefterreich, mag der Slé ive noch ſo wüthend sich
gebärden – die Oſtmärker zu neu.m.. Heldenthum
erftarkt, haltrn an der Donau treue Wacht. Sie
sind sich ihrer Nraft bewußt geworden, haben allen
Hader vergeſſen und ſich zum gemein samen Kampfe
die Bruderhand ger 'eicht – der Sies iſt ihnen darum
gewiß.

Sind aber dun auch wir Reichsdeutsche Uns der
Bedeuiung, den dieſer Kampf für uns innerhalb der
ſchwarz-weiß-rothen Grenzpfähle hat, voll bewußt ?
Denkt wan im deutſchen Volke auch darüber nach,
welche Folgen das Siegen oder Unterliegen der
Deutſch-Oeſsterreicher für uns haben kann ? Gewiß
verfolgt der Großtheil unſeres Volkes, soweit ihm
nicht nationales Denken und Empfinden abgeht, daz

Leiden und Streiten unſerer Brüder in der Oſtmark

mit großem Mitgefühl; zu laut ſpricht hier die
Stimnte des Blutes.

Natürlich dürfen auch hier nicht die Ver-
blendeten, die Philifter des verwäſſerten Nationalis-
mus, wie er in der konſervativen Partei zu Tage
tritt, und des geſchmaddelten, verjüdelten, wie er in

weg. Und dafür darke ich ihm und halte ihn um

ſo höher! Ja, ſso hat ſie geſprochen.“

„Mutter, die Eva iſt das beſte, klügste, herrlichſte
Wesen, das es auf der Welt giebt.“

„Ja, das ist sie!“

„Und jetzt warte ich keinen Augenblick länger,
ich fahre stehenden Fußes hinüber !“

„Noch vor dem Abendbrod ?“
ſogleicit! Geſchäftsſache iſt
damit kann man nicht prompt genug

„Ia, Mutter,
Geſchäftsſache,
frty ! te Mutter lachte.

„Zwei Jahre hat er gezögert, und jetzt kann er
nicht eine Nacht mehr warten! Aber meinetwegen

laß anſpannen! Den alten Hendrick laß mir jedoch |

am Feuer ſißzen, nimm einen von den jüngeren
Leuten! Und kommt raſch zurück, du und die Eva !

Die Chriſtel wäre unglücklich, wenn sie ihre Pfann-

kuchen nicht für dich ſollte gebacken haben.“

1
+

Seit dieſem Abend iſt eine Reihe von Jahren

Vergangen.

Die Mühle iſt wieder zu ihrem alten Rufe ge-
langt, ja, fie hat denſelben noch überflügelt. Und
im Haufe lebt ein glückliches Paar, um welches eine

Schaar blühender, gut beanlagter Kinder heran- ||

wächſte.

Die Großmutter hat ihre Freude an einem
Paar prächtiger blondköpfiger Jungen, – echte
Schreiners - die ihr jeßt ſchon bie Zuverſicht geben,





der sogenannten nationalliberalen und den links-

liberalen Parteien verkörpert ist, fehlen.

Sehen wir aber von der nationalen Auffaſſung
dieſer Kreiſe ab, erwecken dann diese Vorgänge nur
Mitgefühl in uns, wie etwa das Leiden eines nahen
Verwandteri, eines quten Freundes? Sehen wir denn

nich, daß wir bei jenem Schauspiele, das der |

polniſhe Pu p p en s p i el er am deutschen Donau-
ſtrande aufzuführen verſuchte,
theiligt ſind ?

gedrängt; die Sprachenerlaſse

flug der Vernichtung d e u t ſ ch e n Volks-
ume

Slaven od.rr ehrvergeſſene Ueberläufer.
ganzen Linie bewegen sich in bewußtem nationalen

Kampfe die Sl1ven langſam gegen Westen vor. Erſht.

gilt es die Ostmark, das Vorwerk, zum Falle zu
bringen, dann kann es gegen die Feſtung ſ-lbſt gehen,
gegen das deutſche Reich.
Und haben wir nicht ſchon Plänkler und Unter-
minirer innerhalb unſerer Grenzpfähle ? Haben wir
keine Polen, die bewußt deutſchfeindliche national-

polniſche Politik treiben ? Sehen wir nicht, wie in..
folge tſchechiſcher Wühlarbeiten allüberall im Reihe

die zersſprengten Sklavenreſte anfangen, sich als Nation

aufzuſpielen ? Wollen wir uns blind der Gefahr,.

die uns in dem langsamen, aber steten Vorrücken der !
°O)heomtwhwhaeEaIlÇeEaIlIaeaÒaeinttttte “

Nein, der Kamps der Oſstmärker wird geführt .!

auch in unserem Inter-ſse !
L-riden die Deutſch-Oesterreicher, so leiden ſie für
uns mit. Sie bilden unſern Schutzwall gegen Osten;

wenn sie fi len, dann begänne wohl für. uns der

Kampf mit den iſchechiſchen F eiheutern. Wo immer

auf Erden deutſches Volksthum um ſeine Erhallunn

kämpft, kämpft es auch stets für uns im Reiche!

Wo deutſches Gebiet verloren geht, müſſn wn.

dereinſt in anstrengendem Kampfe es wieder erringen,

wenn anders dem deutſchen Volke auch fürderhin ein K |

weltgeſchichtlicher Beruf regeben iſt. ..
Unser dsterreichisch-ungariſcher „Bundesgenoſſe“
vergewaltigt unſern Volksgenoſssen! Es iſt en Hohne.
Welchen Werth hat ein Bündniß mit einem Staate,
in dem der D eutſch enh oe ß die b eſte E m=
p fe h lung iſt? Herrſcht der Slave in Oesterreich,
wer kann da an aufrichtige Freundſchaft für unſen
Reich glauben? Halten wir die Augen offen ! w!
Durch Thaten unseren Oſtmarkbrüdern zu helfen.

daß es um Hof und Mühle einst gut bestellt ſein
ttt. meilen aber überkommt sie doch eine Wehmuth,
dann denkt sie an den anderen, der ſo jung hat zu

. Grunde gehen müſſen, nicht ohne eigene Schuld.
Aber ihr Mutterherz entſchuldigt ihn, dann ſagt fie

leiſe vor sich hin : .

„Es wäre anders gekommen, wenn ich ihn da
hätte "lafſen können, wohin er beſier gepaßt hätte:
im Schreinerhof.

Gedankensſpäne.

Wenn wir für etwas keine Ausrede mehr finden,
ſo ſagen wir : wir hätten es aus Prinzip gethan.



Klopf’ in der Noth fi FtcUujar an, und dix
wird ~ 's Auge aufgethan.

„Ich bin nun einmal sſo" ~ das iſt der End- :
punkt weiblicher Logik.

%

Eingebildete Uebel heilen am sicherſten durch - -

wirkliche.
E §e *

Die, denen wir verziehen haben, lieben wir
wir lieben unſ’re Verzeihung an ihnen.
Luſtige Ecke.
(Bei d er Nartenlegerin.) ,. . . . Ihr



Mann hat Neigung zur Untreue. Gehen 'Sie ihm

ja auf Schritt und Tritt nach !" – „O, du liebe '

Heit, mein Mann iſt Landbriefträger !“

in's Haus gebracht Mk. 1.25, am Poſtſchalen.

selbst recht nahe ben.

Seit langer Zeit wird die Vorherrſchaſt den.
deutschen Volkes in den öfterreichiſchen Landen zurücden.
für Böhmen unn
Mähren ſind ein Schritt weiter auf dem Wege de.

H Der Wafßserpolake Badeni regierte, wo einft .
De ut ſ < e als Herren saßen, ihm zur Seitt fiehra .
 
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