. KA 19, 31.
Der „Deutſ<he Volksbote" erſcheint zweimal
wöchentlich. Verlag und Leitung; M a n n h e i m
Telegramm - Adreſſe: „V o l k s b o t e"
Mannheim. .Zu tgerptes: F 5-=-geſpaltene Petit-
eile 10 Pg.
I V;
att am Rheiu.
in's Haus gebracht Mk. 1.25, am Poſtſchalter
Poſtzeitungsliste Nr. 1964a.
A 96.
Mannheim, Mittwoch, den 1. Dezember 1897.
8. Jahrgang. .
Der Verband hesticher Ntiegs - Veteranen
u LE
hat an den dentjchen Re EDR: eine Petition
folgenden Wortlauts abgeſandt :
Eurer Durchlaucht
gestattet sich der gehorſamst unterzeichnete Geſammt-
vorſtand des Verbandes deutſcher Kriegsveteranen aller-
unterthänigſt Abſchrift einer Eingabe vorzulegen, welche
von uns im Auftrage von mehr als 40 000 Veteranen
aus den Kriegen von 1864, 1866 und 1870/71 dem
| deutſcheu Reichstage übersandt worden ist..
In dieser Eingabe bitten die alten Krieger wieder-
îhaolt und dringend um Aufbeſſerung der Penſionen für
Verſtümmelte und für gänzlich erwerbsunfähige Ju-
validen, ſowie um eine ausreichende Verſorgung der
HWlilttwen von gefallenen Soldaten und derjenigen El-
tern, welchen die gefallenen Söhne die einzige Stütze
wre ohl iſt durch die Geſeßz gebung der letten Jahre
eine Ileine Verbeſſerung der Lage der Invaliden er-
folgt, allein da sich die Aufbesserung auf die Erhöh-
ung der allgemeinen Kriegszulage und der Zulage für
Nichtbenutzung des Civilversorgungsſcheins um je 3 Mk.
monatlich beſchränkte und dieſe Aufbeſſerung also nur
72 Mk. im Jahre beträgt, vermögen die alten Krieger
hierin einen zeitgemäßen Ausgleich in dem damaligen
und dem heutigen Geldwerthe nicht zu erblicken, sie
halten die heutigen Bezüge für durchaus unzureichend
und finden es für nicht gerecht, daß den im Dienſte
der Arbeit Verunglückten durch das Unfall - Versiche-
rungsgeſey höhere Renten bewilligt werden, als den
im Dienſte des Reiches erwerbsunfähig gewordenen
Kriegern und deren Hinterbliebenen.
_ Die Veteranen erblicken weiter eine große Un-
billigkeit darin, daß nahezu die Hälfte aller im dienſt-
pflichtigen Aller stehenden jungen Männer vom mili-
täriſchen Dienſte befreit sind und ſie bitten daher, daß
endlich ein Ausgleich der Leiſtungen herbeigeführt
werde und daß die vom Dienſte befreiten, im bürger-
lichen Erwerbe nickt gehinderten Männer zur Ent-
_ nichtung eines Wehrgeldes herangezcgen werden, um
o die Mittel zu ſchaffen zur hinreichenden Verſorgung
he; Invaliden und der Hinterbliebenen gefallener
rieger. .u!
Mit großem Danke erkennen die Veteranen an,
daß in den letten Jahren zufolge der Fürſorge der
Regierung an 20 000 alte, sich in Noth befindende
Soldaten eine Beihülfe von 120 Mark im Jahre ge-
währt wurde, und sie bitten ehrerbietigſt, daß diese
Weoſlxhtlthat je nach den vorhandenen Mitteln auch noch
anderen zu Gute kommen möge, deren Geſundheit
nachweisbar im Kriege gelitten hat.
Mit gleicher Dankbarteit erkennen es Tauſende
Feunilleton.
Der Eine und der Andere.
Erzählung von Ha n 8 W arri n g.
(Nachdruck verboten).
(Fortſetzung.) ..
„Es war ſchon lange an dem Hebewerk etwas
in Unordnung“, ſagte sie. „Ich habe mehrfach davon
ſprechen hören, doß es die Hölzer nicht mehr in die
rechte Lage vor die Säge brächten. Aber ich hatte
darauf nicht acht, ~ ich verflehe eben nichts von der
Sache, und Martin sagte immer, es habe nichts zu
beheuteu, es seien ja genug Menſchen da, die anfaſſen
könnten. Du weißt, er war sehr stark und eine
rechte Nraftprobe war ihm eine Freude. / Die Knechte
haben mehrfach gemurrt, daß sie über ihre Kräfte
haben heben müsſen. Und so ist es auch [heute?ge-
t c ut wc mV s
tur ‘ſe beiſeite tk. und ſelbſt q er. Und
da ist das Unglück geſchehen. Gerade als er die
î Sdchulter hat unterſtemmen wollen, hat es einen Ruck
im Hebewerk gegeben, der Baum ift blitzſchnell in die
Höhe geſchnelltt und dann mit ungeheuerer Wucht
niedergefallen ~ gerade auf ihn ~ und da ~ —
Man hatte den jungen Müller zu Grabe
hetragen, nicht ganz vier Jahre nach seinem Vor-
gänger. Die Welt war ob. dieſes Todesfalles nicht
von alten, jeßt im Dienste der Gemeinden angeftellte
Soldaten an, daß ihre Militärpenſsion infolge der
neuesten Geseße nicht mehr verkürzt wird. allein an-
deren Taufenden, die im Dienſte des Reiches oder der
Bundesstaaten angestellt sind, wird diese Wohlthat
immer noch nicht zu Theil, und deßhalb bitten wir,
daß auch bei dieſen die Kürzung der verdienten Mi-
litär-Penfion nicht mehr eintreten möge.
Euere Durchlaucht bitten wir ianigst, uvnſeren
Wünjchen ein geneigtes Gehör ſchenken zu wollen,
damit endlich die unter den alten Soldaten herrſchende
Noth gemildert wird, und Euerer Durchlaucht
geſtatten wir uns bei dieſer Veranlaſſung noch ganz
ergebenſt vorzutragen, doß wir die uns von dem
Geſammtvorſtand des Kyffhäuſer-Ausſchuſſes der ver-
s ru t! Leun. §9 %
verheßgen und gegen die wohlwollenden Absichten der
Regierung Mißtrauen erregten“, mit Entrüſtung
zurückweiſen.
Wenn wir sehr häufig in unſeren Veröffent-
lichungen näher auf die geringen Bezüge der
Invaliden hingewiesen haben, ſo geſechah dies lediglich
nur in der Absicht, die Nothwendigkeit der Erhöhung
derſelben zu hHeweiſen. Eine Verhetung gegen
unſere einſtigen Offiziere, ſowie gegen die Organs
der Regierung verſthßt ganz gegen unſere treu-
ergebene Gesinnung für Naiſer, Fürſt und Vaterland,
welche wir satzungsgemäß nicht allein selbſt für unſer
ganzes Leben pflegen, ſondern auch auf unſere Mitre
menſchen und Nachkommen übertragen wollen.
Der Verband deutſcher Kriegs-Veteranen hat
sich ſeinerzeit von den deutſchen Kriegervereinen ab-
geſondert, weil dieſe die Beſtrebungen deſſelben für
die Invaliden zu sorgen, nicht unterftißen wollten.
Wir müſſen ?es daher dankbar anerkennen, daß nun-
mehr auch die geſammten deuiſchen Nriegervereine
einig mit uns sind in der Forderung um Beſſer-
ſtellung der Invaliden und der Hinterbliebenen von
gefallenen oder an Wunden und Kriegskrankheiten
geſtorbenen Kameraden.
Wir erkennen es weiter dankbar an. daß auch
die geſammten deutſchen Kriegervereine die Cin-
führung eines Wehrgeldes beantragen, denn wir find
der feſten Ueberzeugung, daß nur auf dieſe Weiſe
ein, wenn auch geringer Ausgleich in den Leiſtungen
des geſammten Volkes herbeigeſührt wird und daß
nur durch ein Wehrgeld die Mittel geſchaffen werden |
zur ausreichenden Verſorgung der znvaliden pv. ſ. w.
Indem wir Eure Dunrchlaucht unterthänigſt
bitten, dieſe ungemein wichtigen Fragen einer end-
giltigen Löſung entgegen zu fſFühren, verkleiben wir
Geſammt- Vorſtand des V. D. N.-W.
aus den Fugen gerathen und ging ihren gewöhnlichen
qijti junge Wittwe wohnte in der Mühle; fie
| wolle sie nicht ‘verkaufen, hieß es, obgleich ihre
Niederunger Verwandten sie ihr hatten abnehmen
"t. lebte still und eingezogen und machte trotz
mehrfacher Aufforderungen kein Vergnügen in der
Stadt mit. |
Man erzählte sich auch, daß ſie jeden Heiraths-
antrag – und an ſolchen hatte es deer ſcbhönen,
wohlhabenden Witwe nicht geſehlt ~ enlſchieden ah-
gelehnt habe. '
„Paß auf", sagte die Schugſstin, „die heirathet
nicht mehr, die hat am erſtenrinal genug bekomnmien.
Und jammerſchade wäre es um die Frau und auch
um die Mühle! Alle beide brauchen einen, der ſich
ihrer annimm1, ſonst verkommen ſie, die Frau
beſonders –~"
„Was werllſt du“, entgegnete ihr Marianne, ,die
Eva iſt geſund und friſch und ſchönuer als je. Und
daß fie ſich wohl fühlt in ihrer Freiheit – ich ver-
denk es ihr nicht!! – ;
Darüher waren wieder zwei Jahre ins Land ge-
gangen. Fünf Jahre waren jett vergangen, ſeitdem
die Mutter ihren Soyn nicht geſehen hatte. Sie
fing an zu zweifeln, daß er je wieder zurückkommen
werde.
Seine Briefe w1rren ſo heitec, er fühlle sich ſo
befriedigt in ſeiner Stellung, und hübſche Mädchen
giebt es überall — vielleichi hatte er schon eine'
O du mein Oesterreich.
Was wir vorausgesagt hatlen, ist eingetroffen.
Die Gewaltherrſchaft des öſterreichiſch-pollakiſchen Mi- ;
niſterpräſidenten B a d eni hat dahin geführt, daß
jeden Tag der Ausbruch von blutigen Straßenkämpgen.
in Wien zu befürchten iſt. Im Abgeordnetenhauſe
iſt man hereits vom Rathen‘’zum Thaten überzſen.
gangen, d. h. es iſt zu argen S <{ läg e reien gen
kommen. Wir faſſen die aus Wien eingetrofeen.
Berichte über die Skandalszenen, welche daſelbſt vore.
gekommen sind, in Folgendem zuſammen. ;
Der Regierung von Oesterreich-Ungarn liegt un .
geheuer viel daran, das „Ausgleichs - Proviſorumnn.
zum Abſchluß zu bringen, d. h. eine vorläufige Fest-
stellung, wieviel jeder der beiden unter der Hablzn.
hurgiſchen Krone vereinigten Länder?zu dem geminn.
N
Österreichs nun verlangen, daß zuallererst die 4: .
elche
samen Haushalt beizuſteuern hat.
s e wid rig e Sp r a ch en v er o r d nu n g, w
das Deutſchthum in den slaviſchen Staatsgebieenzuen.
vernichten droht, a u f g e h o b en wird. Dies zu
thun, weigert sich der edle Pollakengraf Baden un
deßhalb suchen die Deutſchen ihre gerechte Fordernn.
durch „Obstruktion“ zu erz win g en. Sie benuſen
zu dieſem Zwecke alle Mittel, welche das Ge ſehkn
g eſt a t t e t (1). Sie ſuchen durch Stellung einer
großen Zahl von Anträgen, die sich theils auf Al .
änderung der Vorlage des Ausgleichs -Proviſoriums,
theils auf namentliche Abstimmung erſtrekfen.
Um nun doch zu ihrem Ziele zu krmmen, um
die Obstruktion zu brechen, hat nun die Regieren.
unterſtütt von den auf der rechten Seite des Haus.
ſsißenden und die Mehrheit bildenden ſlaviſchn Alo.
geordneten, zu direkten Gewaltakten gegriffen; sien.
hat zum Staatsftreich gegriffen, indem fsie unter
direktem Bruch des Geſetes und der parlamentariſchn j
Geſchäſtsordnung ungeſetzlichzu ſrüher gestelltenknträeen.
überging, den deutſchen Abgeordneten der Geſchäftsen.
ordnung zum Trotß das Wort verweigerte und die
Abstimmungen in geſezwidriger Weiſe vorn<hm. .
Die ſlaviſchen Präsidenten des Abgeordnetenhauſes,
besonders der erſte Präsident Abrahamowicz (d. h.
auf deutſch Abrchamſohn!!),
Untir sclchen Umständen sind die Lärmſcenen
begreiflich, die, wie wir wiedrho!t berichtet haben.
von den deutschen Abgeordneten ins Werk geſekt_
worden sind. Doch dabei ist es nicht geblieben. Ven .
dem Präſidenten Abrahamowicz aufgehett (!) sind dien.
Abgeordneten der ſlowakiſcien Rechten zum offenen . |
Wahl getroffen und überraſchte sie demnächst mit der Us
Kunde von ſeiner Verlobung. Bei solihen Gedanken. .
ſchüttelte sie den Kopf und ſeufzte – sie hatte anderes.
für ihn im Sinn.
Wieder nahte das Weihnachtsfest, tas [ ekz :
Jahr noch stiller im Schreinerhof zu werden verſpraenn.
als das lettjährige.
Der frühe Dezember-Abend war herabgeſunken, M.
in der Wohnstube brannte bie Lampe und daneben.
ſaß die Multer und spann. Mit gewohntem Fleſen.
zog sie die feinen Fäden aus der glänzenden Flachs-
locke an ihrem Rocken, sie gönnte sich keine Rue.
obgleich der Nreis ihrer Lieben, für deren Bedürfnifſe
ſie zu sorgen haite, wieder kleiner geworden war..Ö. .
Man hatte den alten Andrees zu ut li
Der Großvaterſtuht in der Ofenecke
Ruhestätte hinausgetcragen, zu der ruhigsten alleen
Ruhestätten unter den Bäumen des Kirchhoſfs. JM
Herbſte mit den fallenden Blättern iſt er gegangen. j
und ſeildem fühlte sich die Frau einsam, sehr ei nan.
n il hztt noch mehr als früher die Rückkehr des
Suhnes. 1,5
Sie hat es ihm nicht geſchrieben, denn sie wine.
ihm keinen Zwang auferlegen, aber sie meint, er
w'rd sie verſtehen auch ohne Worte und Fe ſchaaun
jeden Tag ſehnſucbtsvoll die verſchneite Straße hinn
und hofft - und hoffl.
(Fortſetzung folgt).
Preis vierteljährlich durch den Briefträger frie.
oder durch unsere Boten in Mannheim 1 M..
von unſerer Expedition abgehot 80 Pfg..
ein eingewanderten.
Armenier, haben sich zu Handlangern Badenis hen.
gegeben und den Fid gebrochen, den sie auf En.
haltung der Geſchäſtsordnung abgelegt haben. u
Der „Deutſ<he Volksbote" erſcheint zweimal
wöchentlich. Verlag und Leitung; M a n n h e i m
Telegramm - Adreſſe: „V o l k s b o t e"
Mannheim. .Zu tgerptes: F 5-=-geſpaltene Petit-
eile 10 Pg.
I V;
att am Rheiu.
in's Haus gebracht Mk. 1.25, am Poſtſchalter
Poſtzeitungsliste Nr. 1964a.
A 96.
Mannheim, Mittwoch, den 1. Dezember 1897.
8. Jahrgang. .
Der Verband hesticher Ntiegs - Veteranen
u LE
hat an den dentjchen Re EDR: eine Petition
folgenden Wortlauts abgeſandt :
Eurer Durchlaucht
gestattet sich der gehorſamst unterzeichnete Geſammt-
vorſtand des Verbandes deutſcher Kriegsveteranen aller-
unterthänigſt Abſchrift einer Eingabe vorzulegen, welche
von uns im Auftrage von mehr als 40 000 Veteranen
aus den Kriegen von 1864, 1866 und 1870/71 dem
| deutſcheu Reichstage übersandt worden ist..
In dieser Eingabe bitten die alten Krieger wieder-
îhaolt und dringend um Aufbeſſerung der Penſionen für
Verſtümmelte und für gänzlich erwerbsunfähige Ju-
validen, ſowie um eine ausreichende Verſorgung der
HWlilttwen von gefallenen Soldaten und derjenigen El-
tern, welchen die gefallenen Söhne die einzige Stütze
wre ohl iſt durch die Geſeßz gebung der letten Jahre
eine Ileine Verbeſſerung der Lage der Invaliden er-
folgt, allein da sich die Aufbesserung auf die Erhöh-
ung der allgemeinen Kriegszulage und der Zulage für
Nichtbenutzung des Civilversorgungsſcheins um je 3 Mk.
monatlich beſchränkte und dieſe Aufbeſſerung also nur
72 Mk. im Jahre beträgt, vermögen die alten Krieger
hierin einen zeitgemäßen Ausgleich in dem damaligen
und dem heutigen Geldwerthe nicht zu erblicken, sie
halten die heutigen Bezüge für durchaus unzureichend
und finden es für nicht gerecht, daß den im Dienſte
der Arbeit Verunglückten durch das Unfall - Versiche-
rungsgeſey höhere Renten bewilligt werden, als den
im Dienſte des Reiches erwerbsunfähig gewordenen
Kriegern und deren Hinterbliebenen.
_ Die Veteranen erblicken weiter eine große Un-
billigkeit darin, daß nahezu die Hälfte aller im dienſt-
pflichtigen Aller stehenden jungen Männer vom mili-
täriſchen Dienſte befreit sind und ſie bitten daher, daß
endlich ein Ausgleich der Leiſtungen herbeigeführt
werde und daß die vom Dienſte befreiten, im bürger-
lichen Erwerbe nickt gehinderten Männer zur Ent-
_ nichtung eines Wehrgeldes herangezcgen werden, um
o die Mittel zu ſchaffen zur hinreichenden Verſorgung
he; Invaliden und der Hinterbliebenen gefallener
rieger. .u!
Mit großem Danke erkennen die Veteranen an,
daß in den letten Jahren zufolge der Fürſorge der
Regierung an 20 000 alte, sich in Noth befindende
Soldaten eine Beihülfe von 120 Mark im Jahre ge-
währt wurde, und sie bitten ehrerbietigſt, daß diese
Weoſlxhtlthat je nach den vorhandenen Mitteln auch noch
anderen zu Gute kommen möge, deren Geſundheit
nachweisbar im Kriege gelitten hat.
Mit gleicher Dankbarteit erkennen es Tauſende
Feunilleton.
Der Eine und der Andere.
Erzählung von Ha n 8 W arri n g.
(Nachdruck verboten).
(Fortſetzung.) ..
„Es war ſchon lange an dem Hebewerk etwas
in Unordnung“, ſagte sie. „Ich habe mehrfach davon
ſprechen hören, doß es die Hölzer nicht mehr in die
rechte Lage vor die Säge brächten. Aber ich hatte
darauf nicht acht, ~ ich verflehe eben nichts von der
Sache, und Martin sagte immer, es habe nichts zu
beheuteu, es seien ja genug Menſchen da, die anfaſſen
könnten. Du weißt, er war sehr stark und eine
rechte Nraftprobe war ihm eine Freude. / Die Knechte
haben mehrfach gemurrt, daß sie über ihre Kräfte
haben heben müsſen. Und so ist es auch [heute?ge-
t c ut wc mV s
tur ‘ſe beiſeite tk. und ſelbſt q er. Und
da ist das Unglück geſchehen. Gerade als er die
î Sdchulter hat unterſtemmen wollen, hat es einen Ruck
im Hebewerk gegeben, der Baum ift blitzſchnell in die
Höhe geſchnelltt und dann mit ungeheuerer Wucht
niedergefallen ~ gerade auf ihn ~ und da ~ —
Man hatte den jungen Müller zu Grabe
hetragen, nicht ganz vier Jahre nach seinem Vor-
gänger. Die Welt war ob. dieſes Todesfalles nicht
von alten, jeßt im Dienste der Gemeinden angeftellte
Soldaten an, daß ihre Militärpenſsion infolge der
neuesten Geseße nicht mehr verkürzt wird. allein an-
deren Taufenden, die im Dienſte des Reiches oder der
Bundesstaaten angestellt sind, wird diese Wohlthat
immer noch nicht zu Theil, und deßhalb bitten wir,
daß auch bei dieſen die Kürzung der verdienten Mi-
litär-Penfion nicht mehr eintreten möge.
Euere Durchlaucht bitten wir ianigst, uvnſeren
Wünjchen ein geneigtes Gehör ſchenken zu wollen,
damit endlich die unter den alten Soldaten herrſchende
Noth gemildert wird, und Euerer Durchlaucht
geſtatten wir uns bei dieſer Veranlaſſung noch ganz
ergebenſt vorzutragen, doß wir die uns von dem
Geſammtvorſtand des Kyffhäuſer-Ausſchuſſes der ver-
s ru t! Leun. §9 %
verheßgen und gegen die wohlwollenden Absichten der
Regierung Mißtrauen erregten“, mit Entrüſtung
zurückweiſen.
Wenn wir sehr häufig in unſeren Veröffent-
lichungen näher auf die geringen Bezüge der
Invaliden hingewiesen haben, ſo geſechah dies lediglich
nur in der Absicht, die Nothwendigkeit der Erhöhung
derſelben zu hHeweiſen. Eine Verhetung gegen
unſere einſtigen Offiziere, ſowie gegen die Organs
der Regierung verſthßt ganz gegen unſere treu-
ergebene Gesinnung für Naiſer, Fürſt und Vaterland,
welche wir satzungsgemäß nicht allein selbſt für unſer
ganzes Leben pflegen, ſondern auch auf unſere Mitre
menſchen und Nachkommen übertragen wollen.
Der Verband deutſcher Kriegs-Veteranen hat
sich ſeinerzeit von den deutſchen Kriegervereinen ab-
geſondert, weil dieſe die Beſtrebungen deſſelben für
die Invaliden zu sorgen, nicht unterftißen wollten.
Wir müſſen ?es daher dankbar anerkennen, daß nun-
mehr auch die geſammten deuiſchen Nriegervereine
einig mit uns sind in der Forderung um Beſſer-
ſtellung der Invaliden und der Hinterbliebenen von
gefallenen oder an Wunden und Kriegskrankheiten
geſtorbenen Kameraden.
Wir erkennen es weiter dankbar an. daß auch
die geſammten deutſchen Kriegervereine die Cin-
führung eines Wehrgeldes beantragen, denn wir find
der feſten Ueberzeugung, daß nur auf dieſe Weiſe
ein, wenn auch geringer Ausgleich in den Leiſtungen
des geſammten Volkes herbeigeſührt wird und daß
nur durch ein Wehrgeld die Mittel geſchaffen werden |
zur ausreichenden Verſorgung der znvaliden pv. ſ. w.
Indem wir Eure Dunrchlaucht unterthänigſt
bitten, dieſe ungemein wichtigen Fragen einer end-
giltigen Löſung entgegen zu fſFühren, verkleiben wir
Geſammt- Vorſtand des V. D. N.-W.
aus den Fugen gerathen und ging ihren gewöhnlichen
qijti junge Wittwe wohnte in der Mühle; fie
| wolle sie nicht ‘verkaufen, hieß es, obgleich ihre
Niederunger Verwandten sie ihr hatten abnehmen
"t. lebte still und eingezogen und machte trotz
mehrfacher Aufforderungen kein Vergnügen in der
Stadt mit. |
Man erzählte sich auch, daß ſie jeden Heiraths-
antrag – und an ſolchen hatte es deer ſcbhönen,
wohlhabenden Witwe nicht geſehlt ~ enlſchieden ah-
gelehnt habe. '
„Paß auf", sagte die Schugſstin, „die heirathet
nicht mehr, die hat am erſtenrinal genug bekomnmien.
Und jammerſchade wäre es um die Frau und auch
um die Mühle! Alle beide brauchen einen, der ſich
ihrer annimm1, ſonst verkommen ſie, die Frau
beſonders –~"
„Was werllſt du“, entgegnete ihr Marianne, ,die
Eva iſt geſund und friſch und ſchönuer als je. Und
daß fie ſich wohl fühlt in ihrer Freiheit – ich ver-
denk es ihr nicht!! – ;
Darüher waren wieder zwei Jahre ins Land ge-
gangen. Fünf Jahre waren jett vergangen, ſeitdem
die Mutter ihren Soyn nicht geſehen hatte. Sie
fing an zu zweifeln, daß er je wieder zurückkommen
werde.
Seine Briefe w1rren ſo heitec, er fühlle sich ſo
befriedigt in ſeiner Stellung, und hübſche Mädchen
giebt es überall — vielleichi hatte er schon eine'
O du mein Oesterreich.
Was wir vorausgesagt hatlen, ist eingetroffen.
Die Gewaltherrſchaft des öſterreichiſch-pollakiſchen Mi- ;
niſterpräſidenten B a d eni hat dahin geführt, daß
jeden Tag der Ausbruch von blutigen Straßenkämpgen.
in Wien zu befürchten iſt. Im Abgeordnetenhauſe
iſt man hereits vom Rathen‘’zum Thaten überzſen.
gangen, d. h. es iſt zu argen S <{ läg e reien gen
kommen. Wir faſſen die aus Wien eingetrofeen.
Berichte über die Skandalszenen, welche daſelbſt vore.
gekommen sind, in Folgendem zuſammen. ;
Der Regierung von Oesterreich-Ungarn liegt un .
geheuer viel daran, das „Ausgleichs - Proviſorumnn.
zum Abſchluß zu bringen, d. h. eine vorläufige Fest-
stellung, wieviel jeder der beiden unter der Hablzn.
hurgiſchen Krone vereinigten Länder?zu dem geminn.
N
Österreichs nun verlangen, daß zuallererst die 4: .
elche
samen Haushalt beizuſteuern hat.
s e wid rig e Sp r a ch en v er o r d nu n g, w
das Deutſchthum in den slaviſchen Staatsgebieenzuen.
vernichten droht, a u f g e h o b en wird. Dies zu
thun, weigert sich der edle Pollakengraf Baden un
deßhalb suchen die Deutſchen ihre gerechte Fordernn.
durch „Obstruktion“ zu erz win g en. Sie benuſen
zu dieſem Zwecke alle Mittel, welche das Ge ſehkn
g eſt a t t e t (1). Sie ſuchen durch Stellung einer
großen Zahl von Anträgen, die sich theils auf Al .
änderung der Vorlage des Ausgleichs -Proviſoriums,
theils auf namentliche Abstimmung erſtrekfen.
Um nun doch zu ihrem Ziele zu krmmen, um
die Obstruktion zu brechen, hat nun die Regieren.
unterſtütt von den auf der rechten Seite des Haus.
ſsißenden und die Mehrheit bildenden ſlaviſchn Alo.
geordneten, zu direkten Gewaltakten gegriffen; sien.
hat zum Staatsftreich gegriffen, indem fsie unter
direktem Bruch des Geſetes und der parlamentariſchn j
Geſchäſtsordnung ungeſetzlichzu ſrüher gestelltenknträeen.
überging, den deutſchen Abgeordneten der Geſchäftsen.
ordnung zum Trotß das Wort verweigerte und die
Abstimmungen in geſezwidriger Weiſe vorn<hm. .
Die ſlaviſchen Präsidenten des Abgeordnetenhauſes,
besonders der erſte Präsident Abrahamowicz (d. h.
auf deutſch Abrchamſohn!!),
Untir sclchen Umständen sind die Lärmſcenen
begreiflich, die, wie wir wiedrho!t berichtet haben.
von den deutschen Abgeordneten ins Werk geſekt_
worden sind. Doch dabei ist es nicht geblieben. Ven .
dem Präſidenten Abrahamowicz aufgehett (!) sind dien.
Abgeordneten der ſlowakiſcien Rechten zum offenen . |
Wahl getroffen und überraſchte sie demnächst mit der Us
Kunde von ſeiner Verlobung. Bei solihen Gedanken. .
ſchüttelte sie den Kopf und ſeufzte – sie hatte anderes.
für ihn im Sinn.
Wieder nahte das Weihnachtsfest, tas [ ekz :
Jahr noch stiller im Schreinerhof zu werden verſpraenn.
als das lettjährige.
Der frühe Dezember-Abend war herabgeſunken, M.
in der Wohnstube brannte bie Lampe und daneben.
ſaß die Multer und spann. Mit gewohntem Fleſen.
zog sie die feinen Fäden aus der glänzenden Flachs-
locke an ihrem Rocken, sie gönnte sich keine Rue.
obgleich der Nreis ihrer Lieben, für deren Bedürfnifſe
ſie zu sorgen haite, wieder kleiner geworden war..Ö. .
Man hatte den alten Andrees zu ut li
Der Großvaterſtuht in der Ofenecke
Ruhestätte hinausgetcragen, zu der ruhigsten alleen
Ruhestätten unter den Bäumen des Kirchhoſfs. JM
Herbſte mit den fallenden Blättern iſt er gegangen. j
und ſeildem fühlte sich die Frau einsam, sehr ei nan.
n il hztt noch mehr als früher die Rückkehr des
Suhnes. 1,5
Sie hat es ihm nicht geſchrieben, denn sie wine.
ihm keinen Zwang auferlegen, aber sie meint, er
w'rd sie verſtehen auch ohne Worte und Fe ſchaaun
jeden Tag ſehnſucbtsvoll die verſchneite Straße hinn
und hofft - und hoffl.
(Fortſetzung folgt).
Preis vierteljährlich durch den Briefträger frie.
oder durch unsere Boten in Mannheim 1 M..
von unſerer Expedition abgehot 80 Pfg..
ein eingewanderten.
Armenier, haben sich zu Handlangern Badenis hen.
gegeben und den Fid gebrochen, den sie auf En.
haltung der Geſchäſtsordnung abgelegt haben. u