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. H 10, 31. Telegramm - Adreſſe: „Volk s bote"





Der „D eu t ſ<he V olk s b o te" erſcheint zweimal
wöchentlich. Verlag und Leitung: Mannheim

Mannheim. Anzeigenpreis : Die 5-geſpaltene Petit-
si Zeile 10 Pfg. i

> Padilcher Volkobale. +

Watht am Rhein. +



Preis vierteljährlich durch den Briefträger frei
in's Haus gebracht Mk. 1.25, am Poſftsehalter
oder durch unſere Boten in Mannheim 1 Mk.,
von unserer Expedition abgeholt 80 YNfg.
Poſtzeitungsliste Nr. 1964a.



HM 102.





Mannheim, Mittwoch, den 22., Dezember 1897. ß. Jahrgang.
Verbrüderung haben sei, und daß ehen a lle, di e mit d em bewußt, daß Ich die Verpflichtung habe, das aun.
des jüdiſchen Kapitalismus [mit der § ye ght pk w mmer kon er. jjha fl f grtitezzveen U Meiu H t).:
Sozialdemokratie. Intereſſant find die in der Wirthszeitung an- | wirst, und die Aufgaben, die Du zu erfüllen hat,.

Unfsere in Nr. 99 des „Volksboten“ veröffent-
lichte Kritik an der Unterſtüßung der Sozialdemo-
kratie in Mannheim? durch die „Badiſche Brauerei“
hat, wie wir von vorn herein anzunehmen berechtigt
waren, in"allen Kreiſen?'der Einwohnerſchaft großen

. Beifall gefunden, der sich in zahlreichen anerkennenden

Zuſchriſten an die Schriftleitung kundgibt. U. A,

. iſt uns auch die „Deutſche Wirthszeitung“ vom 11.

Dezember zugesandt worden, die sich ebenfalls mit der

. Auslieferung der „Cen tralh a lle“ an die Mann-

heimer Sozzenſchaſt beſchäftigt. In ihrem Bericht
über die kürzlich veranstaltete 2. Generalversammlung
des Vereins Mann heimer Wirthe ſchreibt

dieselbe:

„Vei dem Punkte: Verschiedene‘ Vereinsange-
legenheiten, machte College Jakob Müller die inter-
cesſſante Bemerkung, daß hier eine Wirthſchaft à la
Schmoller entstanden ſei. Schmoller iſt ein großes
Kaufhaus, wo alles zu haben ist, z. B. Zündhölzer,
Waſchſeife. zu 1 Pfg. das Stück, Trauerhüte zu
13 Pfg., die Hemden zu 39 Pfg. u. s. w. bis zu
den feinſten Stoffen, Teppichen, Schuhen, Küchen-

und Porzellanwaaren, Spielwaaren, Schul- und

îSportartikeln. Auf Befragen des Vorsitzenden, den
Namen des Kollegen zu nennen, den Müller be-

., ſchuldige, meinte derſelbe, es wäre die Wirthſchaft

des Herrn Ge i ß zur „C entr a lh alle“. Herr
College Geiß, der Stadtrath und Landtagsabgeord-
neter ist, hat nämlich am Samſtag eine neue große

Wirthſchaft, die die Badiſche Brauerei erstellen ließk,

übernommen und unterliegt es keinem Zweifel, daß
durch dieſelbe, unter Leitung eines hervorragenden
Führers der Sozialdemokratie, den kleineren Wirthen,
in deren Lokalen meiſt Sozialdemokraten; verkehren,
gro ß er S < a d en z u g e füg t wird. Falſch
iſt die Beſchuldigung, daß Herr Geiß ein Geſchäft
à la Schmoller betreibe. Viel richtiger dürſte es
ſein, daß wir es hier mit einer V er b rü d er un g

' des Ca p it alis mu s mit d er S oz i a l-
: d emo k1 ati e zu thun haben. Es dürften auch
die Worte des Landtagsabgeordneten Dre es ba ch,

die derſelbe bei leßter Generalverſammlung:; anläß-
lick der Berührung bezw. Einführung der Bedürf-
nißfrage bei Errichtung neuer Wirlhſchaftea hielt,
für unsere Mitglieder und alle Wirthe von Inter-
eſſe ſein und denſelben zu denken geben : „daß unfer

. jetziger Stadtraih und die sozialdemokratiſche Partei
für die Einführung der Bedürfnißfrage nicht zu

Feuilleton.



Bilder aus Merxico.

(Fortſezung und Schluß.)

Die Kaffee-Ernte iſt gut ausgefallen, der Kaffee
eht auf 21.
ſeh Beinkleider, wie sie früher bie preußiſchen
Gardelieutenants trugen, und von oben bis unten
mit silbernen Schnallen beſeßt, wie sie jene nicht
trugen, an den Füßen 698 Pfund ſchwere silberne
Sporen mit Rädern wie für Rieſenpferde eingerichtet
~ dies vervollständigt die Kleidung.
U Alles dies eine farbenreiche, herrliche Erſcheinung.
Und nun gar der Plat ſelbſt !

Auf zwei Seiten ziehen sich prächtige Wälder
dahin, die maleriſch an den Abängen kleiner Hügel
gelegen sind, rechts der Acatepec, ein alter, aus-
gebrannter Rrater, der die Gestalt eines Sargdeckels
hat, in einiger Entfernung der Cerro de Guadalupe,
weiter hinten am Horizont mächtige bewaldete Berge,
unter denen hervorragend wie ein Rieſe unter Zwergen
der Orizaba, der stolze Vulkan, bei deſſen Grollen
die Erde erzittert.

Halb mit Schnee und Eis bedeckt, vom Sonnen-

licht herrlich überfluthet, steht er da, wie ein Greis
in weißem Haar, dem noch die Kraft eines Jünglings
innewohnt und der sich derſelben bewußt ist. Jn



(Nachdruck rerbotenn.



ageführten Worte des sozialdemokratiſchen Stadtraths
Dreesbach : „Alle. die mit dem Strome nicht ſchwim-
men können, müſſen untergehen." Dieſen Grundſatz
hat sich scheinbar auch die „V o l k s st i m m e" zu
eigen gemacht ; sie ſchwimmt selbst in dem j ü d i-
s < en G ol d str o m, um nicht unterzugehen, und
sie prophezeiht dem „D e u t s < e n V o l ks b o ten“
den Unteraang, w e i l dieſer es für unmoralisch im
höchsten Grade hält, jüdiſches Wucherkapital, Geld
solcher Leute anzunehmen, die es auf die A u sb eu-
tung aller ehrlich ſchaffenden Staats-
bürger abgeſehen haben. Sie vergißt freilich, da

ihr dieſe Kraft vollftändig abg eht, daß

ehrliche, redliche Begeisterung nicht nur für mate-
rielle, sondern auch für i de ale Güter der Menſch-
heit eine unbezwingbare Zähigkeit und Schaffens-

freudigkeit einflößt. derart, daß auch mit kleinen

Mitteln der Kampf fortgeſeßt werden kann. Wer ſich
als A n t i ſe mi t in die vorderſte Schlachtreihe

siellt. hat von vorn hereic darauf verzichtet, wie die

Iyzslryekratikte Zeitungsmänner, ein Wolhlleben
zu führen.

Uebrigens geht uns noch die interefante Mit-

theilung zu, daß der Beſit des Hauſes, in der ſich
die Centralhalle befindet, nicht einmal unbestrittener

Besitß der Badiſchen Brauerei iſt, daß vielmehr lout
ſtadträthlicher Schäßung vom 7. August 1896 ein
Anderer Besitrechte darauf hat. Bei dem Obexlandes-
gericht in Karlsruhe ſchwebt ein diesbezügl. Prozeß,
der demnächſt zum Austrage kommt. €Es ist daher
die Möglichkeit, ja Wa hrſch einlichke it vorhenn:. |

den, daß die Sozzen aus ihrem „Volksheim“ wieder
mit Sack und Pack auswandern müſſen.

Die Abreiſe des. Prinzen Heinrich
.. nach. China
mit den beiden Schiffen „Deutſchtand“ und „Gefion“



iſt am Donnerſtag erfolgt. Vei dem Abſchiedsmahle

hat der Kaiſer folgende bedeutſame Rede gehalten:
„Mein lieber Heinrich! Da Ich heute nach
Niel hineinfuhr, überdachte Jch, wie Ich ſchon ſo oft
mit Freuden dieſe Stadt hetreten habe, sei es um
dem Sport obzuliegen, sei es um irgend eiuer
militäriſchen Unternehmung von Deiner Seite und
auf Meinen Schiffen beizuwohnen. Bei dem heutigen
Eintritt in die Stadt hat mich ein ernſtes Gefühl
bewegt, denn Ich bin Mir vollkon:men bewußt der
Aufgabe, die Ich trage. Ich bin Mir aber zugleich

dieſem Rahmen das bunt bewegte Bild der Menſchen
in den maleriſcheſten Trachten, der feurigen kleinen
Roſſe, der ſchreienden Mulas (Maulthiere), der
flatternden Sonnenzelte. KFaum kann man ſich ein
phantaſsliſcheres Gemälde denken.

Doch nun zu den Oarreras ſelbſt. Wir werden

empfangen von zahlreichen Freunden, die ſchon ihr |

Zelt aufgeſchlagen haben. Die bis zum Rand ge-
füllten Körbe mit Speiſe und Trank, welche im
Hintergrunde geduldig warten, bis die Zeit ihrer

Herrſchaft kommt, lächeln uns freundlich an, und

fröhlich wirft man ſich ins grüne Gras, um vorerſt
burch Vigtt die Hißze des Weges etwas zu
vertreiben.

Erſt um 1 Uhr beginnen die eigentlichen Rennen
und es iſt Zeit genug vorhanden, um die nöthigen
Wetten, welche einen weſentilichen Theil der Oarreras
ſowie überhaupt jeder Beluſtiqung ausmachen, zu
arrangiren. Gewettet wird immer, der eine ſeht
1000, der andere einen Duro (mex. Thaler) und wer
nur 4 Reales ('ſe Thaler) in der Taſche, oder, in
Ermangelung einer ſolchen, im Hemdärmel eingewickelt
hat, ſucht Jemand, der einen ſolch niedrigen Say nicht
für unter ſeiner Würde hält, oder er pumpt ſich
andere vier Reales hinzu, um ,standesgemäß“ auf-
treten zu können; denn ein Thaler iſt gewöhnlich die
niedrigſte annehmbare Wette. :

Hin und her wandern die Silberpeſos aus einer
Hand in die andere. Dort ſchreitet eine jugendliche
Schöne, in der Rechten einen langen dickbauchigen
ſchweren Sack mit wer weiß wie vielen Hunderten,
hier empfängt eine andere mit graziöſem Lächeln die



bedingen an sich nichts Neues; sie sind logiſhen.
Konsequenzen dessen, was Mein hochſseliqger Großbvaeen.
und sein großer Nanzler politisch gestiftet unn ws.

Unser herrlicher Vater mit dem Schwerte auf dem

Schlachtfelde errungen hat. Es ist weiter nichts, wie. |
die erſte Bethätiqung ‘ des neugeeinten“ und nen

erſtandenen®Reiches in ſeinen“ überſeeiſchen Aufgaben.
Dieselben haben in der ſstaunenswerthen Ent-
wickelung seiner Handelsintereſſen einen solchen.
Umfang gewonnen, daß es Meine Pflicht ist, den

neuen deutſchen Hanſa zu folgen und ihr einn
Schutz angedeihen zu lassen, den sie vom Reik uann.

vom Kaiser verlangen kann. Die deutschen Brüder
kirchlichen Berufes, die hinausgezogen sind zu stillem

Wirken und die nicht geſcheut haben, ihr Leben enn

zuſeßen, um unſere Religion auf fremden Boden, bei

fremden Völkern heimiſch zu machen, haben ih.
unter Meinen Schutz gestellt, und es gilt, dien.
mehrfr< gekränkten und auch bedrängten Brüden.
für immer Halt und Schutz zu verſchaffen. Deßwegen.
iſt die Unternehmung, die Ich Dir übertragen ha le..
und die Du in Gemeinſchaſt mit den Kameraden un

den Schiffen, die bereits draußen sind, zu erfüllen

lebts wirst, wesentlich die eines Schutzes, nicht ds.
cTruhthes.
Unserer deutschen Kriegsflagge Unſerem Handel, dem
deutſchen Kaufmann und den deutſchen Schiffen dase.
Recht zu Theil werden, was wir beanspruchen dürfe.
das gleiche Recht, was von Fremden allen anderen.
Nationen gegenüber zugestanden wir.. w

Es soll unter dem ſscHütenden Panier

Neu ist auch unser Handel nicht. War doch die
Hanſa in allen Zeiten eine der gewaltigsten Unter-

nehmungen, welche je die Welt gesehen, und es ver- |

mochten einst die deutſchen Städte Flotten aufzustellen,
wie sie bis dahin der breite Meeresrücken wohl kaum

getragen hatte. Sie verfiel aber und mußte verfallen,

weil ihr eine Bedienung fehlte, nämlich die des Kaiser-

lichen Schußes. Jett ift es anders geworden. Die n
erſte Vorbedingung ~ das Deutſche Reich — iſt ge-

ſchaffen, ebenso die zweite Vorbedingung, der deutſche
Handel blüht und entwickelt sich, und er kann sich nur

gedeihlich und sicher entwickeln, wenn er unter dere
Reichsgewalt sich sicher fühlt. Reichsgewalt bedeutet |
Seegewalt und Seegewalt und Reichsgewalt bedinten.
ſich gegenseitig ſo, daß die eine ohne die andere nieht.
bestehen kann. Als Zeichen der Reichs- und Seen

gewalt wird nun das durch die Seediviſion verſtärkte

Geschwader aufzutreten haben. Mit allen Kameraden |
der fremden Flotten draußen in innigem Verkehr un

geſeßten Summen, alles ist Leben und Bewegung,
und raſtlos klappert das Silber; denn alles, selbst

die größten Summen, zahlt man hier in Silber aus,

da Gold fast gar nicht mehr vorhanden iſt un

Papiergeld, außer in den größeren Städten, noch
nirgends gern genommen wird. '

Vor uns liegt der Carril. Zwei in den Raſen
gestochene Rennwege von je einem Meter Breite.
Uthe f gi Pferde meſſen hier zu Lande nie ihre

znelligkeit.

Die Länge der Bahn beträgt — ich bitte, nicht
zu erſchrecken - einhundert und fünfzig Meter, ein
Katzenſprung im Vergleich zu den in Europa üblichen
Diſtanzen. Der Grund für Stipulirung einer ſo
überaus kurzen Strecke iſt darin zu ſuchen, daß die

mexikaniſchen Pferde im gestreckten Galopp größere |

Touren nicht machen können, auch werden die Thiere
nicht, wie in der alten Welt, zum Rennen trainirt,
sondern es concurriren Pferde, wie sie ~ ich möchte
sagen –~ zum Hausbedarf erforderlich sind. Die
Toilette von Roß und Reiter ist auch eine eigene.

Ersteres iſt ohne Sattel, nur gezäunt, lethterer trägt '

ein leichtes Hemd und leichte Beinkleider, beide aus
Leinen; er iſt barfuß, und an Stelle der sonst üb-
ther Fsfeyniühe ſchlingt er sich ein Taſchentuch um .

Die feindlichen Vierſüßler stehen oft über eine
Stunde am Start und werden verſchiedene Male zur

Probe in Galopp geſett ; doch dauert es immer lauge

genug, ehe fich .die Reiter entſchließen können,
definitiv das Rennen zu eröffnen, ja es kommt ve.
daß sie ſich g a r n i ch t dazu entſchließen, ſodaß dann
 
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