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Der „Deut ſ<he Volksb o te“ erſcheint zweimal
. wöchentlich. Verlag und Leitung : Heidelberg, Bahn-

hofstrake 9. Telegramm - Adresse: j„Volksbote“
Heidelberg. Y«zeigttpreis z ! 5-geſpaltene Petit-

> Padiſcher Vollksbote.

— Wacht au Rhein. ~



Preis vierteljährlich durch den Briefträger fre
oder durch unſere Boten in Heidelberg 1 Mk.
Poſtzeitungslifte Nr. 1964a.



I 93.

Heidelberg, Samſtag den 20. November 1897.

8. Jahrgang.





uu

z

Der goldene Maulkorb der Sozzen.

; Unsere Mittheilung, daß der ,„Deutſche" Volks-

bote" im Dezember nach Mannheim überſiedeln wird,
veranlaßt das dortige Sozzenorgan, die „V o lk z -
ſt i m m e", wie sie ſich fälſchlich nennt, zu ;. folgender
Begrüßungsrede: y

„Mit V olld ampf par a u z will das Heidelberger

Antiſemitenbtatt, das bisher nur ganz"kärglich ſein: Leben fristete,
ſeinem Untergang entgegenreiten. Drum siedelt es mit Anfang
Dezember nach Mannheim? über"und hoffl, es dort inFBälde zu
einem täglichen Erſcheinen zu bringen. Ein frommer Wunſch,
der ſich niemals erfüllen wird! In Mannheim ist für die
Hepp-Hepp-Heterei kein Boden. Den Kampf gegen die kapita-
liſtische Ausbeutung beſorgt die „Volksstimme“ und für die
Rasſenheterei iſt die Wannheimer Bevölkerung nicht zu haben.

Uns hat dieſe offenbar von Brodneid eingegebene
Epiſtel vielen Spaß gemacht, und wir würden einfach
mit der kurzen Bemerkung „a b w art en!“ darüber

zur Tagesordnung übergehen können; der Umstand

jedoch, daß die ehrenwerthe Sozzenzeitung sich in die
Bruſt wirft, von „Hepp-Hepp-Hetzerei“ ſpricht, und
ſich als Bekämpferin des Kapitals aufspielt, veranlaßt
uns, einmal gr ü n d li < zu unterſuchen, warum die
„Hepp-Hepp-Heyherei“ (sehr ſchön ausgedrückt! — die
Schriftl.) bei der Volksstimme keinen Anklang findet
f!) wie it „Kampf gegen das Kapital“ in Wirklich-
eit aussieht. :

quser hinlänglich bekannt, daß nicht bloß die
„Arbeitergroſchen“, sondern in hervorragendem Maaße
auch das j ü d i ſ < e Gr o ßk a pit al dazu beiträgt,
daß die N a ſſ e der ſozialdemokratiſchen Partei immer

hübſch gefüllt iſt. Unſere Abſicht iſt es nun nicht.

dieſe Thatsache heute näher zu erleutern, ſondern wir
wollen uns ganz ſpeziell mit den Wohlthaten be-
ſſchäftigen, welche der „V o lk 3 ſti m m e allein aus
den Geldſchränken der Juden zuſtrömen. ~ Zahlen
beweiſen! Und durch Hahlen werden wir nachweiſen,
daß die Mannheimer Judenſchaft den g r ößten

Theil der Gelder aufbringt, welchen die Volksstimme

ihr Daſein und ihr Floriren verdankt.
! Sehen wir uns einmal den Anz eigentheil
der lezten Samstagnummer der „Volksstimme“, die
Nr. 265, auf Zeilenanzahl und Herkunſt der Annocen

an. Da finden wir denn folgende Judenfirmen ver. |

tren.

1. Daniel Jdſtein mit 72 Petitzeilen

2. S. Halpert 72
8. Ph. Lippſchiz + 166
4. L. Hamburger “ 41
5. David Hirſch i u. :. A1
6. Jſaak Kahn u. Maier w.. 1 18
7. Gebr. Roſenbaum „.. 41

8. E. Süß jr.

" Feuilleton. |



Der Eine und der Andere.
Erzählung von Han 3 W arrin e.
(Nachdruck verboten).
(Fortsetzung.)

Die WMirthſchaft gedieh unter ihrem milden
Regimente, Mangel und Noth waren ihrem Hauſe
ferne geblieben, ihr alter Andrees ſagte oft in seiner
ftammelnden Weiſe: ,Marianne, ſo Gott will, möcht
. ich noch manches Jahr;mit dir zuſammenbleiben“.
Und was die Hauptsache war : ihr Rudolf hatte ſich
auch dort im fernen Lande Freunde erworben. Er
war mit ſeiner Stellung zufrieden, er lernte viel
Neues und Schönes kennen, vervollkommnete sich in
seinem Berufe, und es eröffneten sich ihm gute Aus-
ſichten für die Zukunft. Seine Briefe waren der
friſche Strom des Lebens, der sich in das ſtille Haus
ergoß, alle Dunkelheit hinauskehrte und Licht und

Hoffnung mit ſich führte. t.
_ So war FrauzMarianne ſelbſt? im Entbehren
nicht unglücklich. Aber eins gab es, was ihr Sorgen

machte : das böſe Leben in der Mühle.. Wie ſchlecht
es mit dem Mühlenbetriebe gehe, wie widerſehlich und
untüchtig die Dienstleute seien,;wie darunter die ganze
VWirthſchaft leide, und wie der Wohlstand ſchwinde,
dies war der Gesprächsstoff der ganzen näheren und
weiteren Umgegend. .





9. Bytinski u. Co. mit 9%0 Petitzeilen
10. G. Sohn (Q 4, 12) u..29 L,

11. L. Baum (6 5, 5) u.. 22

12. Rudolf Hirſch Ñ u. 42

13. Martin Decker „L s1 y

14. Dr. Ludwig Seelig, Rechtsanv.. 30 j,,

15. L. Steinthal y

16. E. Helfft :

!f Ludw. Feiſt-Hochſtetter

19. Ferd. Mayer (F 3, 12) u.. 4âàO. ,
20. C. Friedmann ' .
21. S. Lippmann »
22. K. Ginsberger d

Summa 2531 Petitzeilen.

Darunter befinden sich 20 Geſchäftsanzeigen
mit zuſammen 2502 Annoncenzeilen.

Dieſen jüdiſchen Geſchäftsinſeraten aus Mannheim
ſtehen 26 nichtjüdi ſ<h e aus Mannheim,
von denen es freilich zum Theil zweifelhaft, ob der

Geſchäfts-JInhaber nicht auch ein Jude ift) gegenüber. |

y;)! Frets umfassen jedoch insgesammt nur 697
eilen.
f E3 kommen hinzu folgende Gel e g eu h e it s -
inſera te: .
12 Anzeigken von Ver-
sammlungen der sozial-
demokratiſhen Partei
od. sozialdemokratiſchen î
Arbeiterorganiſationen mit 312Petitzeilen
9 Vergnügungs- Anzeigen
î O ozialdemokratiſcher
Vereine j | “
14 Gaſtwirthſchafts - nm
pfehlungen (Rathskeller
î_ mit 300 Zeilen!)
Wohnungs-Anzeigen
Stellengeſuche und Gelegen-
heitsverkäufe nur „. UU .,
(einschl. bez. Judenannoncen) j
Von auswärtigen Inſerenten , 110
1 Todesanzeige v. A
1 Fahrplan einer Nebenbahn „ 44

Summa nur 1481 Petlitzeilen.
Von diesen insgeſammt 4680 Heilen des
Inseratentheiles der Saniſtagnummer der , Volks-
stimme" nehmen alſo die Judenannoncen 54'/
der geſammten Tageseinnahme für Injſerate,
alſo bedeutend über die hatt ein. j
_ Nun ſind es aber - ahgeſehen davon, daß hier
die Gelegenheitsinſerate nur 31 pCt. ausmachen
die G e ſ ch ä f ts inſer ate, welche durch ihre regel-
mäßige Wiederkehr den Gr un dt o > der Zeitungs-

183

u ö680 . q,,
„ 126

Auch über Martins Ehe gingen ſeltſame Gerüchte.

Die Cheleute sollten nebeneinander hingehen wie zwei
Fremde, aus der jungen heiteren Frau ſei ein ernſtes,

ſchweigſames Weib geworden, das weder ein Scherz-

wort noch ein Lächeln kenne, ſo erzählten die Dienſt-

leute und die Nachbarn. Diegÿ alte Chriſtel, die oft

in die Mühle kam, weil ihre Halbſchweſter daſelbſt
als Köchin diente, brachte der Mutter allerlei Nunde.
„Nichl todt möcht ich in der Mühle ſein, viel weniger
da lében!“ sagte sie, als sie von einem Besuche
zurückkehrte. „Wie ausgestorben iſt alles im Haus,

die Frau geht still und unhörbar herum, blaß wie

ein Geiſt, und in der Mühle wettert und flucht der
Müller, daß man es bis im Nachbardorf hören könnt!
Urſach zum Fluchen soll er haben. Mit dem Schneide-
werk ist es vorbei, erzählen die Leute, und um es
wieder in Ordnung zu bringen, soll eine Unmasse
Geld nothwendig ſein. Der Müller hat einen Sach-

verständigen aus Königsberg kommen laſſen, und der

hat geſagt, es iſt ein Wunder, daß die Sache über-
haupt noch geht, ſo heruutergebracht haben ſie die
Leute, und er ſoll sich in acht nehmen, die große
eiſerne Hauptwelle oder -Walze — ich weiß nicht wie

| das Ding heißen thut ~ hat einen Sprung, und

wenn es mit der einmal einen Krach giebt, dann kann
es bös werden."
Auch von anderer Seite hörte man Schlimmes.

Die Schugstin, die viel in der Gegend herumkam und

Neuigkeiten von einem Haus in das andere trug,
sprach bei Marianne vor und machte ihr mit ihren
Erzählungen das Herz ſchwer.

„Prozeſſe hat er drei vier auf dem Hals“,

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einnahmen bilden, und da iſt das Verhältniß zwischen

Juden und Nichtjuden ein noch weit auffälligeres.
Aus der obigen Aufstellung ist ersichtlich, daß es die
j ü d i ſ ch e n Geſchäftsleute sind, welche durch grolſen
Reklamen, z. T. Rieſenreklamen, die Käufer an fient
zu locken trachten. ut

Den 26 nichtjüdiſchen Geschäftsleuten mit rund
697 Annoncenzeilen stehen 20 jüdiſche mit 2502
Zeilen gegenüber, d. h. im Durchſchnit entfallen auf
jeden nichtjüdiſchen Jaſerenten der „Volksftimme“ nur

23 Zeilen, auf jedenrjüdiſchen dagegen 125 Heilen.
Von den Geſchäftsjuden verdient die Volksstimme allo.
5'ſ)s m a l me h r als von den deutſchechriſtlichnn.

Kaufleuten. :
Sehen wir an Stelle der Zahlen Geldſummen,

und nehmen wir dabei einen durchſchniltlichen Rabatt .

von 33'/s pCt. an, ſo ergibt sich Folgendes. Die Ein-

| nahme für Inserate betrug in der Volksstimme“ am

vergangenen Samstag im Ganzen Mk. 312,00 ;; davon
Haben die Juden gezahlt Mk. 168,75. .0
An Deutlichkeit laſſen die hier vorgeführten
Zahlen wohl ‘nichts zu wünſchen übrig, und die Rich-

tigkeit wird ſelbſt die „Volksstimme“ nicht zu ben.
'zweifeln wagen. Wenn die Aktiengeſellſchaft fieh in.

dieſem Jahre ein eigenes Haus im Werthe von
150 000 Mk. gekauft hat, so können wir füglich be-
haupten, daß dasselbe aus J u d en g e l d gebaut ist.
Da nun die Sozialdemokratie durch und durch

ſ materialisſtiſch e Grundsätze hat, so ist es ſelbſen.

redent, daß auch die „Volksstimme“ sich gegen ihre

Wohlthäter, denen fie ein eigenes Heim zu danken

hat, erk enn tli < erweiſe – Sie hat als einen

g o l d en en M au lko r b auf, der ihr zwar gestattet, |

hin und wieder zu kläffen und bläffen, der sie aber

am Beißen verhindert, wenn internationales Gen.

ſindel in das de u tſ < e Haus einbricht, die deutſchen .
Bewohner knebelt und alles ausraubt, was nicht niet-
oder nagelfest ist. j u

„Der jüdiſche Geſchäftsmann zahlt 5'/2mal so

viel für Annoncen wie der chrifilich - deutsche, alſo it.

der erstere auch 5'/,mal mehr wert h als der letztere.“
Wir wissen nicht, ob wir damit die Anficht der „Volks-

stimme“ aussprechen, aber nach ihrer T h at mu mm

zu der Ueberzeugung kommen, daß sie so denkt. Was
hat denn die , Volksstimme“, was haben die Sozial-
demolraten in Mannheim gethan, um das „Kapital“.
zu bekämpfen? Weniger wie nichts! Ja gegen
dasjenige Kapital, welches in dem Werkzeug des
Handwerkers, in dem Ackergeräth des Landwirthes, in
dem Laden des redlichen Kleinkaufmannes, in dem
s oli d en induſtriellen Unternehmen ruht, das Tau-
ſenden von Arbeitern Lohn und Brod gibt, gegen
d ie ſe 3 geſunde Kapital richtet sich ihr Nampf. Da-

gegen sind ſie bl i n d gegen die Verderben hringenanen.

t ft§lte fes Zeugen aufstellen, die dabei geweſen
sind, wie er grob und gewaltthätig gegen seine Mahl-

gäste gewesen iſt. Den Rodmann aus Damorn hai
er die Treppe hinuntergeworfen, weil der ihm gesact.

hat, aus ſgutem Weizen hat er ihm ſchlechtes Mehl
geliefert, und er hat es fertig gebracht, in ein haar
Jahren aus der beſten Mühle im Land die ſchlechteste
zu machen. Und der Rodmann ſagt, wenn noch Ge-
rechtigkeit zu haben iſt in der Welt, so muß der
Lippert dafür ſißken ~ mit Geld iſt die Beleidigung
nicht gut zu machen. Und dem Haſſelberger aus
Schrengen hat er – "

„Laß es gut ſein, Schugstin“, '
Marianne den Redeſtrom, „wenn ich nicht helfen
kann — und ich kann es leider nicht ~ iſt es ja
unnöthig, daß du mir das alles erzählſt. Der
Martin wird viel Schaden erleiden mäüſſen, ehe er
klug wird, aber er hat sich das alles ſelbſt aufgeladen
und muß es tragen. Wer mir aber leid thut, das
f die arme Eva. Sie kann darüber zu Grunde
gehen. " wut

„Sie ſieht zum Erbarmen aus, und die Leute
sagen –“ ~– Marianne winkte ab.

„Die Leute ſagen oft mehr, als sie verantworten
können, Schugstin! Alles darf man ihnen nicht
glauben. – Und jeßt komm zu meinem Andrees
herein und erzähle ihm etwas Lustiges, worüber er
sich freuen kann." |

(Fortsezung folgt).

in's Haus gebracht Mk. 1.25, am Poſtſcha le.
von unſerer Expedition abgeholt 88 Pfg.

„Und alle muß er verlieren, denn den.

unterbraen.
 
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