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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,1.1917

DOI Heft:
Heft 4 (2. Novemberheft 1917)
DOI Artikel:
Hoffmann, Paul Theodor: Deutsche Freiheit von Luther her
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https://doi.org/10.11588/diglit.14422#0163

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fortsetzen, welche sich von dem Lebenswerk des Erneuerers unserer Re--
ligion durch die Geschichte zieht. Eines von ihnen ist das soeben er-
schienene Büchlein „Die deutsche Freiheit" *, in dem fünf unserer führen--
den Männer: Harnack, Meinecke, Sering, Troeltsch und Hintze vom
Wesen der dem deutschen Volke eigentümlichen Freiheit sprechen und
sie verteidigen gegen den Vernichtungswillen durch die westliche Demo-
kratie. Was Luther seinerzeit erwirken wollte, war im letzten Sinne die
Freiheit überhaupt, aber der Weg, den er wies, war so durch und durch
deutsch empfunden, daß er die Grundlage der deutschen Freiheit schuf.
Es gibt gewiß nur eine wahre Idee der Freiheit, aber der Wege, sich
ihr zu nähern, sind unendliche. So bahnt sich jedes Volk auf Erden
seinen mit Mühe und bitterer Not erkämpften Pfad zur Freiheit. Freilich,
unsre Gegner behaupten, wir, gerade wir und nur wir, haben überhaupt
keinen derartigen Weg. Wir seien in Knechtschaft und Militarismus
erblindet und müßten deshalb mit Gewalt auf die einzig mögliche Frei-
heitsgasse geleitet werden. Ist es so? Hat ,uns Luther nicht unsern Weg ge-
wiesen? Ilnd sind wir diesen denn nicht weitergegangen? Wo stehen wir
heute? Nähern wir uns der Idee oder der Hölle? Auf diese Fragen
versucht das kleine Buch Antwort.

Luther hatte einst an Stelle der mittelalterlichen Religion der Ge-
meinschaft die Religion der Persönlichkeit gesetzt. Die Verantwortung
des Menschen für seine Göttlichkeit lag nun nicht mehr im Schoße der
Ablaß spendenden Kirche, sondern in ihm selbst. Die Klostergewölbe des
Geistes sanken nieder, der Mensch stand auf der blühenden und über-
stirnten Erde frei und streckte mit dem Iubel des Humanismris im tzerzen
die Arme zu Gott da droben. Aber mit der Freiheit trug er die Ver-
antwortung selbst, welche einst die Kirche für ihn getragen hatte. So
begann die Pflege der persönlichen Freiheit. Dabei konnte der
Mensch nicht allein bleiben, denn er lebte in der Gemeinschaft, im Volke.
„Aus den Tiefen der persönlichen Freiheit entstand eine neue, eine
deutsche Idee von politischer Freiheit." So gut wie Eugland und
Frankreich, in dem sich nahezu gleichzeitig der modcrne Staat und das
moderne Individuum entwickeln konnten, hat es Deutschland nicht ge-
habt. „Uns hat es das Schicksal schwerer gemacht, diese harmonie zu
erarbeiten, als wir, schier übergeistig geworden, vor hundert Iahren zum
Staate traten, zu einem Staate, dessen Struktur so sehr viel straffer
und spröder war als der der westlichen Völker." Aber eben diese Schwere,
welche die Geschichte auf uns geladen, hat unsere „Ideale vom Zusam-
menklang persönlicher und politischer Freiheit" vertieft. Ihre Verwirk-
lichung ist weit schwerer als in der glatten, mit Phrasen gedeckten Ein-
heit der feindlichen Demokratien, sie ist viel tiefgründiger und kommt
darum der Idee immer näher. Von Kant über Fichte, tzegel und tzum-
boldt führt der deutsche Staats- uud Freiheitsgedanke hinein in die
kampferfüllte Gegenwart mit ihrem deutschen Reichtum an Besonder-
heiten, Eigentümlichkeiten und Widerständen im Streite zwischen dem
Einzelnen und der Gesamtheit. Meinecke und Troeltsch keunzeichnen
dann die verschiedenen Strömungen der Freiheit in Deutschland, während
Sering die staatlichen und sozialen Zustände mit denen unserer Feinde
in bezug auf freiheitliche Gestaltung vergleicht.

* Die dcutsche Freiheit. Fünf Vorträge von Harnack, Meinecke, Sering,
Troeltsch, Hintze. Verlag F. A. Perthes A.-G-, Gotha.
 
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