läufer mühelos nachahmte, teils aber auch sich williger den Wünschen
aller Verbrauchermärkte anschmiegte, als es den älteren Wirtschafts-
ländern mit ihren Gewohnheiten lieb war, da steigerte sich der Unmut
über den Eindringling bis zur Besorgnis." So schreibt Wichard von
Moellendorff in seiner „Deutschen Gemeinwirtschaft". Aus einer von hundert
Kriegsschriften: „Man hört jetzt vielfach das Wort: Wir könnten uns doch
mit England vertragen! Gewiß, wir könnten es. Aber England kann sich
nicht mit uns vertragen. Wir können uns vertragen. Denn der junge, auf»
strebende Konkurrent hat gar kein Interesse daran, sich mit dem alten,
absterbenden Konkurrenten zu überwerfen, der ihm nicht mehr gefährlich
werden kann und den er schließlich doch beerbt. Uns kann es nur
recht sein, in friedlichen Wettbewerb mit England zu treten. Denn im
friedlichen Wettkampf der beiden Nationen hätte schließlich der Sieg
Deutschland beschieden sein müssen. Anders bei England. England steht
und stand vor der Alternative: entweder sein veraltetes technisches
System über den tzaufen zu werfen, einen großen Teil seiner wirtschaft-
lichen Ruhe und seiner Sportliebe zu opfern, oder auf die Dauer
Deutschland zu unterliegen." Das liest sich so zuversichtlich, so be»
ruhigend. Ie länger aber man den Sinn solcher Worte betrachtet,
immer mehr entschleiert sich die ungeheure Tragik, die sie verhüllen.
Das furchtbare Gesetz: im Kampf bestimmt der Entsagungsfähigste und
»willigste, der am wenigsten höhere Lebensansprüche macht, Ton und
Sitte. An dem oben Angeführten ist vielleicht alles richtig. England
hatte wohl noch im Bank- und Handelsgeschäft die ererbte Vorzug»
stellung, nicht mehr in der industriellen Erzeugung. Nicht mehr auf
dem Gebiet, wo die Industria, der Flciß, die Arbeitsamkeit der tzundert»
tausende und die Geneigtheit den Ausschlag geben, der Arbeit und dem
Erfolg „alles" zu „opfern". Eins nur ist nicht richtig, das Wort vom
„friedlichen Wettkampf". Oder klingt es nicht wie bittere Ironie, den
wütend-wahnsinnigen Wettkampf um ein wenig Lebenssreude — friedlich
zu nennen? And steckt nicht darin der Tragik tiefster Kern, daß von den
Völkern gerade die Deutschen den tiefsten Stand der Lebenshaltung
festzusetzen gezwungen sind, daß eins der geistigsten Völker die anderen,
darunter weit minder geistige, zwingen muß, diesen härtesten Zwang
zur Nngeistigkeit auf sich zu nehmen? Muß, wenn seine siebzig Mil»
lionen auf ihrem engen, kargen Raum sollen leben, wachsen und ihre
Schulden bezahlen können?
G
Das stärkste Aber wartet nun in vielen schon darauf, gegen solche
„Verdrehungen" des Tatbestandes anspringen zu können. Lassen wir
ihm Raum! Es wäre ja freilich eine bösartige Verdrehung, wenn man nur
sagte, das höher stehende England sei von dem bösen, kulturseindlichen
Deutschland ins Äbel hineingezwungen worden. Wie denn? Es soll doch
tausend und einmal bewiesen, bis zur Eisenfestigkeit bewiesen worden sein,
daß England uns eingekreist und in den Krieg gezwungen hat. Es steht
fest, daß jenseit des Armelmeeres dse Armen es weit schwerer hatten, als
aller Verbrauchermärkte anschmiegte, als es den älteren Wirtschafts-
ländern mit ihren Gewohnheiten lieb war, da steigerte sich der Unmut
über den Eindringling bis zur Besorgnis." So schreibt Wichard von
Moellendorff in seiner „Deutschen Gemeinwirtschaft". Aus einer von hundert
Kriegsschriften: „Man hört jetzt vielfach das Wort: Wir könnten uns doch
mit England vertragen! Gewiß, wir könnten es. Aber England kann sich
nicht mit uns vertragen. Wir können uns vertragen. Denn der junge, auf»
strebende Konkurrent hat gar kein Interesse daran, sich mit dem alten,
absterbenden Konkurrenten zu überwerfen, der ihm nicht mehr gefährlich
werden kann und den er schließlich doch beerbt. Uns kann es nur
recht sein, in friedlichen Wettbewerb mit England zu treten. Denn im
friedlichen Wettkampf der beiden Nationen hätte schließlich der Sieg
Deutschland beschieden sein müssen. Anders bei England. England steht
und stand vor der Alternative: entweder sein veraltetes technisches
System über den tzaufen zu werfen, einen großen Teil seiner wirtschaft-
lichen Ruhe und seiner Sportliebe zu opfern, oder auf die Dauer
Deutschland zu unterliegen." Das liest sich so zuversichtlich, so be»
ruhigend. Ie länger aber man den Sinn solcher Worte betrachtet,
immer mehr entschleiert sich die ungeheure Tragik, die sie verhüllen.
Das furchtbare Gesetz: im Kampf bestimmt der Entsagungsfähigste und
»willigste, der am wenigsten höhere Lebensansprüche macht, Ton und
Sitte. An dem oben Angeführten ist vielleicht alles richtig. England
hatte wohl noch im Bank- und Handelsgeschäft die ererbte Vorzug»
stellung, nicht mehr in der industriellen Erzeugung. Nicht mehr auf
dem Gebiet, wo die Industria, der Flciß, die Arbeitsamkeit der tzundert»
tausende und die Geneigtheit den Ausschlag geben, der Arbeit und dem
Erfolg „alles" zu „opfern". Eins nur ist nicht richtig, das Wort vom
„friedlichen Wettkampf". Oder klingt es nicht wie bittere Ironie, den
wütend-wahnsinnigen Wettkampf um ein wenig Lebenssreude — friedlich
zu nennen? And steckt nicht darin der Tragik tiefster Kern, daß von den
Völkern gerade die Deutschen den tiefsten Stand der Lebenshaltung
festzusetzen gezwungen sind, daß eins der geistigsten Völker die anderen,
darunter weit minder geistige, zwingen muß, diesen härtesten Zwang
zur Nngeistigkeit auf sich zu nehmen? Muß, wenn seine siebzig Mil»
lionen auf ihrem engen, kargen Raum sollen leben, wachsen und ihre
Schulden bezahlen können?
G
Das stärkste Aber wartet nun in vielen schon darauf, gegen solche
„Verdrehungen" des Tatbestandes anspringen zu können. Lassen wir
ihm Raum! Es wäre ja freilich eine bösartige Verdrehung, wenn man nur
sagte, das höher stehende England sei von dem bösen, kulturseindlichen
Deutschland ins Äbel hineingezwungen worden. Wie denn? Es soll doch
tausend und einmal bewiesen, bis zur Eisenfestigkeit bewiesen worden sein,
daß England uns eingekreist und in den Krieg gezwungen hat. Es steht
fest, daß jenseit des Armelmeeres dse Armen es weit schwerer hatten, als