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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,3.1918

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Heft 13 (1. Aprilheft 1918)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14373#0035

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ihnen das portemonnaieförmige Herz
besorgt. Man lese aus einem spalten-
langen Inserat, das der „Verein der
Gastwirte" einer norddeutschen Groß-
stadt unter der Äberschrift „Volks-
Häuser" erläßt, den zusammenfassenden
Schluß:

„Da nun aber auch wieder einmal
die Stadt interessiert werden soll, so
heißt es für die breite Masse der
Steuerzahler: Augen auf! Denn es
werden unliebsame Aberraschungen un-
ausbleiblich sein. Es sei nur an die
Gründung des Kriegervereinshauses
und des Marinehauses in Berlin und
verschiedener anderer erinnert, die ähn-
lichen Aufgaben dienen sollten. Sie
sinü nach demselben Programm er-
richtet und so gründlich wie möglich
verkracht. Wir wollen keinc Prophe-
ten sein. Aber wenn nicht alles täuscht,
so wird den beabsichtigten „Volkshäu-
sern" kein anderes Schicksal beschieden
sein. Auch das Gastwirtsge-
werbe will erlernt sein. Man
kann die für seinen Betrieb erforder-
lichen Kenntnisse und Erfahrungen
auch nicht dnrch die schönste Phantasie
ersetzen und kommt auch über die ele-
mentarsten Anforderungen des wirt-
schaftlichen Lebens nicht durch den
besten Willen und die schönsten Re-
densarten hinweg. Das Ende vom
Liede wird nur sein, wenn der Vor-
schlag ausgeführt wird, daß wieder zu
der nicht gering-en Anzahl von Saal -
Geschäften neue hinzugefügt und
damit der gastwirtschaftliche Betrieb
eine weitere unangenehme und
ungesnnde Konkurrenz erhält.
Denn ob die geplanten Volkshäuser
nachher bestehen können oder nicht,
sie sind einmal da und nachher kaum
zu anderen Zwecken zu gebrauchen.
Das ist dann das Änheil solcher dilet-
tantenhastesten Bestrebungen."

Fühlt ihr euch verkannt, Leute vom
Volkshausbunde? Gebt der Wahrheit
die Ehre: habt ihr in der Tat den
hier allein nicht dilettantenhaftesten
Bildungsgang hinter euch, der mit
dem Pikkolo beginnt?

Das gebratene Hunds-Huhn

n dem Prozcß gegen die Gau-
nerin Gohla in Brcslau kam u. a.
ihre Liebe zu dem Opcrettentenor

Grünwald zur Sprache, dem sie
nach seinen Besuchen die Rocktaschen
mit Hundertmarkscheinen vollstopfte.
Das sind Herzenssachen, die uns nichts
weiter angehn, die Dame war aber
auch gegen die Tiere nett, z. B. gegen
den Hund des Herrn Grünwald. Die-
sem Hnnde wurde bei jedem
Besuche ein Huhn gebraten.
Bedauerlich, daß die Zeitungsleser nicht
auch erfahren, wie: ob es Bello mehr
gedünstet oder knusperig, ob gefüllt oder
mit Speckscheibe und mit Welchem Guß
er es vorzog! . . . Äns scheint: „Das
Huhn des Hundes des Schatzes der
Hochstaplerin" jetzt mitten in der Welt-
kriegsnot — es verdient eine Art
Wappentier zu werden.

Kinder und Villen

ein Freund schrieb mir vom La-
zarett: „Es ist entschieden. Ich
bleibe lahm. Macht nichts. Ich hab'
schon eine Stellung dort. Am über-
nächsten Ersten komm' ich mit den
Meinen. Weißt du, wo ich gerne woh-
nen möchte? Es ist ein alter Traum:
In der Bergstraße, es ist die Straße
meiner Iugend. Magst dich für uns
umschaun? Soviele Zimmer, wie sie
eben eine Familie mit fünf Kindern
braucht, um nicht nur zu vegctieren,
sondern zu leben. Glückauf!"

Mit dem Glückauf ging ich durch
die Straße seiner Iugend. Ich hatte
Glück, da hingen eine Menge Zettel:
Wohnung zu vermieten. Wohlgemut
begann ich. Was ich erlebte, habe ich
mir aufgeschrieben, im Auszug, aber
wortgetreu:

Haus Nr. !/. Zausbesitzer, groß,
grob, mißtrauisch: „Soso, für einen
Freund? Kennen wir. Sagen Sie ihm,
soll selber kommen, wenn er mieten
will.«

Haus Nr. 2s. Hausverwalter, blaue
Bluse, geschwätzig, stechende Augen:
„Was sagen Sie, fünf Kinder? Aus-
geschlossen! Ich habe den strengen
Auftrag, nur an kinderlose Leute odcr
höchstens eins bis zwei —- aber fünf?
ausgeschlossen!"

Haus Nr. 32. Zausverwalterin,

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