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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 20.1902

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Beck, Paul A.: Die weiland "Truchsessengalerie" zu Wurzach und die Multscherbilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.18298#0123

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Leben und schweren, bitteren Enttäuschungen
und wurde auch daselbst beerdigt; ein in
Oel gemaltes schönes Bildnis (Brustbild,
45 cm hoch) von ihm hängt noch in
der Propste!. Ehre seinem Andenkens) Von
da an blieb die Sammlung »nd ihr Gründer
vergessen und ward mit der Zeit ganz ver-
schollen, so daß es anfangs säst wie eine Sage
klang, als vor ca. drei Jahren ans einmal
in England die nachverzeichneten Mult-
scher b i l d e r anftauchten, welche einst der
Truchsessengalerie angehörten und die Knnst-
welt nun auch auf letztere selbst wieder
aufmerksam wurde, bei welcher Gelegenheit
dann auch das vorerwähnte, in Deutsch-
land bis dahin unbekannte Verzeichnis
dieser Galerie, an sich schon eine literarische
Seltenheit, wieder zum Vorschein kam.
Dasselbe scheint mit einer für jene Zeit
fast ausfallenden Wissenschaftlichkeit gear-
beitet, wenn ihm andererseits auch noch
alle Mängel und Fehler der Kunstforschnng
jener Zeit anhasten; es giebt zu den
deutschen und niederländischen Meistern
biographische Notizen, enthält sich indes
aller und jeder geschichtlichen Einleitung,
wie etwa über die Entstehung und Anlage
der Sammlung, welche es schlechtweg
„Tr n ch s essenga leri e" ohne Zusatz
vou Wurzach und des Gründers nennt;
bei allen Gemälden finden sich die Maße
in (englischen) Fuß und Zoll nach Höhe
und Breite vermerkt. In Wahrheit scheint
indes der Katalog kein englisches Fabrikat,
sondern nur eine Uebersetznng der im fürst-
lichen Archiv von Wurzach vorliegenden
handschriftliche» Verzeichnisse, insbesondere
der wahrscheinlich ans dem I. 1784 her-
rührenden, nach Nationalitäten (nämlich in
deutsche, niederländische bezw. vlämische,
italienische, spanische und französische
Künstler) abgeteilten, irr französischer
Sprache abgefaßten »Dadlenux cles
peirttres« zu sein. Das erste Verzeichnis
vom I. 1783 mit einem Nachtrag von
1784 ist von Lambert Krähe (geb. 1712
zu Düsseldorf, ch das. 1790), krrrsürstl.
pfalz-bayerischem Hoskammerrat und Di-
rektor der Akademie der schönen Künste
und Galerie von Düsseldorf, verfaßt.

0 Wir behalten uns vor, eine uns von aus-
wärts in Aussicht gestellte biographische Skizze
über den kunstliebenden Grafen unter den „schwä-
bischen Biographien" nachzubringen.

Offenbar hatte Gras Joseph von Köln
ans mit Krähe in Düsseldorf nähere Be-
kanntschaft gemacht und war letzterer, ein
liebenswürdiger Mann, des Domherrn Be-
rater in Knnstsachen; die Galerie weist
auch drei nachverzeichnete Arbeiten von
Krähe ans. Krähe war nach den biographi-
schen Notizen des englischen Katalogs ein
Schüler von Maron Benefiali, nach an-
deren Angaben von dem (gleichfalls in der
Sammlung mit einem Bild vertretenen)
französischen Maler Peter Snbleyras
(1699—1749). Krähe hatte sich in jüngeren
Jahren zu seiner weiteren Ausbildung
mehrere Jahre in Rom anfgehalten und
daselbst unter anderem die Kapelle zu
den 40 Märtyrern mit einem Gemälde
ausgeschmückt. In Deutschland malte
er mehrere Deckenstücke in herrschaftliche
Gebäude und Kiräen, seiner Staffelci-
gemälde nicht zu gedenken. Noch größer
war seine echte Begeisterung für die Kunst.
Dieser Krahesche Katalog, in dem schon wie
in den »Dndleaux cle8 peintres« die Mnlt-
scherbilder, und zwar mit einer Schätzung
zu 1600 fl. (!) anfgeführt sind, giebt den
SckätznngSwert von ca. 480 Gemälden
auf 176 000 fl. an. Die Sammlung
wurde aber dann in der Folge ganz be-
deutend durch die ehemalige freiherrl.
Hoheneggsche und die fürstlich Bre-
ze n h e i m s ch e Bildersammlung sowie durch
die Gemälde der ehemaligen herzogl. Hol-
st e i n s ch e n Galerie von Frickan (Fridan?)
und verschiedene Stücke ans dem Schlosse
Wurzach selbst vermehrt und muß, da sie
eine Menge bayerischer und österreichischer
Maler des 18. Jahrhunderts aufweist,
noch bis auf die letzten Zeiten ihrer Auf-
stellung in Wurzach vergrößert und ver-
vollständigt worden sein, lieber die Ge-
samtgalerie liegt in W. weiter noch ein
Verzeichnis mit Aufzählung der Bilder,
ihrer Meister und ihrem Schätzungswert
vor, der ans mehr als eine Million Gulden
angegeben ist. Bei der Uebersicht über
diese großartige GalerieZ) welche hiemit
erstmals in die schwäbische Kunstgeschichte
eingeführt wird, zugleich die größte und
0 Ob mit derselben noch eine Knpferstich-
sammlnng verbunden war und dieselbe bezw.
wenigstens Teile derselben in der im fürstlichen
Schlosse von Wurzach befindlichen Kupferstich-
sammlung noch erhalten sind, entzieht sich unserer
Kenntnis.
 
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