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! eschichte der italienischen Malerei von I.
A. Crcwe L G. B. Cavalcaselle. Deutsche Ori-
ginal-Ausgabe, besorgt von Dr. Max Jordan,
Zweiter Band (mit 11 Tafeln, in Holz geschnitten
von H. Werdmüller, nebst Anhang, enthaltend
Francesco Albertini's „Memoriale" v. I. 1510).
Leipzig, Verlag von S. Hirzel. 1869.
Wie wir bereits bei der Besprechung*) des ersten Bandes dieser ver-
dienstlichen Bearbeitung des berühmten Werkes von Crowe & Cavalcaselle
bemerkten, macht die früher von uns gegebene ausführliche Würdigung des
Originalwerkes ein näheres Eingehen in den substanziellen Inhalt auch dieser
Bearbeitung unnöthig, wenigstens soweit beide — Original und Bearbeitung
— mit einander llbereinstimmen. Unsere Anzeige hat sich leider so verzögert,
daß inzwischen bereits der dritte Band erschienen**), jedoch noch nicht zu unfern
Händen gekommen ist. Der vorliegende zweite, mit derselben Sorgfalt be-
handelt, wie der erste, umfaßt in 18 Kapiteln die Allflorentiner von Orcagna
bis Fiesole. Unsere moderne Vorstellungsweise von der Selbstständigkeit des
künstlerischen Gestaltens vermag sich nur schwer über die peinliche Gebundenheit
der präraphaelitischen Kunst an den theologisch-reflekürten, durchaus schematisch-
gegebenen Inhalt hinwegzusetzen: dies aber ist nölhig, um die tiefe Innigkeit
des Empfindens, die wahrhaft rührende Naivetät in der Auffaffungsweise der
florentinischen Meister zu würdigen. Es ist lediglich die Trivialität seichter
Derstandsaufklärung daran Schuld, wenn man, wie Herr Ranke, sich über die
„Verirrungen in der christlichen Kunst" des Weiteren ausläßt, als ob hierin
die Wahrheit jener Kunst gelegen habe, als ob sie nicht trotz solchen Ge-
bundenseinS eine außerordentliche Fülle von Schönheit und geistiger Tiefe an
den Tag gebracht hätte. Für den großen Hausen der sogenannten Kunst-
freunde, welche ein Kunstwerk wie ein Naturprodukt ansehen und bemessen,
ist freilich ein solches Buch nicht, für den wahren Kunstkenner dagegen birgt
es einen Schatz reichen Erfahrens und interessanter Beobachtung.
Sehr schätzenswerth sind die, vom Original unabhängigen Nachver-
gleichungen und Ergänzungen, mit denen der Herausgeber seine mühevolle
Arbeit bereichert hat, namentlich aber ist ihm die Kunstgeschichte für den Ab-
druck de« „Memoriale von Francesco Aberlini" zu Dank verpfl ichtet, welches
aus dem Jahre 1510 stammt und eine Art Führer durch die damals vor-
handenen Kunstschätze der florentinischen Schule darstellt. Die Seltenheit
dieser Schrift, welche wahrscheinlich auch Vasari als Ouellc benutzt hat,
macht den Abdruck besonders wichtig. — Dieser zweite Band ist mit 11 Ab-
bildungen in Holzschnitt auf Tonpapier geziert, welche einige Hauptdarstellungen
der florentinischen Schule der genannten Epoche in korrekten Umrissen ver-
anschaulichen. _ ®r-
Das Oberammergauer Passions-Spiel mit 29 Passions-
Bildern von Albrecht Dürer und Titelholzschnitt nach Zeichnung
von Alois Süßmayr, nebst Anhang enthaltend, Kärtchen von
Bayern und 9 Rciselouren aus „Trautwein's Wegweiser durch
Südbayern, sowie belr. Fahrplan-Auszug, Post- und Stellwagen-
Verbindungcn, und vielen wichtigen Notizen." Verlag der Krüll-
schen Buchhandlung — Eichstädt und Stuttgart. — Preis
cartcnirt — 36 Kr. oder 10 Sgr., Ausgabe ohne Karte und An-
hang — 12 Kr. oder 4 Sgr.
Dieses Merkchen, welches nach verschiedenen derartigen Schriftchen vor
Beginn der Vorstellungen noch erscheint, hat sehr viele Vorzüge und faßt
das Bedürfniß des nach Obcrammergau Reisenden nach allen Richtungen in's
Auge. — Die ausgezeichneten Dürer'scheu Holzschnitte sind eine sehr werth-
volle Beigabe, welche das Büchlein zu einem wirklich schönen Andenken an
dieses einzig dastehende Volksschauspiel und an unfern deutschen Altmeister
Dürer machen. —
*) S. Jahrg. 1869, Nr. 39.
**) S. Inserat in Nr. 28 d. I.
lirzc Anleitung zu einem zweckmäßigen Besuche der
päpstlichen Museen antiker Bildwerke des Vaticans
und des Kapitols. Für Künstler und Kunstfreunde
von Emil Wolfs. — Berlin 1870. Königl. Geh.
Oberhofbuchdruckerei.
Das Schriftchen hat einen durchaus praktischen Zweck,
nämlich den Leser an der Hand eines Mannes von Fach durch die Samm-
lungen des Vaticans und des Kapitols zu führen und ihn auf das vor-
zugsweise Bedeutende und Wichtige aufmerksam zu machen, damit er sein In-
teresse und seine Zeit nicht an die Masse des relativ Unbedeutenderen ver-
schwende. In dem Vorwort giebt der Verfasser eine dankenswerthe Geschichte
der genannten Sammlungen. Abgesehen von der durch die Sachkenntniß de«
Verfassers bedingten Zuverlässigkeit zeichnet sich dieser Führer vor ähnlichen Ar-
beiten durch eine lobenswerthe Präcision des Ausdrucks und durch Beschränkung
auf das sachlich Nothwendige, sowohl in historischer wie kritischer Beziehung
aus. Von mythologischen Erklärungen hat der Vers, mit Recht abgesehen, der-
gleichen muß bei den Besuchern der Museen vorausgesetzt werden, und wo
solche Voraussetzung nicht begründet ist, helfen auch alle Erklärungen, die
vollständig nur im Zusammenhänge, d. h. in einer Mythologie, gegeben
werden können, nichts. Sehr dankenswerth ist endlich ein Register sowohl
der Künstlernamen wie der Titel der Kunstwerke, so daß, wer ein bestinimtes
Werk sucht, sich leicht orientiren kann.
Aus allen diesen Gründen können wir das Büchlein allen Besuchern
der päpstlichen Museen als durchaus dem Zweck entsprechend empfehlen.
Sr.
Die Grundformen der antiken klassischen Baukunst für
höhere Lehranstalten und zum Selbststudium von vr. Ernst Wag-
ner, Professor, und Gustav Kachel, Architekt. Mit vier litho-
graphirten Tafeln. — Heidelberg, Verlagshandlung von Fr. Basser-
mann. 1869.
Wenn cs für die verschiedenen technisch-ästhetischen Lehrfächer entsprechende
Kompendien gäbe, wie das vorliegende, so würde es wahrscheinlich mit dem
sachlichen Verständuiß des kunst-geschichtlichen und -wissenschaftlichen Materials
besser bestellt sein als es in der That ist. Die obenverzeichnete Schrift, welche
außer 4 großen, meisterhaft gezeichneten lithographirten Tafeln nur 26 Seiten
Text umfaßt, enthält trotzdem alles Wesentliche und, was die Hauptsache ist,
dies Wesentliche in übersichtlicher Weise gegliedert, was von der antiken Bau-
kunst demjenigen, der sie nicht zum Gegenstände eines wissenschaftlichen Special-
studiums macht, zu wissen nöthig ist. Als Leitfaden für den Unterricht —
auch an Akademien und Gewerbeschulen — ist sie geradezu musterhaft. Das,
was sie giebt, ist eigentlich nur ein ausführliches Jnhaltsverzeichniß, die kon-
centrirte Substanz oder genauer das vollständige artikulirte Skelett zu einem
ausführlichen Handbuch, aber gerade in dieser Koncentration ist es, selbst zur
Orientirung für den Fachmann, von unschätzbarem Werth. ES ist ein großer
Fehler unsrer „für den Schnlgebrauch" bestimmten Handbücher, daß sie in
der rein sprachlichen Darstellung viel zu umständlich und phrasenhaft sind,
überhaupt der Ausführung des Lehrers nichts überlassen wollen. Dieser
Fehler ist hier so sehr vermieden, daß die Schrift in der That zum Selbst-
studium nur Demjenigen dienen kann, welchem andere Jnsormationsmittel
über einzelne Details noch zu Gebote stehen. Die Darstellung ist fast zu
prägnant und würde deshalb für junge Anfänger hie und da unverständlich
sein, wenn nicht glücklicher Weise die trefflichen Tafeln durch ihre auf die
lebendigste Anschauung berechneten Abbildungen das Verständuiß außerordent-
lich förderten.
Wir können die Einführung dieses trefllichcn Werkes an allen Lehr-An-
stalten, wo von der Antike überhaupt und der antiken Baukunst im Besondern
die Rede ist, nur auf das Eindringlichste empfehlen. M. Sr.
! eschichte der italienischen Malerei von I.
A. Crcwe L G. B. Cavalcaselle. Deutsche Ori-
ginal-Ausgabe, besorgt von Dr. Max Jordan,
Zweiter Band (mit 11 Tafeln, in Holz geschnitten
von H. Werdmüller, nebst Anhang, enthaltend
Francesco Albertini's „Memoriale" v. I. 1510).
Leipzig, Verlag von S. Hirzel. 1869.
Wie wir bereits bei der Besprechung*) des ersten Bandes dieser ver-
dienstlichen Bearbeitung des berühmten Werkes von Crowe & Cavalcaselle
bemerkten, macht die früher von uns gegebene ausführliche Würdigung des
Originalwerkes ein näheres Eingehen in den substanziellen Inhalt auch dieser
Bearbeitung unnöthig, wenigstens soweit beide — Original und Bearbeitung
— mit einander llbereinstimmen. Unsere Anzeige hat sich leider so verzögert,
daß inzwischen bereits der dritte Band erschienen**), jedoch noch nicht zu unfern
Händen gekommen ist. Der vorliegende zweite, mit derselben Sorgfalt be-
handelt, wie der erste, umfaßt in 18 Kapiteln die Allflorentiner von Orcagna
bis Fiesole. Unsere moderne Vorstellungsweise von der Selbstständigkeit des
künstlerischen Gestaltens vermag sich nur schwer über die peinliche Gebundenheit
der präraphaelitischen Kunst an den theologisch-reflekürten, durchaus schematisch-
gegebenen Inhalt hinwegzusetzen: dies aber ist nölhig, um die tiefe Innigkeit
des Empfindens, die wahrhaft rührende Naivetät in der Auffaffungsweise der
florentinischen Meister zu würdigen. Es ist lediglich die Trivialität seichter
Derstandsaufklärung daran Schuld, wenn man, wie Herr Ranke, sich über die
„Verirrungen in der christlichen Kunst" des Weiteren ausläßt, als ob hierin
die Wahrheit jener Kunst gelegen habe, als ob sie nicht trotz solchen Ge-
bundenseinS eine außerordentliche Fülle von Schönheit und geistiger Tiefe an
den Tag gebracht hätte. Für den großen Hausen der sogenannten Kunst-
freunde, welche ein Kunstwerk wie ein Naturprodukt ansehen und bemessen,
ist freilich ein solches Buch nicht, für den wahren Kunstkenner dagegen birgt
es einen Schatz reichen Erfahrens und interessanter Beobachtung.
Sehr schätzenswerth sind die, vom Original unabhängigen Nachver-
gleichungen und Ergänzungen, mit denen der Herausgeber seine mühevolle
Arbeit bereichert hat, namentlich aber ist ihm die Kunstgeschichte für den Ab-
druck de« „Memoriale von Francesco Aberlini" zu Dank verpfl ichtet, welches
aus dem Jahre 1510 stammt und eine Art Führer durch die damals vor-
handenen Kunstschätze der florentinischen Schule darstellt. Die Seltenheit
dieser Schrift, welche wahrscheinlich auch Vasari als Ouellc benutzt hat,
macht den Abdruck besonders wichtig. — Dieser zweite Band ist mit 11 Ab-
bildungen in Holzschnitt auf Tonpapier geziert, welche einige Hauptdarstellungen
der florentinischen Schule der genannten Epoche in korrekten Umrissen ver-
anschaulichen. _ ®r-
Das Oberammergauer Passions-Spiel mit 29 Passions-
Bildern von Albrecht Dürer und Titelholzschnitt nach Zeichnung
von Alois Süßmayr, nebst Anhang enthaltend, Kärtchen von
Bayern und 9 Rciselouren aus „Trautwein's Wegweiser durch
Südbayern, sowie belr. Fahrplan-Auszug, Post- und Stellwagen-
Verbindungcn, und vielen wichtigen Notizen." Verlag der Krüll-
schen Buchhandlung — Eichstädt und Stuttgart. — Preis
cartcnirt — 36 Kr. oder 10 Sgr., Ausgabe ohne Karte und An-
hang — 12 Kr. oder 4 Sgr.
Dieses Merkchen, welches nach verschiedenen derartigen Schriftchen vor
Beginn der Vorstellungen noch erscheint, hat sehr viele Vorzüge und faßt
das Bedürfniß des nach Obcrammergau Reisenden nach allen Richtungen in's
Auge. — Die ausgezeichneten Dürer'scheu Holzschnitte sind eine sehr werth-
volle Beigabe, welche das Büchlein zu einem wirklich schönen Andenken an
dieses einzig dastehende Volksschauspiel und an unfern deutschen Altmeister
Dürer machen. —
*) S. Jahrg. 1869, Nr. 39.
**) S. Inserat in Nr. 28 d. I.
lirzc Anleitung zu einem zweckmäßigen Besuche der
päpstlichen Museen antiker Bildwerke des Vaticans
und des Kapitols. Für Künstler und Kunstfreunde
von Emil Wolfs. — Berlin 1870. Königl. Geh.
Oberhofbuchdruckerei.
Das Schriftchen hat einen durchaus praktischen Zweck,
nämlich den Leser an der Hand eines Mannes von Fach durch die Samm-
lungen des Vaticans und des Kapitols zu führen und ihn auf das vor-
zugsweise Bedeutende und Wichtige aufmerksam zu machen, damit er sein In-
teresse und seine Zeit nicht an die Masse des relativ Unbedeutenderen ver-
schwende. In dem Vorwort giebt der Verfasser eine dankenswerthe Geschichte
der genannten Sammlungen. Abgesehen von der durch die Sachkenntniß de«
Verfassers bedingten Zuverlässigkeit zeichnet sich dieser Führer vor ähnlichen Ar-
beiten durch eine lobenswerthe Präcision des Ausdrucks und durch Beschränkung
auf das sachlich Nothwendige, sowohl in historischer wie kritischer Beziehung
aus. Von mythologischen Erklärungen hat der Vers, mit Recht abgesehen, der-
gleichen muß bei den Besuchern der Museen vorausgesetzt werden, und wo
solche Voraussetzung nicht begründet ist, helfen auch alle Erklärungen, die
vollständig nur im Zusammenhänge, d. h. in einer Mythologie, gegeben
werden können, nichts. Sehr dankenswerth ist endlich ein Register sowohl
der Künstlernamen wie der Titel der Kunstwerke, so daß, wer ein bestinimtes
Werk sucht, sich leicht orientiren kann.
Aus allen diesen Gründen können wir das Büchlein allen Besuchern
der päpstlichen Museen als durchaus dem Zweck entsprechend empfehlen.
Sr.
Die Grundformen der antiken klassischen Baukunst für
höhere Lehranstalten und zum Selbststudium von vr. Ernst Wag-
ner, Professor, und Gustav Kachel, Architekt. Mit vier litho-
graphirten Tafeln. — Heidelberg, Verlagshandlung von Fr. Basser-
mann. 1869.
Wenn cs für die verschiedenen technisch-ästhetischen Lehrfächer entsprechende
Kompendien gäbe, wie das vorliegende, so würde es wahrscheinlich mit dem
sachlichen Verständuiß des kunst-geschichtlichen und -wissenschaftlichen Materials
besser bestellt sein als es in der That ist. Die obenverzeichnete Schrift, welche
außer 4 großen, meisterhaft gezeichneten lithographirten Tafeln nur 26 Seiten
Text umfaßt, enthält trotzdem alles Wesentliche und, was die Hauptsache ist,
dies Wesentliche in übersichtlicher Weise gegliedert, was von der antiken Bau-
kunst demjenigen, der sie nicht zum Gegenstände eines wissenschaftlichen Special-
studiums macht, zu wissen nöthig ist. Als Leitfaden für den Unterricht —
auch an Akademien und Gewerbeschulen — ist sie geradezu musterhaft. Das,
was sie giebt, ist eigentlich nur ein ausführliches Jnhaltsverzeichniß, die kon-
centrirte Substanz oder genauer das vollständige artikulirte Skelett zu einem
ausführlichen Handbuch, aber gerade in dieser Koncentration ist es, selbst zur
Orientirung für den Fachmann, von unschätzbarem Werth. ES ist ein großer
Fehler unsrer „für den Schnlgebrauch" bestimmten Handbücher, daß sie in
der rein sprachlichen Darstellung viel zu umständlich und phrasenhaft sind,
überhaupt der Ausführung des Lehrers nichts überlassen wollen. Dieser
Fehler ist hier so sehr vermieden, daß die Schrift in der That zum Selbst-
studium nur Demjenigen dienen kann, welchem andere Jnsormationsmittel
über einzelne Details noch zu Gebote stehen. Die Darstellung ist fast zu
prägnant und würde deshalb für junge Anfänger hie und da unverständlich
sein, wenn nicht glücklicher Weise die trefflichen Tafeln durch ihre auf die
lebendigste Anschauung berechneten Abbildungen das Verständuiß außerordent-
lich förderten.
Wir können die Einführung dieses trefllichcn Werkes an allen Lehr-An-
stalten, wo von der Antike überhaupt und der antiken Baukunst im Besondern
die Rede ist, nur auf das Eindringlichste empfehlen. M. Sr.