E. BIEBER. K. HOF-FOTOGRAF, BERLIN.
Porträt: Rene Lalique — Paris. Oktober igoß.
Rene ftaligue—Paris.
" f~~^ o wurde ich ein Sonnen - Anbeter."
Böcklin war es, der mir im Sommer
1894 Auseinandersetzungen über die
Einflüsse, welche sein Schaffen bestimmten,
mit diesen Worten schloss. Welche Wunder
ihm das Himmelslicht entschleierte — seine
Werke sind deren Verkünder geworden.
Welche Schatten dies Tages-Gestirn von
seiner Stirn nahm, das blieb sein Geheimnis.
Aber wir alle, denen Gott Augen gab,
Schönheit zu sehen und zu geniessen, segnen
heute und immer die Sonne, welche dem
auserwählten Künstler zugleich mit der Er-
kenntnis die Begeisterung des Schaffens
weckte. Auch Lalique, der Poet unter den
Goldschmieden, gehört zu den Begnadeten,
welchen die Sonne Wunder ohne Zahl kün-
dete, sie liess ihn Formen und Farben in
der Natur entdecken, die vor ihm keiner
seiner Kunst-Genossen kannte. Die Sonne
wurde auch ihm zum Verkünder eines Evan-
geliums von Schönheit, dessen Inhalt weder
endete noch veraltete, sondern mit der
1904. III. 1.
Sonnenwende jedes Jahres neue glück-
bringende Verheissungen bewahrheitete. Die
Strahlen der Morgen-Sonne entschleierten
dem jungen Künstler Tausende von un-
bekannten Schönheiten, und so liess er sich
vom Himmelslicht weiter auf neue Wege
leiten, bis das Tages-Gestirn versank. Gleich
seinem grossen Vorfahr Bernhard Palissy,
muss auch Rene Lalique oftmals gesenkten
Hauptes durch Felder und Wiesen gegangen
sein, ehe er die, allen anderen Erdgebornen
verborgene Herrlichkeit der Natur so von
Grund aus kennen und lieben lernte. Gras-
halme, Orchideen, Moose, hochragende
Fichten, stolze farbensatte Gartenblumen,
das Blütenmeer der Wiesen, lasttragende
Fruchtbäume und Weinstöcke — sie alle
wurden ihm vertraut im Wechsel der Jahres-
zeiten. Der Schüler der Pariser ecole des
arts decoratifs strömte seine Liebe zur
Natur in zahllosen Zeichnungen und Ent-
würfen aus; einige der letzteren erhielten
zuerst in England Preise, da die Art des
Porträt: Rene Lalique — Paris. Oktober igoß.
Rene ftaligue—Paris.
" f~~^ o wurde ich ein Sonnen - Anbeter."
Böcklin war es, der mir im Sommer
1894 Auseinandersetzungen über die
Einflüsse, welche sein Schaffen bestimmten,
mit diesen Worten schloss. Welche Wunder
ihm das Himmelslicht entschleierte — seine
Werke sind deren Verkünder geworden.
Welche Schatten dies Tages-Gestirn von
seiner Stirn nahm, das blieb sein Geheimnis.
Aber wir alle, denen Gott Augen gab,
Schönheit zu sehen und zu geniessen, segnen
heute und immer die Sonne, welche dem
auserwählten Künstler zugleich mit der Er-
kenntnis die Begeisterung des Schaffens
weckte. Auch Lalique, der Poet unter den
Goldschmieden, gehört zu den Begnadeten,
welchen die Sonne Wunder ohne Zahl kün-
dete, sie liess ihn Formen und Farben in
der Natur entdecken, die vor ihm keiner
seiner Kunst-Genossen kannte. Die Sonne
wurde auch ihm zum Verkünder eines Evan-
geliums von Schönheit, dessen Inhalt weder
endete noch veraltete, sondern mit der
1904. III. 1.
Sonnenwende jedes Jahres neue glück-
bringende Verheissungen bewahrheitete. Die
Strahlen der Morgen-Sonne entschleierten
dem jungen Künstler Tausende von un-
bekannten Schönheiten, und so liess er sich
vom Himmelslicht weiter auf neue Wege
leiten, bis das Tages-Gestirn versank. Gleich
seinem grossen Vorfahr Bernhard Palissy,
muss auch Rene Lalique oftmals gesenkten
Hauptes durch Felder und Wiesen gegangen
sein, ehe er die, allen anderen Erdgebornen
verborgene Herrlichkeit der Natur so von
Grund aus kennen und lieben lernte. Gras-
halme, Orchideen, Moose, hochragende
Fichten, stolze farbensatte Gartenblumen,
das Blütenmeer der Wiesen, lasttragende
Fruchtbäume und Weinstöcke — sie alle
wurden ihm vertraut im Wechsel der Jahres-
zeiten. Der Schüler der Pariser ecole des
arts decoratifs strömte seine Liebe zur
Natur in zahllosen Zeichnungen und Ent-
würfen aus; einige der letzteren erhielten
zuerst in England Preise, da die Art des