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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 13.1903-1904

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Bethge, Hans: Otto Modersohn - Worpswede
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https://doi.org/10.11588/diglit.7008#0269

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Hans Bethge: Otto Modersohn — Worpswede.

beschienenen Busch von Birken herumzieht
und aus dem Nebel lösen sich leichtfüssige,
duftige Gestalten los, die man eher ahnt als
schaut, weisse Elfen, einen biegsamen, nächt-
lichen Reigen tanzend, während am Himmel
ein fantastisches Gewölk aufsteigt, mensch-
lichen Formen vergleichbar. — Solche Spuk-
Stimmungen verkörpert Modersohn in letzter
Zeit besonders gern. Er sucht das unheim-
lich Beseelte der Worpsweder Landschaft
im Bilde zum Ausdruck zu bringen. Es ist
klar, dass er sich hierzu als die passendsten
Zeiten den Herbst und in engerem Sinne
Dämmerung und Dunkelheit erwählt. —
Modersohn ist unter den Worpsweder Malern
der produktivste. Neben seinen zahlreichen
Bildern, die er gewöhnlich in einem oder
in wenigen Tagen bei Ausnützung aller

RAGUEL—PARIS.

Anrichte für ein Land-Hans

momentanen Kräfte schnell heruntermalt,
und neben seinen vielen, besonders an-
ziehenden Studien in Öl gibt es von ihm
eine schier unendliche Fülle von Zeichnungen:
kleine Kompositionen, aus denen sich dann
zumeist die eigentlichen Bilder heraus-
entwickeln. Es sind flüchtig mit Rötel und
schwarzer Kreide beim Licht der Lampe
hingeworfene Fantasien, nicht eigentliche
Zeichnungen, sondern durchaus bildhaft
gedachte Entwürfe. Man findet hier das, was
man von den Tafeln her kennt, im Keim,
Übergossen von dem Reiz des Unmittelbaren,
Erstempfundenen. — Auch »richtige«, tech-
nisch als solche zu benennende Zeichnungen
Worpsweder Landschaften kann man von
Modersohn sehen, Sachen, die wohl früheren
Jahren angehören, denn heute bewegt sich das
Interesse dieses Künstlers nach
anderer Richtung. — Unter
Modersohns sonnigen Bildern,
die nicht gerade typisch für ihn
sind, fällt eine Frühlings-Wiese
auf, die sich eine Anhöhe hinauf-
dehnt. Oben steht ein blühender
Apfel-Baum, Kinder in lichten
Gewändern spielen am Abhang
und durch das Grün der Wiese
windet sich das Band eines
Gewässers. — Seine eigentliche
Art ist: ein Stück aus dem Moor,
mit verlassenen Kathen, die zer-
zauste Dächer auf ihrem Rücken
schleppen. Birken, durch die der
Abend-Himmel scheint. Dunkle
Kanäle mit Brücken darüber.
Der Rand eines Wassers, mit
braunem, zerfressenem Erdreich
und welkenden Blumen. Mitten
im Walde ein Hexen-Haus. Das
Moor im Dämmer-Licht, bei Un-
wetter; Gestrüpp und ruppige
Stämme, Geistern vergleichbar.
Ein Rosen - Garten zur Mond-
Nacht und ein sehnsüchtig wan-
delndes Liebes - Paar darin.
Ahnungsvolle Dunkelheit, ver-
lorene Träume in dem reichen
Weben der Nacht. Dies ist
Otto Modersohn. — hans bethge.
 
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