igo
Her man Scheidemantel—Leipzig:
nicola perscheid—leipzig.
lieh künstlerische Entfaltung der Berufs-Foto-
grafie harre, reiht sich würdig jener bedingungs-
losen Verherrlichung der Amateur-Fotografie an.
Wer nichts anderes über die Entwickelung und
Lage der Fotografie zu sagen weiss, kennt deren
Geschichte so wenig, dass er besser täte, mit
jedwedem Urteile darüber zurückzuhalten. Die
Tatsachen belegen es, dass die Berufs-Fotografie
ursprünglich durch und durch künstlerisch an-
gefasst worden ist und dass sie in der jämmer-
lichen Rolle von heute durch die Geschmack-
losigkeit des Publikums gehalten wird. Allerdings
wurde sie in den ersten Jahren seit Erfindung der
Lichtbild-Technik sozusagen mehr aus Zufall als
notwendigerweise vorwiegend als Kunst gehand-
habt. Und die bedauerliche Geschmacks-Ver-
wahrlosung unter der Masse des Publikums ist
auch keine diesem bedingungslos zur Last zu
legende Erscheinung, sondern ein Ergebnis un-
günstiger Wirtschaf ts-En twi ckelu n g.
Seit Beginn des ig. Jahrhunderts war das
Porträt, welches sich bis dahin im ganzen nur
Fürsten, Standes-Herren, Patriziat und hohe
Geistlichkeit geleistet hatten, auch unter dem zum
Selbstbewusstsein erweckten Bürgerstande ge-
pflegt worden. Die gegen das Ölgemälde weniger
kostspieligen, in neuem Aufschwünge be-
gruppe>'-
griffenen Techniken des Kupferstichs, der Litho-
grafie, der Miniatur-Malerei stützten diese all-
gemeineren Bedürfnisse vom wirtschaftlichen
Standpunkte. Mit der Erfindung der Fotograf'e
schlug die Bildnis-Liebhaberei immer weitere
Kreise. Auch der nur ganz wenig Bemittelte
konnte jetzt sein Bild den fernen Seinen als
Angebind, der Nachkommenschaft als stete Er-
innerung übermitteln. Und wegen ihrer Feilheit,
besonders aber wegen ihrer bequemeren und
einfacheren Technik gegenüber den bisher mög-
lichen Praktiken überflügelte, ja verdrängte
schliesslich die Fotografie alle jene Techniken
der Bildnis-Kleinkunst. Der Stand der Kupfer-
stecher, Lithografen, Miniatur-Maler fand sich
wenigstens soweit das Porträt seine Haupt-
Einnahmequelle war, mit diesem Dilemma da-
durch ab, dass er die neue, die Lichtbild-Technik
zu pflegen begann. Auf diese Weise setzte die
fotografische Praxis in ihren ersten Phasen gleich
mit einem verheissungsvollen Aufschwünge z11
künstlerischen Arbeiten ein.
In der folgenden Periode gesellschaftlicher
Entwickelung vermochte dieser Zug zum Künst-
lerischen den allgemeinen wirtschaftlichen Wand-
lungen nicht Stand zu halten. Die Erscheinung
des Industrialismus, des Unternehmertums, welche
Nicola Perscheid—Leipzig.
IQT
ie.
tjf^. Viertel des vergangenen Jahrhunderts
rr,e.^jSc^1 karakterisiert, beschwor für das Ge-
der e^en einen Krämergeist herauf, wie er in
sfeht ° ,cnte der Staaten geradezu einzig da-
einesTj ^ö^'cri> dass diese lediglich den Gewinn
list- nternehmens betonende, durchweg materia-
rn^0 6 Geschäfts- Auffassung direkt durch das
projetUnd mehr gestärkte Selbstbewusstsein des
den a?ats und durch die damit parallel laufen-
2ty ??2'a^en Forderungen inszeniert wurde. Ohne
^unst a^ei" d'eser Tendenz die Lichtbild-
arider ^P^er gefallen, nachdem sie erst alle
Wje 6,1 Techniken der Bildnis-Kleinkunst so gut
^ehr ernichtet hatte- Der Fotograf hatte ja nicht
F>ro, We't zu einem Betriebe mit Massen-
des 10n> sobald sein Beruf zum Gewerbe in
War °^tes schlechtester Bedeutung gestempelt
Unt le Massen-Nachfrage beschleunigte diese
»(Jros e^ung zum Schlechteren. Was sich die
siejj . n<< und die »Bourgeois« leisteten, wollte
demJetZt aUch der Proletarier gönnen. Wo ehe-
SuchtS^ZUSa^en zufälligerweise ein Künstler stand,
'eden rek'arnefreudige Berufs-Fotograf um
Waren -^1S S6'n Geschäft zu machen. Ehemals
^öckrdleFotogTafien Bilder, Wirklichkeiten, wie
r>ün Sl°k emrr>al auszudrücken beliebte. Von
an sah
man nur Kopien der Natur, seelen-
künstler-fotograkie.
lose Abbildungen in ihnen, den Schein irgend
eines toten Moments gewesener äusserlicher
Wirklichkeit, kalt und tot wie die, welche sie
für die Menge in Menge machen.
Die Regeneration der Fotografie von Berufs-
wegen fand in der Tat trotz lebhafter Propaganda
sehr wenig Anklang. Aber als die Amateur-
Fotografie sich zur Retterin der Lichtbild-Kunst
aufzuschwingen anschickte, war dieses Ziel bei
einigen Fachleuten schon längst zur Notwendig-
keit geworden. Einer der ersten von denen,
welche in der künstlerischen Hebung der Foto-
grafie allein noch einige Zukunft für diesen Berufs-
zweig sahen, war Nicola Perscheid. Schon seit
mehr als zehn Jahren arbeitet er in Leipzig
nach dieser Richtung unermüdlich. Er zuerst
brach mit dem traditionellen Atelier-Schwindel
einer unnatürlichen Milieu-Überladung. All die
tausend Sächelchen, welche zu einem guten Atelier
herkömmlichen Verstandes gerechnet werden und
die bekannten steifen Posen und unmöglichen
Situationen des Modells vermittelten, verbannte er
aus seinem Bereiche. Die menschliche Figur allein
sollte das Bild ausmachen und zwar in ihrer karak-
teristischen Erscheinung, mit einer entsprechen-
den Stimmung. Ein malerischer Stil musste
anstelle der eintönigen Dutzend-Schablone treten.
Her man Scheidemantel—Leipzig:
nicola perscheid—leipzig.
lieh künstlerische Entfaltung der Berufs-Foto-
grafie harre, reiht sich würdig jener bedingungs-
losen Verherrlichung der Amateur-Fotografie an.
Wer nichts anderes über die Entwickelung und
Lage der Fotografie zu sagen weiss, kennt deren
Geschichte so wenig, dass er besser täte, mit
jedwedem Urteile darüber zurückzuhalten. Die
Tatsachen belegen es, dass die Berufs-Fotografie
ursprünglich durch und durch künstlerisch an-
gefasst worden ist und dass sie in der jämmer-
lichen Rolle von heute durch die Geschmack-
losigkeit des Publikums gehalten wird. Allerdings
wurde sie in den ersten Jahren seit Erfindung der
Lichtbild-Technik sozusagen mehr aus Zufall als
notwendigerweise vorwiegend als Kunst gehand-
habt. Und die bedauerliche Geschmacks-Ver-
wahrlosung unter der Masse des Publikums ist
auch keine diesem bedingungslos zur Last zu
legende Erscheinung, sondern ein Ergebnis un-
günstiger Wirtschaf ts-En twi ckelu n g.
Seit Beginn des ig. Jahrhunderts war das
Porträt, welches sich bis dahin im ganzen nur
Fürsten, Standes-Herren, Patriziat und hohe
Geistlichkeit geleistet hatten, auch unter dem zum
Selbstbewusstsein erweckten Bürgerstande ge-
pflegt worden. Die gegen das Ölgemälde weniger
kostspieligen, in neuem Aufschwünge be-
gruppe>'-
griffenen Techniken des Kupferstichs, der Litho-
grafie, der Miniatur-Malerei stützten diese all-
gemeineren Bedürfnisse vom wirtschaftlichen
Standpunkte. Mit der Erfindung der Fotograf'e
schlug die Bildnis-Liebhaberei immer weitere
Kreise. Auch der nur ganz wenig Bemittelte
konnte jetzt sein Bild den fernen Seinen als
Angebind, der Nachkommenschaft als stete Er-
innerung übermitteln. Und wegen ihrer Feilheit,
besonders aber wegen ihrer bequemeren und
einfacheren Technik gegenüber den bisher mög-
lichen Praktiken überflügelte, ja verdrängte
schliesslich die Fotografie alle jene Techniken
der Bildnis-Kleinkunst. Der Stand der Kupfer-
stecher, Lithografen, Miniatur-Maler fand sich
wenigstens soweit das Porträt seine Haupt-
Einnahmequelle war, mit diesem Dilemma da-
durch ab, dass er die neue, die Lichtbild-Technik
zu pflegen begann. Auf diese Weise setzte die
fotografische Praxis in ihren ersten Phasen gleich
mit einem verheissungsvollen Aufschwünge z11
künstlerischen Arbeiten ein.
In der folgenden Periode gesellschaftlicher
Entwickelung vermochte dieser Zug zum Künst-
lerischen den allgemeinen wirtschaftlichen Wand-
lungen nicht Stand zu halten. Die Erscheinung
des Industrialismus, des Unternehmertums, welche
Nicola Perscheid—Leipzig.
IQT
ie.
tjf^. Viertel des vergangenen Jahrhunderts
rr,e.^jSc^1 karakterisiert, beschwor für das Ge-
der e^en einen Krämergeist herauf, wie er in
sfeht ° ,cnte der Staaten geradezu einzig da-
einesTj ^ö^'cri> dass diese lediglich den Gewinn
list- nternehmens betonende, durchweg materia-
rn^0 6 Geschäfts- Auffassung direkt durch das
projetUnd mehr gestärkte Selbstbewusstsein des
den a?ats und durch die damit parallel laufen-
2ty ??2'a^en Forderungen inszeniert wurde. Ohne
^unst a^ei" d'eser Tendenz die Lichtbild-
arider ^P^er gefallen, nachdem sie erst alle
Wje 6,1 Techniken der Bildnis-Kleinkunst so gut
^ehr ernichtet hatte- Der Fotograf hatte ja nicht
F>ro, We't zu einem Betriebe mit Massen-
des 10n> sobald sein Beruf zum Gewerbe in
War °^tes schlechtester Bedeutung gestempelt
Unt le Massen-Nachfrage beschleunigte diese
»(Jros e^ung zum Schlechteren. Was sich die
siejj . n<< und die »Bourgeois« leisteten, wollte
demJetZt aUch der Proletarier gönnen. Wo ehe-
SuchtS^ZUSa^en zufälligerweise ein Künstler stand,
'eden rek'arnefreudige Berufs-Fotograf um
Waren -^1S S6'n Geschäft zu machen. Ehemals
^öckrdleFotogTafien Bilder, Wirklichkeiten, wie
r>ün Sl°k emrr>al auszudrücken beliebte. Von
an sah
man nur Kopien der Natur, seelen-
künstler-fotograkie.
lose Abbildungen in ihnen, den Schein irgend
eines toten Moments gewesener äusserlicher
Wirklichkeit, kalt und tot wie die, welche sie
für die Menge in Menge machen.
Die Regeneration der Fotografie von Berufs-
wegen fand in der Tat trotz lebhafter Propaganda
sehr wenig Anklang. Aber als die Amateur-
Fotografie sich zur Retterin der Lichtbild-Kunst
aufzuschwingen anschickte, war dieses Ziel bei
einigen Fachleuten schon längst zur Notwendig-
keit geworden. Einer der ersten von denen,
welche in der künstlerischen Hebung der Foto-
grafie allein noch einige Zukunft für diesen Berufs-
zweig sahen, war Nicola Perscheid. Schon seit
mehr als zehn Jahren arbeitet er in Leipzig
nach dieser Richtung unermüdlich. Er zuerst
brach mit dem traditionellen Atelier-Schwindel
einer unnatürlichen Milieu-Überladung. All die
tausend Sächelchen, welche zu einem guten Atelier
herkömmlichen Verstandes gerechnet werden und
die bekannten steifen Posen und unmöglichen
Situationen des Modells vermittelten, verbannte er
aus seinem Bereiche. Die menschliche Figur allein
sollte das Bild ausmachen und zwar in ihrer karak-
teristischen Erscheinung, mit einer entsprechen-
den Stimmung. Ein malerischer Stil musste
anstelle der eintönigen Dutzend-Schablone treten.