E. Zimmermann—Dresden:
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SCHLAF-ZIMMER NACH ANGABEN VON ARCHITEKT A. I.OOS WIEN. Ausgeführt von Carl Karasek.
als eine rein realistische, zu einer höheren Kunst,
die sie vor jedem krassen Naturalismus bewahrt.
Zwar an sich sind keramische Tone vielfach
ebenso bildsam, wie jene Tone, die die Bildhauer
sonst für ihre Vorarbeiten verwenden. Aber diese
günstige Eigenschaft darf bei ihnen durchaus nicht
bis zur legten Konsequenz ausgenurjt werden, es
darf nicht mit ihnen ein bis ins Kleinste durch-
geführtes Abbild der Natur gegeben werden.
Solche Arbeit würde im fertigen Werke nicht
mehr zum [Ausdruck kommen. Denn zunächst
zieht sich jede keramische Masse im Brande zu-
sammen, sie „schwindet", wie man keramisch
zu sagen pflegt, und damit würde schon manche
Feinheit der Durchführung zu Grunde gehen oder
bedeutend verzerrt werden. Dann aber empfängt
ja der größte Teil der Keramik, teils aus prak-
tischen, teils aus künstlerischen Gründen, eine
Glasur. Die Glasur aber deckt alle Feinheiten
radikal zu; sie lägt nur die Hauptsache der
plastischen Arbeit und auch diese je nach ihrer
Dicke mehr oder weniger abgeschwächt durch
sich hindurch dringen. Das aber muß, wenn eine
wirklich ausdrucksvolle keramische Plastik ge-
schaffen werden soll, mit zwingender Notwendig-
keit dazu führen, die weniger wichtigen Einzel-
heiten fortzulassen, die Hauptsachen zu verstärken,
und damit ist die Stilistik fertig;^ denn etwas
anderes als das Weglassen des Nebensächlichen
und Betonen des Hauptsächlichen stellt ja Stilistik
nicht dar. Dies Stilisieren kann aber freilich in
recht verschiedener Weise stattfinden. Wir haben
selbst auf [dem Gebiet des Porzellans einen
Kändlerschen Porzellanstil und einen Kopen-
hagener, die starke Gegensärje darstellen. Man
wird hierbei, je dicker und undurchsichtiger die
Glasur ist, desto mehr stilisieren müssen, so daß
z. B. Porzellan mit seiner feinen, durchsichtigen
Glasur noch eine feinere Durchführung gestattet,
als etwa die Fayence mit ihrer dicken, zähen,
völlig undurchsichtigen. Aber etwas Stilistik
muß ein keramisches Kunstwerk, wenn es wirk-
lich wirken soll, immer besitjen, und so wird
jedes gute keramische Kunstwerk, mag es auch
noch so klein und winzig sein, ein durchdachtes,
ein als Ganzes empfundenes sein. Es wird eine
höhere menschliche Schöpfung werden.
Kann es aber nicht vielfach auch ein Frischeres
werden? In der keramischen Plastik wird eigent-
lich die ganze künstlerische Arbeit schon in dem
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SCHLAF-ZIMMER NACH ANGABEN VON ARCHITEKT A. I.OOS WIEN. Ausgeführt von Carl Karasek.
als eine rein realistische, zu einer höheren Kunst,
die sie vor jedem krassen Naturalismus bewahrt.
Zwar an sich sind keramische Tone vielfach
ebenso bildsam, wie jene Tone, die die Bildhauer
sonst für ihre Vorarbeiten verwenden. Aber diese
günstige Eigenschaft darf bei ihnen durchaus nicht
bis zur legten Konsequenz ausgenurjt werden, es
darf nicht mit ihnen ein bis ins Kleinste durch-
geführtes Abbild der Natur gegeben werden.
Solche Arbeit würde im fertigen Werke nicht
mehr zum [Ausdruck kommen. Denn zunächst
zieht sich jede keramische Masse im Brande zu-
sammen, sie „schwindet", wie man keramisch
zu sagen pflegt, und damit würde schon manche
Feinheit der Durchführung zu Grunde gehen oder
bedeutend verzerrt werden. Dann aber empfängt
ja der größte Teil der Keramik, teils aus prak-
tischen, teils aus künstlerischen Gründen, eine
Glasur. Die Glasur aber deckt alle Feinheiten
radikal zu; sie lägt nur die Hauptsache der
plastischen Arbeit und auch diese je nach ihrer
Dicke mehr oder weniger abgeschwächt durch
sich hindurch dringen. Das aber muß, wenn eine
wirklich ausdrucksvolle keramische Plastik ge-
schaffen werden soll, mit zwingender Notwendig-
keit dazu führen, die weniger wichtigen Einzel-
heiten fortzulassen, die Hauptsachen zu verstärken,
und damit ist die Stilistik fertig;^ denn etwas
anderes als das Weglassen des Nebensächlichen
und Betonen des Hauptsächlichen stellt ja Stilistik
nicht dar. Dies Stilisieren kann aber freilich in
recht verschiedener Weise stattfinden. Wir haben
selbst auf [dem Gebiet des Porzellans einen
Kändlerschen Porzellanstil und einen Kopen-
hagener, die starke Gegensärje darstellen. Man
wird hierbei, je dicker und undurchsichtiger die
Glasur ist, desto mehr stilisieren müssen, so daß
z. B. Porzellan mit seiner feinen, durchsichtigen
Glasur noch eine feinere Durchführung gestattet,
als etwa die Fayence mit ihrer dicken, zähen,
völlig undurchsichtigen. Aber etwas Stilistik
muß ein keramisches Kunstwerk, wenn es wirk-
lich wirken soll, immer besitjen, und so wird
jedes gute keramische Kunstwerk, mag es auch
noch so klein und winzig sein, ein durchdachtes,
ein als Ganzes empfundenes sein. Es wird eine
höhere menschliche Schöpfung werden.
Kann es aber nicht vielfach auch ein Frischeres
werden? In der keramischen Plastik wird eigent-
lich die ganze künstlerische Arbeit schon in dem
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