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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 51.1922-1923

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Fischer-Wieruszowski, Frieda: Das Museum für ostasiatische Kunst der Stadt Köln
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.9144#0043

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RUCK ANSICHT
DES MUSEUMS.

DAS MUSEUM FÜR OSTASIATISCHE KUNST DER STADT KÖLN.

Ostasiatische Kunst I Möchte doch ein jeder
die Scheuklappen beiseiteschieben, die
sich vor Auge und Seele legen, sobald er von
ostasiatischer Kunst hört! Nein, sie hat nichts
Ungewöhnliches, nichts Unbegreifliches! Weite
Auge und Seele und gib das Vorurteil auf, daß
Du ihr nur verstandesmäßig nahe kommen
könntest! Erfasse sie, wie Deine eigene, die
westliche Kunst, mit dem Herzen!

Nicht Wissenschaft wollte der Schöpfer des
Museums, Adolf Fischer, predigen, sondern
Kunst wollte er lebendig machen in den em-
pfänglichen Herzen und ihnen neue Wege
in das Reich des Ideals weisen. Natürlich war
er sich klar darüber, daß ein Museum immer
nur ein Notbehelf sei, daß es ein Stück Kunst-
geschichte darstelle und damit die Kunstwir-
kung aus dem mystischen Dämmerbereiche des
Unterbewußtseins in die frostige Klarheit ver-
standesmäßiger Betrachtung hinüberziehe. Er
wußte wie kein anderer, daß die lebendige Ge-
genwartswirkung eines Kunstwerkes mit dem
ganzen Schauder der Andacht nur in der Um-
gebung fühlbar werde, die den Künstler zu

seinem Schaffen anregte und begeisterte, Viel-
leicht aber fehlt dem modernen Menschen über-
haupt die Möglichkeit der Selbstbeseelung, mit
der er die Seele des Kunstwerkes ganz unbe-
fangen, ohne von ästhetisierender Blässe an-
gekränkelt zu sein, auf sich wirken lassen könnte.
Wie dem aber auch sein möge, eine Wieder-
erweckung des künstlerischen Ureindrucks ist
für eine Kunst wie die des fernen Ostens in
noch höherem Maße ausgeschlossen als für die
unsrige. Konnte Adolf Fischer Dich in Ostasiens
Klöster und Tempel, in seine kunstpflegenden
Behausungen führen? Deshalb gerade muß ein
Museum, und namentlich ein Museum für ost-
asiatische Kunst, besondere Anforderungen an
den Beschauer stellen.

Jedes wahre Kunstwerk ist eine in sich ab-
geschlossene Individualität. So schaue es an!
Mit diesem Empfinden kannst Du es loslösen
aus der ursprünglichen Abhängigkeit von den
Lebensbedingungen seiner Umwelt.

Erkennst Du die tiefe Versunkenheit einer
japanischen Gottheit (Abb. S. 32), ihre Abge-
klärtheit, ihr Gelöstsein von allem Irdischen?

XXVI Oktober 1922 . 4
 
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