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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 51.1922-1923

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Das Bühnenbild als Gemälde
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https://doi.org/10.11588/diglit.9144#0189

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DAS BÜHNENBILD ALS GEMÄLDE.

Es scheint, daß das moderne Bühnenbild in
seiner Entwicklung zum Gemälde hin
Fortschritte macht. Das bedeutet: Mittel stellen
sich ein, das Bühnenbild in ähnlicher Weise
farbig vollkommen durchzuorganisieren, wie
dies beim Gemälde der Fall ist.

Die moderne Beleuchtungstechnik hat dem
Bühnenbild zunächst jene Lichtquellen ge-
schenkt, die sehr stark, leicht regulierbar und
vollständig zuverlässig sind. Welch ein Glück,
die Bühne so mit Lichtmassen überströmen zu
können! Dazu trat dann die Möglichkeit, diese
Lichtmassen in der feinsten Weise abzustufen
nach Fülle und Farbe. Ein weiterer Fortschritt
besteht darin, daß man die Halbschatten und die
Schlagschatten von Rampe und Proszenium her
in bestimmer, organischer Weise einzufärben
vermag. Blieben die Schattenpartien früher als
Naturreste, als Fremdkörper im Bühnenbilde
stehen, so können sie nun, sinnvoll getönt, zu
entscheidenden Trägern der spezifischen ma-
lerischen Wirkung im Aufbau der Szene werden.

Ist hiermit dem künstlerischen Ehrgeiz un-
serer Bühnenbildner ein neues Mittel und ein
neues Ziel gewiesen, so muß freilich zugleich
vor der Gefahr mißverständlicher, unüberlegter
Handhabung gewarnt werden. Das heißt: diese
Hereinziehung der Schatten und Halbschatten
in den farbigen Gesamtorganismus muß sehr
genau durchdacht und feinfühlig durchgeführt
werden. Der Bühnenbildner muß sich durchaus
als Maler fühlen. Es muß sein Ehrgeiz sein,
eine in sich geschlossene, genau geordnete Far-
benwelt aufzubauen, in der alles nach einem
bestimmten Rhythmus — der keineswegs der
Naturwirklichkeit entlehnt zu sein braucht —
zusammenklingt. Es lassen sich wundervolle
farbige Stilisierungen denken. Das We-
sentliche aber ist, daß man bei vollkommener
Durchorganisierung des Bühnenbildes, beson-
ders der Innenräume, dazu gelangt, die Szene
völlig von Unwillkürlichkeiten und schlacken-
hafter Naturroheit zu erlösen und sie in den Be-
reich reiner Kunstwirkung zu erheben. . . w. f.

XXVI. Dezember 1922 . 7
 
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