KERAMISCHE ARBEITEN VON HERTHA BUCHER.
Seit etwa zwei Jahren arbeitet Hertha Bu-
ch e r in eigener Werkstätte, die sie sich gleich
nach ihrem Abgang von der Staatlichen Kunst-
jjewerbeschule im Hause der ältesten Wiener
Öfen-Werkstätte eingerichtet hat. Ihre Formen
gestaltet sie aus dem Wesen des Materials,
ganz im Sinne der Lehren, die sie Professor
Strnad zu verdanken hat. Eine alte oberöster-
reichische Töpferscheibe ist ihr Hilfsgerät, um
Gefäße aller Art, Kacheln und Figuren zu for-
men. Die Handgriffe alier Töpfer hat sie sich zu
eigen gemacht, und so beherrscht sie die Technik
des Drehens vollauf. Aber auch die Kunst der
Glasur hat sie in vielfältigen Versuchen und
Fehlgriffen errungen. Heute ist sie soweit, daß
das Formen und Glasieren ihr leicht von Hän-
den geht und die Freude an der Arbeit die
Sorge um das Gelingen des Werkes übertrifft.
Einige ihrer jüngsten Arbeiten sind hier wie-
dergegeben. Sie sind aus Tonerde geformt,
die im Brande sich rötlich färbte. Eine weiße
Glasur deckt die Oberfläche, jedoch nur der-
art, daß die rote Farbe des Tones sanft noch
durchschimmert. Zudem ist die weiße Glasur
in vielfältiger Verschiedenheit durch Metall-
oxyde getönt: gelblich, grünlich, bläulich oder
violett-stichisch. Aus diesem Spiel sind leben-
dige, schillernde Wirkungen entstanden; die
plastischen Formen der Objekte sind weder zer-
rissen noch von einer starren Farbenschicht
gefesselt, wie es bei vielen überglatten Indu-
strie-Erzeugnissen der Fall ist.
Die Sehnsucht der Künstlerin ist die Schön-
heit der Maßverhältnisse. Ob sie eine flache
Schale auf geraden Fuß stellt, ihr große ge-
schwungene Henkel gibt oder einen durch-
brochenen Rand, stets erstrebt sie das gleiche
Ziel. Auch wenn die Lust am Schmücken sie faßt,
wenn sie ihren Formen eine Zier aus Blättern
oder Gitterwerk aufsetzt, immer ist sie sich
bewußt, daß nur dann eine Bereicherung er-
zielt wird, wenn alles im rechten Verhältnis
steht, wenn alles das rechte Maß zum Dinge
selbst und seiner Verwendungsart hat. ... st.
XXVI. Januar 1923 . 6+
Seit etwa zwei Jahren arbeitet Hertha Bu-
ch e r in eigener Werkstätte, die sie sich gleich
nach ihrem Abgang von der Staatlichen Kunst-
jjewerbeschule im Hause der ältesten Wiener
Öfen-Werkstätte eingerichtet hat. Ihre Formen
gestaltet sie aus dem Wesen des Materials,
ganz im Sinne der Lehren, die sie Professor
Strnad zu verdanken hat. Eine alte oberöster-
reichische Töpferscheibe ist ihr Hilfsgerät, um
Gefäße aller Art, Kacheln und Figuren zu for-
men. Die Handgriffe alier Töpfer hat sie sich zu
eigen gemacht, und so beherrscht sie die Technik
des Drehens vollauf. Aber auch die Kunst der
Glasur hat sie in vielfältigen Versuchen und
Fehlgriffen errungen. Heute ist sie soweit, daß
das Formen und Glasieren ihr leicht von Hän-
den geht und die Freude an der Arbeit die
Sorge um das Gelingen des Werkes übertrifft.
Einige ihrer jüngsten Arbeiten sind hier wie-
dergegeben. Sie sind aus Tonerde geformt,
die im Brande sich rötlich färbte. Eine weiße
Glasur deckt die Oberfläche, jedoch nur der-
art, daß die rote Farbe des Tones sanft noch
durchschimmert. Zudem ist die weiße Glasur
in vielfältiger Verschiedenheit durch Metall-
oxyde getönt: gelblich, grünlich, bläulich oder
violett-stichisch. Aus diesem Spiel sind leben-
dige, schillernde Wirkungen entstanden; die
plastischen Formen der Objekte sind weder zer-
rissen noch von einer starren Farbenschicht
gefesselt, wie es bei vielen überglatten Indu-
strie-Erzeugnissen der Fall ist.
Die Sehnsucht der Künstlerin ist die Schön-
heit der Maßverhältnisse. Ob sie eine flache
Schale auf geraden Fuß stellt, ihr große ge-
schwungene Henkel gibt oder einen durch-
brochenen Rand, stets erstrebt sie das gleiche
Ziel. Auch wenn die Lust am Schmücken sie faßt,
wenn sie ihren Formen eine Zier aus Blättern
oder Gitterwerk aufsetzt, immer ist sie sich
bewußt, daß nur dann eine Bereicherung er-
zielt wird, wenn alles im rechten Verhältnis
steht, wenn alles das rechte Maß zum Dinge
selbst und seiner Verwendungsart hat. ... st.
XXVI. Januar 1923 . 6+