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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 51.1922-1923

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Landschaft und Bildnis
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https://doi.org/10.11588/diglit.9144#0339

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O. TH. W.
STEIN-
BERLIN.
»TOILETTE«

LANDSCHAFT UND BILDNIS.

Die Landschaft ist in der Kunst der große
Gegenpol zur Welt und Gestalt des Men-
schen. Zwischen der Grundauffassung der Land-
schaftsmalerei und der Grundauffassung der
Bildnis- oder Geschichtsmalerei waltet ein welt-
anschaulicher Unterschied, den der Laie ge-
wöhnlich nicht in seinem ganzen Umfang über-
sieht. Die Landschaft ist das große umgebende
Element, seiner Natur nach fließend und wo-
gend; sie ist das Element, in das alles Men-
schenleben eingebettet ist, das den Menschen
mütterlich umschließt und in sich hineinzieht.
Der Mensch aber und das, was sich in der Kunst
an ihn bindet als Geist, Charakter, Religion und
Geschichte, steht in der Sphäre der Freiheit und
der inneren Bedeutung; das strebt seiner Natur
nach aus der Landschaft herauszutreten, be-
hauptet seinen eigenen, geistigen Wert und

drängt das Landschaftliche ins Wesenlose zu-
rück. Zur Landschaftsmalerei gehört eine künst-
lerische Weltanschauung, die sich auf die Men-
schendarstellung in keiner Weise anwenden
läßt. Oder objektiv gesagt: Die Landschafts-
schilderung führt uns in eine Welt, die von der
Welt des Bildnisses durch einen unüberschreit-
baren Abgrund getrennt ist. Derselbe Gegen-
satz, der sich dem denkenden Menschen auftut
zwischen Leben und Geist, besteht zwischen
Landschafts- und Menschendarstellung. Habe
ich etwa ein impressionistisches Bildnis vor
mir, so nehme ich wahr, daß durch die bestimmte
impressionistische Weltanschauung der darge-
stellte Mensch in die Natur gleichsam zurück-
gedrängt, eingepreßt wird. Er kommt nicht zur
Geltung als etwas Einmaliges, Geisthaftes und
Selbständiges. Er kommt nur zur Geltung als
 
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