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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 51.1922-1923

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Schumacher, Fritz: Die Umgestaltung des Kölner Festungs-Gürtels
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https://doi.org/10.11588/diglit.9144#0372

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Die Umgestaltung des Kölner Feshcngs -Gürtels.

vorließenden Plane tritt das „großstädtische"
Haus mit drei Obergeschossen nur an den großen
Verkehrsstraßen und in dem Geschäftszentrum
am neuen Bahnhof auf, wo es an einzelnen
Stellen aus Gründen rhythmischer Gliederung
zu noch höheren Gebilden gesteigert wird.
Abbg. S. 360-361.

Das Eigentümliche der vorliegenden Aufgabe
ist für den Architekten aber noch nicht damit
erledigt, daß er diese wirtschaftlich-sozialen
Funktionen des Planes schaffend erreicht. Wenn
er damit fertig ist, kommt vielleicht der schwie-
rigste Teil der Sache, er muß diese Tatsache
jedem Einzelnen der skeptischen Grundstücks-
besitzer beweisen und zwar beweisen vor
dem Forum einer vom Staate eingesetzten un-
parteiischen Kommission, vor der er gleichsam
der Angeklagte ist.

Man sieht, die bodenreformerische Umgestal-
tung eines bestehenden Bebauungsplanes ist ein
hartes Stück Kleinarbeit.

Für jedes der vielen Hunderte neu zugeschnit-
tener umgelegter Grundstücke muß der Beweis
seines baulichen Wertes erbracht werden, ehe
seine neuen Grenzen im Grundbuch festgelegt
werden können und zwar der Beweis, daß dieser
Wert dem jeweilig forderbaren Werte gleich ist.
Das ist nur möglich, wenn man das ganze in
Betracht kommende Gebiet baulich so durchpro-
jektiert, als ob man jede Parzelle selberbebauen
wollte, denn nur am Projekt, das die Ausnutz-
barkeit erweist, läßt sich der Wert beweisen.

Dieser schwere Zwang, dessen Überwindung
die schöne Reformabsicht erst aus dem Bereich
des Phantasiegebildes zur praktischenTat macht,

führt nun indirekt zugleich zu einer künstle-
rischen Behandlung des Großstadtproblems,
die neuartigen Forderungen gerecht wird. Man
kommt gleichsam zwangsweise zum „modell-
mäßigen Bauen" einer ganzen Stadt.

Mit einem Worte, das Modell, zu dem die
Bearbeitung dieser Aufgabe geführt hat, ist nicht
etwa nur die dekorative Illustration eines ab-
strakten Plangedankens. Diese plastische Haupt-
probe der baulichen Idee war aus praktischen
Gründen der neuen Grundstücksverteilung nötig
und andernteils dient sie dazu, gewisse For-
derungen für die kubische Gestaltung den
im wesentlichen zweidimensionalen Forderun-
gen unserer Bebauungspläne hinzuzufügen.

Aus den Erfahrungen dieses Modells werden
gewisse Forderungen destilliert, die den Zweck
haben, die rhythmischen Absichten, die der Plan
verfolgt, zu gewährleisten und sie vor Störung
zu schützen. Hauptgesims und Firstlagen wer-
den danach festgelegt, und die Art wie die Bau-
klassen innerhalb der Blöcke verteilt sind, be-
reitet im Rahmen dieser ruhigen Grundzüge die
rhythmischen Hebungen und Senkungen vor. Die-
se Absichten sind in schematischen Blättern zu-
sammengefaßt, die nicht Gesetzeskraft erhalten,
sondern der Bauberatung als Unterlage dienen,
damit sie je nach Bedarf immer elastisch bleiben.

Ebenso wichtig, wie diese Vorbereitung der
privaten Bautätigkeit ist aber die Vorbereitung
der öffentlichen Gebäude. Ein gut Teil der un-
befriedigenden Wirkung der heutigen Großstadt
beruht wohl ohne Frage darauf, daß die öffent-
lichen Bauten meist ihren Bauplatz willkürlichen
Verhältnissen abringen müssen, die auf ihrWesen
 
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