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ein Kupferblatt entging, das nur irgend einen Namen hatte. Die jetzt so selten gewordenen
Stiche Albrecht Diirer’s vom Leiden Christi besass er, wie sein Inventar vom Jahre 1619 dar-
thut, vollständig. Ja, es scheint, dass diese Art runder, gravirter Schalen den Hochmeister bestimmt
hatte, bei Johann Theodor in Frankfurt ähnliche Schalen in Silber anfertigen und graviren zu
lassen. Der D. 0. Schatz bewahrt zwei solcher tiefer Tassen, die als Credenz-Schalen dienten, und
bei einer Tiefe von 2 Cent., 17 Cent, im Durchmesser haben. Sie sind von Aussen und auch
auf dem Rande nach Innen zu stark im Feuer vergoldet. Die innere Fläche, concav geformt, ist
weiss gehalten, und auf dieser hat Johann Theodor de Bry seine Meisterhand verewigt.

Das Thema des edel gehaltenen Bildes auf der Schale Nr. 1 gibt oben in einer Schleife
das Citat: „Genesis XII.“ und gleich darunter in einem Strahle, welcher aus den Wolken kommt:
„Egredere de terra tua“, die Anfangsworte der citirten Stelle, welche unterhalb des Bildes auf
einem aufgerollten Blatte mit zierlichen Buchstaben also eingravirt sind: „Vnd der Herr sprach
zu Abram, Gehe aus deinem Vaterland, vnd von deiner Freundschafft, vnd aus deines Vaters
Hause, in ein Land das ich dir zeigen wil. Vnd ich wil dich zum grossen Volck machen, vnd
wil dich segnen, vnd dir einen grossen Namen machen, vnd solt ein Segen sein, Ich wil segenen
die dich segenen, vnd verfluchen die dich verfluchen. Vnd in dir sollen gesegenet werden alle
Geschlecht 'auff Erden.“

Wir haben also vor uns eine Bezugnahme auf die Auswanderung der Israeliten unter
Abraham: eine in wehmüthigem Tone gehaltene Scene am Ufer eines stillen Wassers. Ob nicht
der Protestant Johann Theodor de Bry bei dem Stechen dieses Bildes auf seine eigene Auswan-
derung dachte? Schade, dass wir aus dem Leben des jungen de Bry keinen Anhaltspunkt für
diese Annahme herausfinden können, denn wir wissen nicht die näheren Umstände, welche der
Uebersiedelung seiner Familie von Lüttich nach Frankfurt zu Grunde lagen. Auf jeden Fall stand
vor seiner Seele der Vers 5, Cap. 12 der Genesis: „Und er (Abram) nahm Sarah sein Weib, und
Lot, seines Bruders Sohn, und alle ihre Habe, die sie besassen“, wesshalb er die Scene der Auswan-
derung nur in 3 Personen: Abram, Sarah und Lot, nebst einigen Hausthieren und Hausgeräthen,
unter denen besonders der Geflügelkorb auf die nördlicheren deutschen Gegenden hinweist, dar-
stellte. Dem unter einem Baume ruhenden ziemlich jungen Manne scheint der Ruf: „Ziehe aus
deinem Lande“ zu gelten. Ist es nicht etwa der Künstler selbst? Sein Auge ist dorthin, von wo
derselbe kommt, gerichtet. Vorzüglich charakteristisch ist der alte Vater, welcher dem Einpacken
seiner Frau betrübt zusieht. Dieser Zug der Wehmuth scheint sich selbst der Thiere bemächtigt
zu haben; das Pferd, die Kuh, die Ziege, sie senken so traurig den Kopf. Selbst die im Hinter-
gründe angebrachten Pyramidal - Pappeln erhöhen das Melancholische des Bildes, welches der
Künstler mit deutlichen Worten dem Hochmeister dedicirt. Man liest nämlich unter dem Bibel-
sprüche nach aufgelösten Abkürzungen: „Reverendissimo et illustrissimo principi et Domino Domino
Maximiliano Archiduci Austr. Duci Burgund. Supremo Ord. Teuton. Magistro. Comiti Habspurg.
et Tyrol. Domino suo Colendissimo DD. (dedicatj.“ Der Name „Jo. Theodore de Bry F.“ (ecit)
ist an einem Steine im Vordergründe und die Jahreszahl 16—04 oben an der Schleife zu
lesen. Am äussern Rande brachte der Künstler das mit dem Hochmeisterkreuze belegte Mappen

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