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lasse des Erzherzogs fand sich allerdings vor „eine runde Tafel, unser Herr mit den zwei
Jüngern gen Emaus“. Galt diese Tafel als Motiv? Wer kann das wissen? Dass unser Künstler,
gleich seinem Vater, viele runde Blätter gestochen, letztere aber statt mit Köpfen, wie sein Vater,
mit Historien ausgefüllt habe, bemerkt Hiisgen in seinen Nachrichten von Frankfurter Künstlern
1780. Dass der Stich in unseren Schalen jedoch sein Werk, dafür bürgt sein Name, welcher in
der bekannten Weise „Jo. Theo, de Bry“ an einer Schwelle im Vordergründe angebracht ist. Wir
kennen von Johann Theodor sein Kirchweihfest nach Hans Sebald Behain, auch seinen Triumph
des Bacchus und seine so seltene Fontaine; doch keines dieser Blätter zeigt eine solche Sicherheit
in Führung des Grabstichels und in der richtigen Vertheilung der Licht- und Schlagschatten wie
gerade diese Schale Nr. 2, wesshalb wir kein Bedenken tragen, sie zu den besten Arbeiten des
Künstlers zu zählen. Johann Theodor de Bry illustrirt dieselbe mit folgenden französischen Worten,
die auf einer Tafel am untersten Rande des Bildes angebracht sind:

„En Emaux vont deux disciples loyaux,

Fori angoissez pour la mort de leur maistre,

Et devisoyent du comble de ses maux;

Lors qidil leur vient en la voye apparoistre.

II parle, et nid ne remarque son estre.

Le soir venu il heberge avec eux,

Et lors se fait (rompant le pain) cognoistre,

Puls tout soudain s’absente de leurs yeux.“

Jedermann erkennt, dass diese Verse nur den Sinn der Stelle Lucas Cap. XXIV., die in einer
Schleife ober dem Bilde auch steht, und zwar vom Vers 13 bis 30, paraphrasiren.

Geboren war Johann Theodor de Bry, nach Nagler’s Kiinstler-Lexicon, zu Lüttich 1561; in
Frankfurt a. M. starb er 1623, demnach 5 Jahre nach dem Tode seines Mäcens, des Erzherzogs
Deutschmeisters Maximilian, welcher diese beiden Credenz-Schalen noch bei seinen Lebzeiten dem zu
Mergentheim auf bewahrten D. 0. Schatze einverleiben liess; denn im Inventare „alles und jedes Gold-
und Silbergeschirres und Geschmeides, so in einem Kasten in dem Schlosse und Hause Mergentheim
beisammen verwahrt wird“, und das am 27. Juni 1606 aufgenommen wurde, heisst es: „zwei
silberne am Ranft vergoldete und innwendig geätzte Schalen in ihren Futeralen.“ Mit denselben
Worten erscheinen die beiden Schalen im Verzeichnisse von 1619, als der Ordensschatz der
Feindesgefahr wegen nach Mainau am Bodensee überführt wurde. Im Jahre 1632 lagen sie im
deutschen Hause zu Wien, auch noch 1642, aber schon 1659 erscheinen sie im Verzeichnisse
der Kleinodien, „so zwar dem hohen deutschen Ritter-Orden zuständig, die sich aber in ihrer
hochfürstlichen Durchlaucht, Erzherzogen Leopoldi Wilhelmi Schatz- und Silberkammer in Wien
befinden thuen.“ Bekanntlich hatte sich der Schöpfer des Belvedere in Wien, Erzherzog Leopold
Wilhelm, ein Sohn Kaiser Ferdinand’s II., seit 1641 Hoch- und Deutschmeister, durch seine
besondere Vorliebe für Kunstgegenstände bemerkbar gemacht. In der am 28. December 1659
über die in seiner Kunstkammer liegenden, aber dem D. 0. gehörigen Gegenstände liest man zu
Nr. 71: „zwei silberne, auf die Zier vergoldete Schalen mit schönen gestochenen Figuren, auf

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