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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Editor]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 1): Denkmäler aus alter Zeit — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3501#0237

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Griechische Säiilenordimngen.

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nehmen sein, denn diese beiden Bauweisen stehen im Gegensatz zu einander. Und wie der Satz eher
als der Gegensatz da ist, so ist auch die dorische Bauweise die frühere und die ionische Bauweise die
spätere, und es ist auch traditionell durch Vitruv bestätigt, dass die Griechen Anfangs nur die dorische
Bauweise kannten und sie allein anwendeten. Was wir aber von dorischer Bauart nach den Ruinen
kennen und nennen, ist nicht mehr der ursprüngliche dorische Baustyl, sondern nur ein Nachklang des-
selben, wir sehen an diesen Ruinen nur die Kunstformen des dorischen Baustyls, nur sein Schema, nicht
mehr seine Construction. Beweis genug dafür wäre es schon, dass die Balken bei diesen Monumenten
nicht mehr auf den Epistylien lagerten, sondern hoch über denselben, und z. B. beim Parthenon in der
Höhe der Hängeplatte gelagert waren. Der Widerspruch der Mächtigkeit der Deckenträger mit der viel
geringeren der Decke selber, weiset auf eine frühere andere Construction hin. Ueberdies wissen wir aus
des Euripides Iphigenia in Tauris, dass die Metopen des dorischen Baues wirklich das waren, was sie
bezeichnen, nämlich Oeifnungen; bei Euripides räth Pylades dem Orestes, um das Götterbild zu rauben,
zwischen den Triglyphen, wo ein leerer Raum sei, sich in den Tempel hinabzulassen.*)
Euripides muss also noch die Tradition des ursprünglichen dorischen Baues gekannt haben. Bötticher
hat dieselbe in seiner Tektonik wieder erweckt, und eine Restitution des alten dorischen Baues recht
eigentlich aus dorischem Volksgeiste herausconstruirt. Nach ihm standen auf den Epistylien jedesmal
über die Säulen und vor die Balkenköpfe gestellt kleine viereckige Pfeiler, die weil sie auf den drei
sichtbar bleibenden Seiten als Zierrath Schlitze hatten, Triglyphen (jQfyXvcpot) genannt wurden. Der Zwi-
schenraum zwischen denselben war leer und offen und hiess daher auch Metope ([ietottti). Die Triglyphe
war aber die Stütze der Traufe, auf ihr lag zunächst die hängende Platte oder der Träger der Traufrinne,
der Sima, die als Dachbord das vom Dache abfliessende Regenwasser auffing und durch einzelne Durch-
brechungen der Sima, die mit dem Eöwenkopf als Wasserspeier decorirt war, auf den Boden über den
Unterbau hinwegleitete, welcher erstere hier mit Abzugsgräben versehen sein musste.

Der hellenische Tempel erhebt sich immer auf einem Unterbau (xQtjnlg, n^nidw/Äa'); dieser ist der
künstlich bereitete Boden, auf dem das Tempelgebäude steht, wodurch sich dasselbe vom Wohnhaus der
Menschen unterscheidet; durch diese erhöhte Stellung wird der Tempel als ein der Gottheit geweihtes
Haus, als ein ihr dargebrachtes Weihgeschenk oder Anathema charakterisirt. Dieser Unterbau bildet ein
aus Steinen dicht zusammengefügtes Solidum, ein Stereobat (Stereobates bei Vitruv), das in seiner Kunst-
form als ein aus grossen Tafeln oder Abaken aufgeschichteter Stufenbau, als ein Bathron erscheint,
dessen oberste Platte oder Abacus die das Tempelgebäude selber herstellenden Bauglieder wie Säule,
Ante und Wand entweder unmittelbar aufnimmt wie im Dorischen, und in diesem Falle zum Stylobat
(stylobates bei Vitruv) des Baues wird, oder der entgegengesetzt den singulären Stylobaten oder Basen
der Säulen, Anten und Wand als Sohle dient wie im Ionischen. Im zweiten Falle schliesst also der
oberste Ahacus des Unterbaues denselben gänzlich ab, im ersteren wird er zu einem Zwischengliede zwi-
schen Unter- und Oberbau, verbindet beide mit einander, er wird zur ,,Junctur" des Unterbaus mit dem
Oberbau, wie der Verf. der Tektonik sich ausdrückt.

Das Tempelgebäude besteht nun immer aus einer Cella oder einem Naos (raog) als dem Räume, der
das Götterbild selber aufnahm, und aus einem Pronaos oder einer Vorcella, die zur Aufstellung einiger
kultlichen Geräthe und zur Bergung solcher Weihgeschenke bestimmt war, die geschützt unter einer Decke
stehen mussten. Wo solcher YVeihgeschenke mehrere waren, da wurde zu gleichem Zwecke auch wohl
noch eine Hintercella oder ein Opisthodom (oTxigd68of.ioq) mit dem Naos verbunden, das eben so wie die
Vorcella an der Fronte statt der Wand eine Säulenstellung erhielt. In diesem Falle treten gewöhnlich
zwei Säulen zwischen die Stirnen oder Anten der Seitenmauern oder Parastaden des Pronaos, und ein
derartig gestalteter Tempel wurde ein vuog Iv tzuquötvauv oder in Vitruvischer Uebersetzung eine aedes
in antis genannt. Diese Tempelform war, wie C. Bötticher mit Grund vermuthet, die ursprünglich do-
rische. — Wurde die Vorcella vorn noch durch eine Säulenstellung erweitert, so wurde der Tempel zum
Prostylos (nQooTvXog, eine Adjectivform, bei der vaog zu ergänzen), der je nach der Säulenzahl ein vier-
säuliger, xtTQaoTvXog, sechssäuliger, t^uaTvXog, achtsäuliger, oxTuoTvXog u. s. w. sein konnte; wurde die
Hintercella ebenfalls durch eine Säulenstellung erweitert, so wurde der Naos ein Amphiprostylos
genannt, d. i. ein Tempel, der an der Vorder- und Hinterseite eine Säulenhalle, ein Pteron oder Pteroma
(titeqÖv, migio^a, eigentlich eine untersäulte Decke) hat. Traten an den Seiten des Tempels noch Säulen-

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