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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 1): Denkmäler aus alter Zeit — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3501#0370

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Die Brücke von Alcantara und der Aquaeduct bei Nimes.

mit einigen zugehörigen Werken, die den Eingang der Brücke von der Landseite her vertheidigen und die
Strasse, die nach Portugal führt, beherrschen. Bei den verschiedenen Eroberungen der Stadt haben
Mauren und Portugiesen mehrere Brückenbogen gesprengt, um die Passage über die Schlucht zu unter-
brechen, ohne dass dadurch die übrig gebliebenen Theile an Festigkeit verloren haben; übrigens ist die
Wiederherstellung der zerstörten Theile mit solcher Sorgfalt geschehen, dass sie den antiken Bau weder
an Festigkeit noch an Schönheit weichen, und es schwer ist sie auf den ersten Blick von den alten zu
unterscheiden.

Die Brücke von Alcantara ist auf den Felsen selber gegründet, durch die sich der Tajo Bahn bricht;
sie besteht aus sechs Bogen, die nach Gewohnheit der Römer eben so wie die Pfeiler ungleich an Höhe
und Breite sind. Ihre ganze Länge beträgt 634| rheinl. Fuss (199 M. 53), ihre Breite mit Inbegriff der
Brüstungen 25\ Fuss (8 M. 04). Das oft sehr hohe Wasser des Flusses machte es nöthig der Brücke
eine bedeutende Höhe zu geben, so dass der Brückenweg sich wenigstens 141| Fuss (44 M. 55) über
dem gewöhnlichen Wasserstande befindet. Die beiden mittleren Brückenbogen, die viel breiter als die
anderen sind, haben die bedeutende Spannweite von 97 Fuss (30 M. 55), ihre Pfeiler sind fast 28 Fuss
(8 M. 77) dick. Die Decoration, ganz der Construction und dem Steinverbande entnommen, ist höchst
einfach. Auf dem Mittelpfeiler erhebt sich der schon erwähnte Triumpfbogen, er ist mit dem von Saintes
in Frankreich eines der seltenen Beispiele, wo diese Art von Denkmäler auf der Mitte einer Brücke
erbaut sind; wie bei diesen letzteren hat man auch ihn im Mittelalter zur Vertheidigung des Brücken-
weges benutzt. Dieser Bogen ist äusserst einfach, die einzige Arcade, aus der er besteht, hat mit Archi-
volte und Kämpfer eine Breite von 18| Fuss (5 M. 85), seine Tiefe beträgt 9| Fuss (3 M.) und seine
Höhe von der Brückenbahn bis zum Kranzgesims 40 Fuss (12 M. 67); sein oberer Theil bestellt aus einem
einfachen Friese, der von zwei starken Simsen begränzt wird, die das Profil eines Karnieses haben.

Die eben angegebenen Maasse werden unseren Lesern einen Begriff von dem mächtigen und gross-
artigen Anblick dieser Brücke geben, die sich über einer breiten und tiefen Felsschlucht wölbt. Sie hat
den Character der Kühnheit verbunden mit Festigkeit; ihre merkwürdige Erhaltung verdankt man zum
Theil der Beschaffenheit ihres Baumaterials, einer Art Granit, der dort im Lande piedra berroquena heisst.
Das Profiel der Simswerke, ihre Einfachheit, die auf die Construction verwandte Sorgfalt, die feinen
Fugen, die grossen und regelmässig geschichteten Quadern, würden schon genugsam ein Bauwerk aus
der besten Zeit verkünden, wenn wir nicht sonst die bestimmte Zeit seiner Errichtung kennten.

Dieser so viel gute Eigenschaften in sich vereinigende Brückenbau kann noch heute als treffliches
Muster für ähnliche Bauten weiten, die mit ähnlichem Material ausgeführt werden.

Der Aquaeduct bei Nimes.

Von allen Bauwerken, die die Römer uns vererbt haben, bilden die Aquaeducte oder Wasserleitungen
die grösste Zahl; sie hatten deren in ihrem ganzen Reiche angelegt, aber sie haben uns ein Werk dieser
Art in Frankreich hinterlassen, das alle übrigen an Pracht und Grösse übertrifft; es ist dies der Pont du
Gard. Dieses riesige Bauwerk liegt 2§ deutsche Meilen von Nimes an der Strasse, die von diesem Orte
nach Avignon führt, zwischen dem Schlosse Saint-Privat und dem Dorfe Remoulins. Dieser Aquaeduct
überschreitet ein Thal mit steilen Berghängen, in dessen Grunde der Gardon sich schlängelt, der ehemals
Gard genannt wurde, und bringt die Wasser der Quellen Airan und Eure nach Nimes. Die Quelle Airan
liegt in der Nachbarschaft von dem Dorfe Saint-Ouintin, das \ Meile von der Stadt Usez entfernt ist;
die Quelle Eure, tausend Schritt von derselben Stadt, war mit der Quelle Airan durch eine Wasserleitung
verbunden, deren Spuren man noch heute sieht.

Durch eine lange Reihe von Aquaeducten wurden die Wasser der genannten Quellen nach dem Pont
du Gard geführt und von dieser Brücke nach Nimes. Obgleich die erste dieser Quellen nur 2| Meilen,
die zweite in directer Linie nur 2 Meilen von Nimes entfernt war, so betrugen doch die Wasserleitungen
mehr denn 3| deutsche Meilen an Länge wegen der Umwege, die man um das nöthige Gefälle und
Niveau zu erhalten machen musste.

Der Name des Fürsten, dem man die Anlage des Pont du Gard verdankt, ist eben so ungewiss wie
der jenes, der die Maison Carree zu Nimes erbauen Hess. Menard und Miliin glaubten dieselbe dem
Agrippa zuschreiben zu können, der sie in dem Jahre errichten Hess, wo er von Augustus mit der Ver-
waltung und der Niederhaltung der aufständischen Bewegungen in Gallien beauftragt war, nämlich im
Jahre 735 der Stadt Rom oder im Jahre 19 vor Chr. Geb. Wir wissen, dass Agrippa während dieses
 
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