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Die Gartenkunst — 12.1910

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Heicke, C.: Einigungsbestreben im deutschen Gartenbau
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https://doi.org/10.11588/diglit.22776#0023

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XII, 1

DIE GARTENKUNST.

15

porationen bestehe und ihnen unter Wahrung ihrer Selb-
ständigkeit und berechtigen Eigenart die Möglichkeit gewährte,
ihre gemeinsamen Interessen nachdrücklich zu verfolgen. Er
stellte daher den Antrag, darüber zu verhandeln:

1. Wie stellen sich die anwesenden Vertreter
der großen Verbände zur Schaffung einer gemein-
samen Organisation?

2. Welche Interessen sollen in dieser Organi-
sation gefördert werden?

Dieser Antrag wurde fast einstimmig angenommen.

Gartendirektor Heicke führte nun aus, daf3 es sich
empfehlen dürfe, die Verfolgung rein wirtschaftlicher Interessen
bei der anzustrebenden Organisation auszuschließen und mehr
auf die Förderung idealer Bestrebungen den Nachdruck zu
legen.

Unter diesem Gesichtspunkte ließen sich die Arbeits-
gebiete der in Frage kommenden Vereine in vier Hauptgruppen
fassen: i. Allgemeiner Gartenbau. 2. Obstbau. 3. Garten-
kunst. 4. Dendrologisch-wissenschaftliche Bestrebungen. Im
Rahmen dieser Gliederung dürften innerhalb der einzelnen
Gruppen folgende Gesellschaften zu einer gewissen führenden
Rolle berufen sein: 1. Verein z. B. d. Gartenbaues. 2. Deut-
scher Pomologen-Verein. 3. Deutsche Gesellschaft für Garten-
kunst. 4. Deutsche Dendrologische Gesellschaft. Es ließe sich
denken, daß jede dieser Gesellschaften ähnlich, wie es jetzt
vom V. z. B. d. G. für das Gebiet des allgemeinen Gartenbaues
angestrebt werde, den Versuch unternähme, mit Vereinen,
die ihnen verwandte Ziele verfolgen, in ein engeres Verhältnis zu
treten.

Die Form, in der dies zu geschehen habe, brauche
nicht notwendig in allen Gruppen die gleiche zu sein, müsse
sich vielmehr unter Wahrung gewisser einheitlicher Gesichts-
punkte möglichst den jeweiligen besonderen Verhältnissen an-
passen. Diese Gruppen, deren Zahl übrigens nicht auf vier
beschränkt zu bleiben brauche, sondern nach Bedarf auch
erweitert werden könne, würden sich dann zu einem Ver-
band zusammenzuschliessen haben, der seine Spitze in einem
Ausschusse erhalten könnte, in den jede Gruppe eine ange-
messene Anzahl von Vertretern zu entsenden hätte. Für die
Beteiligung der einzelnen Gruppen an der Bildung dieses Aus-
schusses, der als Gesamtvertretung des deutschen Garten-
baues zu gelten habe, könne man die Mitgliederzahl der ein-
zelnen Gruppen, richtiger vielleicht die Höhe ihres Jahresbudgets
als maßgebend annehmen.

Dem Ausschusse falle die Aufgabe zu, in allen Fragen,
die ein gemeinsames Handeln als zweckmässig erscheinen
ließen, die Führung zu übernehmen und ein Zusammen-
gehen anzubahnen. Die Möglichkeit hierzu ließe sich auf ver-
schiedenen Gebieten nachweisen. So wäre es denkbar, daß
an Stelle der jetzt vielfach miteinander kollidierenden Jahres-
versammlungen der einzelnen Vereine große gemeinschaftliche
Veranstaltungen träten, etwa nach dem Vorbilde der Ver-
sammlungen deutscher Naturforscher und Ärzte. Der äußere
Rahmen, Begrüßungen, festliche Veranstaltungen und dergl.
könnten gemeinsam sein, es würden Vollversammlungen dabei
abgehalten werden können, in denen Vorträge über allgemein
interessierende Fragen zu halten wären und in gesonderten
Sitzungen könnten die Spezialgebiete der einzelnen Gruppen
behandelt werden. Während bisher die Verzettelung dazu
führte, daß die im besten Falle nur von einigen hundert Per-
sonen besuchten Versammlungen vielfach wenig beachtet
würden, dürften sie sich künftig zu eindrucksvollen Ver-
anstaltungen entwickeln lassen, die auf die breite Öffentlich-
keit großen Einfluß gewinnen könnten.

Ähnlich ließe sich durch geeignetes Zusammenarbeiten der
fast krankhaften Sucht, jede noch so belanglose Gelegenheit
zur Veranstaltung einer Ausstellung zu benutzen, entgegen-
treten und das Ausstellungswesen durch planvolles gemein-
sames Handeln von den vielen ihm anhaftenden Mißständen
befreien. Ein anderes Betätigungsgebiet für einen ständigen

Ausschuß sei das Unterrichtswesen; wieder ein anderes die
Vertretung des Gartenbaues den Behörden gegenüber.

Auch das Zeitschriftenwesen ließe manche Verbesserung
zu, wenn man sich entschließen könne, für die verschiedenen
Zeitschriften ein einheitliches Format einzuführen, den Druck und
die Versendung von einer gemeinsamen Geschäftstelle ausgehen
zu lassen, das Annoncenwesen zusammenzufassen und dergl.
mehr. Dabei denke er nicht daran, die einzelnen Zeitschriften
ineinander aufgehen zu lassen, sie dürften vielmehr trotz der
einheitlichen geschäftlichen Behandlung als gesonderte Ab-
teilungen unter Fachredaktionen für die Spezialgebiete zu be-
trachten sein, ja es könne sogar ihre Eigenart künftig noch
etwas mehr herausgearbeitet werden.

Wenn man erst einmal angefangen habe, darüber nach-
zudenken, welche Angelegenheiten eine ähnliche gemeinsame
Behandlung erfahren könnten, sobald eine derartige die Selb-
ständigkeit der bestehenden Verbände nicht beeinträchtigende
Organisation geschaffen sei, dann käme man nicht leicht
an ein Ende. Was er angeführt habe, solle nur Möglich-
keiten andeuten und die Nützlichkeit des Zusammenschlusses
dartun.

Wollte man solchen Plänen näher treten, dann sei es er-
lorderllich, daß die Grundlagen zwischen den Vertretern der ein-
zelnen Verbände sorgsam erörtert und geprüft würden. Das
brauche Zeit und dörfe nicht überstürzt werden. Daneben
brauche aber die Umwandlung des V. z. B. d. G, der als ein
Glied in die große Organisation sich einfügen müsse, nicht auf-
gehalten zu werden.

Diese Ausführungen fanden allseitig beifällige Aufnahme.
Herr Dr. Berliner begrüßte sie als eine brauchbare Unter-
lage zu weiteren Verhandlungen und vermißte im wesentlichen
bei Heickes Vorschlägen nur Angaben über die finanzielle
Seite. Auch die anderen Herrn, welche sich an der folgenden
Aussprache beteiligten, äußerten sich zustimmend und brachten
nur einige unwesentliche Bedenken vor.

So hielt u. a. Herr Geheimrat Wittmack neben der dendro-
logischen Abteilung eine ausschließlich wissenschaftliche Gruppe
für Botanik, Pflanzenkrankheiten u. dergl. für erforderlich; die
Herren Lange, Beyrodt, Encke u. a. wollten für die Ge-
samtorganisation den nun einmal schon zu einer gewissen Be-
deutung gekommenen Namen Deutsche Gartenbaugesellschaft
beibehalten wissen, während Herr Heicke auf den Namen
kein so großes Gewicht legen zu sollen glaubte. Hinsichtlich
der finanziellen Seite war er der Ansicht, daß ein solcher Zu-
sammenschluß den beteiligten Verbänden in mehr als einer Hin-
sicht Herabminderung ihrer geschäftlichen Unkosten bringe,
so daß hierdurch schon Mittel verfügbar würden, die der gemein-
samen Organisation zugeführt werden könnten.

Wenn er habe erwarten können, daß seine skizzenhaften
Anregungen eine so günstige Aufnahme fänden, dann hätte
er gerne sich der Mühe unterzogen, sie in präzisere Form
zu kleiden und auch der finanziellen Seite gerecht zu werden.
Er zweifele nicht, sie unschwer zu lösen, sobald nur der ernste
Wille da sei, den angedeuteten Weg zu beschreiten.

So schien die ganze Angelegenheit nach fast drei-
stündigen Verhandlungen in ein günstiges Fahrwasser geleitet
zu sein, als der Vorsitzende, Herr Swoboda, eine Pause
eintreten ließ, die die Versammlungsteilnehmer zu persönlichem
Meinungsaustausch untereinander benutzen sollten.

Während der Pause fiel es auf, daß sich die Berliner
Herren vom V. z. B. d. G. zu einer Besprechung zurück-
gezogen hatten. Nach Wiedereröffnung der Sitzung sprach
sich Herr Swoboda dahin aus, daß man die Heickeschen
Vorschläge ja für diskutabel halte, daß aber für den V. z. B. d. G.
zunächst doch der von ihm vorbereitete Ausbau dieses Vereins zu
einer Deutschen Gartenbaugesellschaft in ihrem bisherigen Sinne
und auf Grund der im Entwurf vorliegenden Satzungen das wich-
tigere sei. Zu ihrer Durchberatung wolle er nunmehr übergehen,
während es den Vertretern der übrigen Verbände überlassen
bleibe, ihrerseits den Heickeschen Vorschlägen, die ja auf die
 
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