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Die Gartenkunst — 12.1910

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Grisson, Rulemann: Zuviel Gehölzsorten!
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.22776#0149

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Xjt 8 DIE GARTENKUNST. 141

die Landschaftsgärtner dies Hilfsmittel zur Erlangung geeigneter
Bezugsquellen benutzen, werden sie stets ihren Bedarf finden.

Gerade der „Bund deutscher Baumschulenbesitzer" und
auch die „Deutsche dendrologische Gesellschaft" haben es sich
zur Aufgabe gemacht, Angebot und Nachfrage zu regeln und
zu fördern.

Leicht ist es heutzutage nicht, allen gestellten Anforderungen
zu genügen. Ich wollte, Herr Heicke sähe einmal einen Posten
Aufträge bei Baumschulenbesitzern durch, was alles verlangt
wird. Ilat man es nicht, heißt es, das Geschäft ist nicht
leistungsfähig oder hat nicht Auswahl genug. Ich kann aus Er-
fahrung bestätigen, daß eine Baumschule mit reichhaltigem Sorti-
ment und reichlichen Beständen einen verhältnismäßig besseren
Umsatz erzielt, als ein Betrieb mit einem nur auf das Not-
wendigste zugeschnittenen Sortiment. Freilich kann man nicht
jeden Artikel jedes Jahr gleichmäßig vermehren, dazu gehören
enorme Ländereien. Dafür gibt es aber wohl Baumschulen
genug, so daß man, was man in dem einen Geschäft nicht
findet, in einem anderen Geschäft erhalten kann.

Wenn eine Kommission zur Ausmerzung des Nichtbrauch-
baren zustande kommen sollte, so wäre es doch wohl nicht
richtig, wenn alle deutschen Baumschulen nun nach derselben
Schablone arbeiten sollten oder wollten. Anzucht geht mit
Nachfrage und Angebot Hand in Hand.

Wenn ein Gartenkünstler besondere Liebhaberei für
irgendwelche Gehölze oder Formen hat und immer nach den-
selben Artikeln in renommierten Geschäften sucht, dann wird
er sicher Geschäfte finden, die sich bald danach einrichten

Was die Sortimentsbaumschulen anbelangt, so haben auch
diese ihre Berechtigung. Ich glaube aber nicht, daß die von
Herrn Heicke angelührte Baumschule ihre in Crataegusarten
und andere große Sortimente mit Rücksicht auf die Garten-
künstler zieht, da dieser Luxus für sie wohl etwas unrentabel
sein dürfte. Die Abnehmer solcher Sortimente sind nicht die
Herren Gartenkünstler, sondern in erster Linie Liebhaber,
wissenschaftliche Institute, Arboreten u. dergl. Man muß
andererseits dem Publikum und der Kundschaft auch einmal
etwas Neues bieten und etwas Abwechselung bringen. Es
wäre interessant, von Herrn Heicke zu hören, welche Sorten
von Dornen und Eichen z. B. er als schön und zur Massen-
anzucht empfehlen würde.

Bei geschlitztblättrigen Sorten ist mir noch niemals der
Gedanke gekommen, daß so ein Gehölz aussieht, als wie von
Käfern und Raupen zerfressen. Man braucht doch nicht nur
Schönes zu pflanzen, man kann auch einmal etwas Inter-
essantes oder einen Kontrast zeigen wollen.

Für kleinere Gärten und Anlagen kommt es meistenteils
auf gediegene Sortimente an und nicht auf Massenartikel. Und
für große Parks und Anlagen zu liefern, gehört leider nicht
zu dem Alltäglichen.

Dort aber, wo Baumschulen jährlich Nachfrage nach
solchen Massenartikeln haben, wird auch schon die Anzucht
danach eingerichtet werden. Den Mitgliedern des „Bundes
deutscher Baumschulenbesitzer" ist im Monat Juni gezeigt
worden, was in Holsteiner Baumschulen zu haben ist und nur
der kleinste Teil der Baumschulen ist gezeigt worden. Es
wäre wünschenswert, wenn dergleichen Veranstaltungen und
Baumschulenbesichtigungen auch von Gartenkünstlern vorge-
nommen würden; sie dürften dann so leicht nicht in die Lage
kommen, sagen zu müssen, dieser oder jener Artikel sei nicht
zu bekommen. Hier im Holsteinischen ist von allem genügend
Vorrat, auch in großen Posten.

Rulemann Grisson jun.
Baumschulenbesitzer
Saselheide, pr. Alt-Rahlstedt bei Hamburg.

Unter freundlicher Mitwirkung und Zustimmung der

Herren H. Wendland, Kiel,

J. Timm & Co, Elmshorn,
Johs. v. Ehren, Nienstedten.

Bücherschau.

Sächsische Gartenkunst. Ein Architekt, Dr. Hugo Koch, hat
es unternommen, über sächsische Gärten ein umfangreiches Buch
zu veröffentlichen, dem er den Titel „Sächsische Gartenkunst" gab.
Dieses immerhin wichtige Aushängeschild eines Buches scheint
mir nicht glücklich gewählt; denn von einer besonders sächsisch
gearteten Gartenkunst kann man wohl kaum sprechen, wenn
man nicht etwa für die Zeit Augusts des Starken diese Be-
sonderheit in Anspruch nehmen will — und tut man das, so
paßt der Titel nicht: denn es handelt sich nicht nur um jene
Zeit des größten Hochstandes der Gartenkunst im kurfürst-
lichen Sachsen, sondern um eine Schilderung und Beurteilung
einer großen Anzahl von Gärten, wie sie seit den Zeiten der
Renaissance bis hinein ins 19. Jahrhundert im jetzigen König-
reich zuerst zweckhaft formal, dann im architektonischen Sinne
und endlich mit der Absicht auf unberührte oder gärtnerisch
gewollte Landschaft angelegt wurden, wobei Untergegangenes
und noch Bestehendes in geschichtlicher Folge nebeneinander
behandelt wird. Wir haben es also zu tun mit einer Ver-
öffentlichung über Gärten und Gartenformen im Königreich
Sachsen während vier Jahrhunderten.

Über diesen Gegenstand ist nun mit außerordentlichem
Fleiß ein sehr reichhaltiges Material zusammengetragen worden,
freilich im wesentlichen kompilatorisch — und dies ist sicher
ein Hauptmangel des Buches. Was die verschiedenartigen
Kompilationen, die bei einem derartigen Werke bis zu einem
gewissen Grade nötig sind, einen würde: den eignen, festen
Standpunkt zur Sache, der überall klar hervortritt, die ordnende
Hand vermißt man hier allzuhäufig. Das ist der Grund, wes-
halb das Buch in sich wenig inneren Zusammenhang hat, den
verschiedenen Gebieten eine ungleiche Behandlung angedeihen
läßt und nicht selten Widersprüche im Urteil zeigt. Auch
durch den Umstand, daß oft zuviel Akten- und Anekdotenstoff
herbeigetragen wird, geht der Zusammenhang und die Klar-
heit der Darstellung verloren; weniger in dieser Beziehung
wäre mehr gewesen. Uberaus reich ist das Werk mit Ab-
bildungen ausgestattet, und dies ist nicht sein geringster Vor-
zug, wenn man auch wünschen möchte, daß ein Teil der
photographischen Aufnahmen technisch besser wiedergegeben
wäre.

Im einzelnen ist nun recht viel Gutes in dem Buche zu
finden; schon daß eine Reihe von so wundervollen, aber wenig
gekannten Gartenanlagen wie die von Joachimstein, Lichten-
walde, Wackerbarths-Ruhe, auch die von Groß-Sedlitz und
andere hier gezeigt und eingehend besprochen werden, ist sehr
erfreulich. Auch manchem Urteil des Verfassers wird man
durchaus zustimmen können; was er von der zurückhaltenden
und weisen Anwendung der Le Nötreschen Lehren durch die
sächsischen Meister bei wesentlich bescheideneren Verhält-
nissen sagt, wie er die theoretischen Arbeiten Hirschfeldts
schildert, was er am Schluß über die Bedürfnisfrage bei der
Gestaltung des neuen Gartens ausführt, indem er das Wohnungs-
programm an die erste Stelle rückt — das und manches andere
sind sehr beachtliche Äußerungen.

Andererseits möchte ich einige Einzelheiten erwähnen,
die zu Bemerkungen Anlaß geben. Kunstgeschichtliche Zeit-
benennungen sind gewiß Sache des Übereinkommens; es
widerspricht aber unseren Gewohnheiten, wenn Werke aus
der letzten Zeit des 17. Jahrhunderts als solche der Renaissance
aufgeführt werden — der Zinzendorfische Garten in Dresden
und der Garten von Seerhausen sind sicher als barocke An-
lagen anzusprechen. Bei dieser letzten hätte man, wie bei
einigen anderen, gewünscht, daß das Ganze mehr nach der
formalen Seite besprochen und gezeigt worden wäre, wie ge-
schickt die Verhältnisse der ursprünglichen mittelalterlichen
Wasserburg bei der Umgestaltung benutzt worden sind. Über-
haupt geht die Darstellung für meinen Geschmack fast durch-
gängig zu sehr vom theoretisch-geschichtlichen Standpunkt aus
und berücksichtigt wenig das praktisch aus den Bedürfnissen
 
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