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Die Gartenkunst — 12.1910

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Arntz, Wilhelm: Italienische Renaissancegärten, [5]: Die Villen von Frascati
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https://doi.org/10.11588/diglit.22776#0145

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XII, s

DIE GARTENKUNST.

137

Italienische RenaiSSailCe-Gärten. des immergrünen Steineichenwaldes, welcher die Hänge

Von Wilhelm Arntz, Frankfurt a. M. bedeckt, sind es, die man auf das Haus zu immer mehr

ordnet, gliedert, zu Raumbildung benutzt und gleich-

III. Die Villen von Frascati. sam aus der wiliCnlosen Masse zu großen ruhigen

Begibt man sich von Florenz geradewegs nach Bauteilen kristallisiert. Parterres, Blumengärten bilden
Frascati, so empfindet man dort fast schmerzlich den in der Gesamtheit nur einen kleinen aber wohlver-
Gegensatz im Charakter. In Florenz der Anfang, in wendeten Teil als engere Basis und Umgebung des
Frascati das Ende der direkten Entwickelung. Dort Hauses. Die Brunnen als schmückende bildhauerische
noch kindlich anmutende Unsicherheit, Unbeholfen- Kunstwerke sind hier fast verschwunden, aber an ihre
heit, Befangenheit, hier resolute Gewandtheit, Sicher- Stelle treten teilweise die bekannten, ebenfalls organisch
heit der Reife und bewußte Beherrschung des Gegen- verbundenen Wasserwerke, Kaskaden, Teiche, Spring-
standes. Aber auch dort noch Reinheit der Architektur, brunnen, so in die Achse eingeordnet, daß sie nicht
natürliche Schönheit der Formen, hier mit wenigen nur als ihr Schmuck, sondern als ihr Wesentliches, ja
Ausnahmen Verlust der Natürlichkeit, wirkunghaschende gleichsam als die große Blutader des ganzen Gartens
Absichtlichkeit, Unreinheit der Architektur. Dort feine erscheinen. Daß sie in den Formen schon grotesk,
Durchbildung der Einzelheiten, hier das Einzelne meist im bildnerischen Schmuck roh sind, ist schade und min-
minderwertig, flüchtig, ja verroht. dert die Freude. Aber der Gesamteindruck bringt den

Äußert sich darin in Frascati auch der Nieder- Beschauer doch darüber hinweg,
gang der Zeit, so stellt dennoch die Villa als solche Eine der wertvollsten Eigenschaften dieser Villen
dort den Höhepunkt der Entwickelung dar. Denn hier ist aber die Auswahl und Ausnutzung der Lage,
erst war es gelungen, Kasino und Garten (oder Park) Sie liegen auf den Nordhang des kleinen, schönheit-
so vollkommen zur architektonischen Einheit zu bringen, berühmten Albanergebirges, eines erloschenen Vulkan-
daß die Erscheinung ein unlösbares Ganzes von mäch- Zentrums, durchschnittlich 300 m hoch über dem am
tiger Wirkung ist. Diese Villen in ihren besten Ver- Horizonte flimmernden Meere. Vor ihnen dehnt sich
tretern sind der beste Beweis dafür, daß eine schöne die einsame ruinenbedeckte Campagna, mitten darinnen
freie Gestaltung des Raumes und Wirkung im Räume die ewige Stadt mit der schimmernden Kuppel der
nur durch die vollkommene architektonische Einheit, Peterskirche, rechts und links in der Ferne schöne
durch die organische Geschlossenheit, In-sich-Geschlos- Berge. Ganz zu ihren Füßen aber flimmern die
senheit möglich ist, niemals auf dem Wege malerischer Olivenhaine und grünen die Weingärten. Hinter ihnen
Unregelmäßigkeit und Zergliederung. Alles ist da auf kommt von den erinnerungsreichen, ruinengeschmückten
den Gesamteindruck, das Große, hingearbeitet. Und Höhen der tiefgrüne Eichenwald und vereinigt sich
die Größe sucht man hier nicht mehr in möglichster mit ihren Gärten. Mit dieser Schönheit der Um-
Ausdehnung des Ganzen, im Auseinanderziehen, nicht gebung allein ist es aber nicht getan. Wie man
in der Vergrößerung der Zahl von Einzelheiten, sondern sie sich dienstbar machte, ist, so natürlich es da-
im wuchtigen Aufbau aus wuchtigen Stücken, in groß- mals war, für uns heute bewundernswert. Zahlreiche
zügigem Durchgreifen eines verhältnismäßig einfachen moderne Landhäuschen zeigen, wie man auch dort
Planes. Das Kasino (heute mit Vorliebe Palazzo ge- die Umgebung schänden kann. Diese Villen aber haben
nannt) ist der Kern der ganzen Anlage, die es rings sie durch ihren echt architektonischen Aufbau fast
umgibt. Es wächst aus den Terrassen, Hainpflan- erhöht. Auf Hügeln und Bodenwellen haben sie sich
zungen und Alleen förmlich heraus, es ruht nicht nur festgesetzt, selbst die Steile des Abhanges so ver-
auf ihnen, sondern durch sie auf der ganzen Umge- wertet, daß sie als der selbstverständliche Gipfel er-
bung. Hier hat man endlich auch den ,,Bauwert" der scheinen. Kein Sichhineinschmiegen, sondern kraft-
Pflanzc, d. h. der großen Bäume erkannt. Die Bäume volles Hervortreten, nicht zerstörend, sondern ergänzend.

Villa Mondragone, von Falconieri aus gesehen. Zeichnung von Wilh. Arntz, Frankfurt a. M.
 
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