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Die Gartenkunst — 12.1910

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Zahn, Fritz: Literaturnachweis für Gartenkunst und Gartentechnik, [3]
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.22776#0073

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XII, 4

DIE GARTENKUNST.

65

verständigen des Preisgerichts zu weiterer eingehender Prüfung
und Berichterstattung zugewiesen. Die Erledigung dieser Auf-
träge füllte den Donnerstag, den 23. Februar aus.

Die Berichte der Fachpreisrichter über die für die Preis-
erteilung in engster Wahl befindlichen Arbeiten wurden in der
Sitzung am 24. Februar, zu der das Preisgericht vollzählig an-
wesend war, erstattet und beraten und erhielten folgende Fassung:

Nr. 11. Motto: „Die langen Stücke".
Der Entwurf ist in seiner Gesamtanlage durchaus klar
und sachlich. Besonders glücklich bauen sich der Eingang
und die Kapellenpartie in den vorhandenen Baumbestand ein.
Die Wasserpartien sind wohlüberlegt im Gelände verteilt. Der
Maßstab der Anlage im Verhältnis zu den Gebäuden und
Wegen ist vorzüglich. Die Wegeführung ist zweckmäßig.
Einige Bedenken (Zugang zum Krematorium, Einmündung der
Hauptwege) sind leicht zu beseitigen. Erfreulich ist eine Fülle
malerischer Motive. Der Bachlauf hinter dem Krematorium
ist zwar nicht zu empfehlen, doch sind derartige kleine Mängel
belanglos gegenüber den großen Vorzügen. Die Belegbarkeit
ist sehr günstig. — Die Baulichkeiten fügen sich dem Land-
schaftsbild in bescheidener Architektur ein, wie auch der Ver-
fasser mit folgenden Worten betont:

„Man hat sich bemüht, die Gebäude der Pflanzen-
welt unterzuordnen. Jegliche Monumentalität wurde
vermieden, die Höhenentwicklung beschränkt, so daß
sich die Gebäude bescheiden dem Ganzen einfügen."
Die Grundrisse sind gut, der Charakter der Bauformen
angemessen.

Die Gruppierung der Nebengebäude um den Hauptein-
gang ist zu loben.

Nr. 72. Motto: „Hansa II".

Sehr gut ist die Aufschließung des Grundstücks durch
die durchlaufende, einmal gebrochene Achse gelöst. Die Ge-
bäude stehen zweckmäßig und architektonisch gut. Die An-
nahme, daß späterhin Nord- und Südeingang gleiche Bedeutung
erhalten werden, führte zu der Anordnung der zwei im Winkel
sich treffenden Hauptstraßen.

Die Gesamtanlage ist systematisch in für sich abge-
schlossene Friedhöfe kleineren Umfangs gegliedert, welche
durch Gräben und Hecken abgeschlossen sind. Diese Auf-
teilung wird als reizvoll und künstlerisch eigenartig erkannt.
Auch wird sie die Orientierung erleichtern.

Die ganze Fläche ist sehr gut ausgenutzt. Auch inner-
halb der Einzelfriedhöfe ist Pflanzenwuchs in wirksamer An-
ordnung vorgesehen.

Die Ausführung in Abschnitten ist sehr erleichtert. Die
großen Hauptwege dürften reizvoller ausgebildet sein.

In der architektonischen Gestaltung liegt ein sicherer
und bedeutender Stimmungsgehalt, der in den kleinen Zeich-
nungen besser als in der aus dem Rahmen der ganzen Arbeit
störend herausfallenden Perspektive zur Geltung kommt.

Nr. 84. Motto: „Morituris".
Im Gegensatz zu den beiden erstgenannten Arbeiten
bringt dieser Entwurf eine Lösung in strengem monumentalem
Charakter. Obgleich eine solche Lösung eine geringere Be-
legungsfähigkeit des Geländes bietet und dadurch sowie wegen
der architektonischen Anforderungen kostspieliger wird, so
stellt doch nichts im Wege, auch eine solche Auffassung gelten
zu lassen. Bei der vorliegenden Lösung wird rückhaltlos an-
erkannt, daß eine einheitliche, aus einem Guß gestaltete Arbeit
geschaffen ist. Ein ausgesprochener aber leicht zu beseiti-
gender Fehler liegt in der schweren Zugänglichkeit vom Nord-
portal aus.

Nr 42. Motto: „Paulus, Markus, Lukas".
Trotzdem auf lange, gerade Wege verzichtet wurde, be-
wirkt doch das Wegenetz eine gute Orientierung und Auf-
teilung. Die Wegeknicke sind zu reizvollen Platzformen aus-
gebildet. Bemängelt wird die vom Haupteingang entfernte

Lage der Hauptkapelle. Ein Verstoß gegen das Programm
ist der zu geringe Bodenaushub ( 180000 cbm).

Die liebenswürdige und schlichte Backsteinarchitektur
paßt in die Gegend und wird in ihrer ehrlichen Durchbildung
voll gewürdigt.

Nr. 4. Motto: „Hortus mortuorum".

Eine eigenartige gedankenreiche und klare Gesamtanlage;
zu bemängeln ist der schlechte Anschluß der mittleren Haupt-
achse an den Südeingang.

Aus dem Rahmen der sonst guten und sachlichen Archi-
tektur fällt das Krematorium fremd heraus.

Nr. 37. Motto: „P. X."
Ein origineller Gedanke liegt in der großzügigen Zu-
sammenfassung der Wassermassen und des als Hintergrund
dienenden Urnenhains. Doch ist die lange Achse mit der Oval-
bildung reizlos und die Architektur nur in den Nebengebäuden
mit den Eingangstoren geglückt.

Nr. 45. Motto: „Kreuz im Kreisornament" gez.

Das Kreuz als Grundmotiv der ganzen Anlage bewirkt,
daß große Restflächen nebensächlich und unzweckmäßig be-
handelt werden.

Die starke Betonung der Grenzlinien durch Dämme und
Pflanzungen hebt die diagonale Anordnung der Kreuzachse
ungünstig hervor.

Zu loben ist die Durchbildung der Eingangspartien.
Nr. 50. Motto: „Friedhofsgedanke".

Die Einmündung der breiten Straßen in die Plätze ist
nicht geglückt. Die schematische Symmetrie führt zu er-
müdender Wiederholung derselben Motive, wozu die ge-
gebenen Verhältnisse keine Veranlassung bieten. Es fehlen
100000 cbm Bodenaushub.

Nr. 53. Motto: „Dolmen".

Die schöne Anordnung der Wasserflächen ist nur zu
rechtfertigen unter der nicht zutreffenden Voraussetzung, daß
die jetzige landschaftliche Umgebung erhalten bleibt. Doch
könnte diesem Mangel leicht durch Bepflanzung der Grenze
abgeholfen werden. Die Stellung der Gebäude an der langen
Mittelachse teilweise in diagonaler Stellung verspricht keine
glückliche architektonische Wirkung.

Die meisterhaft dargestellte Architektur täuscht nicht
über den Mangel an Empfindung hinweg.

Die Verteilung der Preise geschah, wie im vorigen Hefte
der „Gartenkunst", Seite 47, berichtet worden ist.

Bücherschau.

W. Frhr. v. Engelhardt, Kultur und Natur in der Garten-
kunst. Stuttgart, Verlag von Strecker und Schröder, 1910. —
In der von Professor Dr. W. von Ottingen herausgegebenen
und bei Strecker und Schröder in Stuttgart verlegten Samm-
lung von Einzelarbeiten zur Einführung in das Verständnis
unserer Zeit bildet die vorliegende Schrift den 6. Band. Ich habe
sie mit größtem Interesse gelesen und lege sie mit Befriedigung
aus der Hand. Ich will damit nicht sagen, daß ich mit dem
Verfasser in allen Punkten einverstanden sei; das wird er
selbst auch kaum von jedem Leser erwarten. Solche Aus-
führungen über Zeit- und Streitfragen der Gegenwart haben
immer mehr oder weniger etwas Persönliches an sich; ich
meine nicht eine Tendenz, die sich persönlich gegen andere
richtet, sondern jene persönliche Note, die sich aus der Eigen-
art und Anschauungsweise des Verfassers ergibt, sofern er
solche besitzt; und je ausgeprägter seine Eigenart ist und je
ausgesprochener sie in Wort und Schrift zum Ausdruck ge-
 
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