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Die Gartenkunst — 12.1910

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Heicke, C.: Zuviel Gehölzsorten!
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Hoemann, Reinhold: Erinnerungen an die Studienfahrt der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst nach England, [6]: Holland-House
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https://doi.org/10.11588/diglit.22776#0105

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XII, c

DIE GARTENKUNST.

m

vom Ungeziefer zernagtes Blatt? Filicifolia — farn-
blättrig nennt man sie! Ja wenn ich Farnblätter sehen
will, kann ich mir doch wirkliche Farnblätter betrachten
und brauche sie nicht am Lindenbaum zu suchen.

Nächstens werden wir dann wohl auch linden-
blättrige Farne bekommen! Wir haben es hier mit
einer an das Perverse grenzenden Ausartung des
Geschmackes zu tun. Mich erinnert das an die erd-
beerfrüchtige Brombeere! Aber wenn ich Erdbeeren
haben will, esse ich eben Erdbeeren und Brombeeren,
wenn ich Brombeeren haben will.

Auch die Spielarten, deren Blattflächen gekräuselt,
löffelartig gekrümmt sind und dergl., wie z. B. Acer
platanoides cucullatum, Quercus pedunculata cochleata
u. a. sind zu verwerfen.

Ich muß es mir versagen, alles hierher gehörige
einzeln anzuführen. Nur streifen will ich die durch
ihren Wuchs von der normalen Form abweichenden
Trauerbäume, Zwerggehölze, Säulenformen. Vieles,
was darunter ist, ist alles andere als schön. Aber der
Gärtner hat sich daran gewöhnt, sie alle mit besonderer
Liebe zu behandeln und bei der Ausstattung der
Gärten zu bevorzugen, trotzdem viele nur als jämmer-
liche Krüppel neben ihren schönen Stammformen er-
scheinen.

Einen besonderen Abschnitt in der Erörterung
müßten die Sorten mit abweichenden — der Gärtner
sagt vervollkommneten — Blüten bilden. Nur die
wenigsten gefüllt blühenden Formen können es mit
der edlen Schönheit der ursprünglichen einfachen
Blumen aufnehmen, und wenn für manche anderen
Zwecke durch Füllung, Größe und besondere Farbe
sich auszeichnende Blüten einen gewissen Wert haben,
für die Verwendung im Park trifft es nur bei ganz
wenigen zu, wie etwa bei der gefüllt blühenden Roß-
kastanie, die bevorzugt wird, weil sie keine Früchte
trägt. Aber wohin geraten wir, wenn z. B. die Ver-
mehrung unserer Rosensorten in der bisherigen Weise
fortgesetzt wird? Ich habe schon vor einigen Jahren
auf die Mißstände hingewiesen, die auf diesem Sonder-
gebiet herrschen und es fast unmöglich machen, einen
wirklich schönen Rosengarten anzulegen. Ich möchte
hier auf diesen in der Gartenkunst, Jahrgang 1907,
Seite 210 u. f. abgedruckten Aufsatz verweisen und
mich jetzt nur auf die Feststellung der Tatsache be-
schränken , daß von den Rosenzüchtern viel zu sehr
ausschließlich auf die Blumen Rücksicht genommen,
Cdgegen wenig danach gefragt wird, wie ihr Wuchs
ist, ob sie gefällige Strauchformen, gute Belaubung u.
dergl. besitzen.

Ich bin der Ansicht, daß mit diesen Zuständen un-
bedingt aufgeräumt werden muß. Es liegt fast noch mehr
im Interesse der Pflanzenzüchter wie ihrer Abnehmer.
Denn durch die Ausscheidung der vielen entbehrlichen
Formen wird sich der Baumschulbetricb erheblich ver-
einfachen und durch diese Vereinfachung naturgemäß
auch ertragsreicher gestalten lassen. Es muß, wenn
im Sinn meiner Darlegungsn etwas erreicht werden

soll, ein Handinhandarbeiten zwischen den Verbrau-
chern (GartenkünstlernJ und den Züchtern (Baumschul-
besitzern), herbeigeführt werden, es müssen Männer, die
das weite Gebiet gründlich beherrschen, zusammen-
treten und in sorgfältiger Prüfung und gemeinsamer Be-
ratung die erforderlichen Feststellungen vornehmen.
Sache der bestehenden Verbände wird es dann sein,
für die Durchführung der als zweckmäßig erkannten
Maßnahmen zu sorgen und Vorkehrungen zu treffen,
damit nicht alsbald durch kritiklose Einführung neuer
Formen das eben Erreichte wieder in Frage gestellt
wird. Heicke.

Erinnerungen an die Studienfahrt der Deutschen
Gesellschaft für Gartenkunst nach England.

Von R. Hoemann, Düsseldorf.
Mit Abbildungen nach Aufnahmen von Heicke, Frankfurt a. M.
VI. Holland-House. Gunnersbury.
Recht interessant und nach mancherlei Richtung
anregend war das Studium der englischen Privatgärten.
Wir haben manch große und prächtige Parks durch-
wandert, aber auch kleinere Gärten gesehen und man
hat wohl auch hier allgemein den Eindruck, daß der
Engländer seinen Park und Garten sehr liebt und
schätzt. Am meisten freute mich die Beobachtung,
mit welcher Pietät und Ehrfurcht der Nachfahre am
Besitz an der Schöpfung der Vorfahren hängt, wie
sehr der Baum, den Großvater oder Urahn pflanzte,
vom Enkel geachtet und geschont wird. Es ist be-
zeichnend und ehrenvoll für den engl. Adel, daß auch in
Mitten der Millionenstadt noch Parkanlagen von großer
Ausdehnung in Privathand existieren, und daß man
anscheinend nicht daran denkt, diesen wertvollen Grund
der Bodenspekulation zu opfern, sondern daß die Gärten
Gärten bleiben zur Freude ihrer Besitzer und Gäste,
zur Freude aber auch und zum Besten der Allge-
meinheit.

Ein typisches Beispiel für eine derartige Besitzung
ist IIolland-House mit seinen großen und schönen
Gärten, im Kensingtonstadtteil gelegen.

Das prächtige Herrenhaus ist ein trefflicher Reprä-
sentant englischer Bauweise und zwar des englischen
Backsteinbaues. Vornehm, mächtig und doch außer-
ordentlich malerisch in seinem unsymmetrischen Aufbau
lugt es hervor aus den alten Baumriesen des Parks.
Besonders reizvoll ist die Südwestfront des Schlosses
mit ihren Terrassen und Treppenbauten. Und an diese
mit so erlesenem Geschmack erstellten Bauwerke
schließt sich nun der Garten oder richtiger die Gärten
an. Ich sage die Gärten, denn eingefriedigt durch
Hecken, efeuumrankte Mauern und Laubengänge, ge-
schmückt mit Vasen, Brunnen, Bildwerken, Steinsitzen,
Treppen zeigen sich dem Auge eine Reihe von kleineren
Gartenteilen, deren jeder aber eine ganz geschlossene
 
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