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Die Gartenkunst — 12.1910

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Lux, Joseph August: Wiener Gärten aus der Barockzeit
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Heicke, C.: Urnenhaine
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https://doi.org/10.11588/diglit.22776#0212

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204

DIE GARTENKUNST.

XII, 12

E. Barth, Lübeck: Urnenhain des Lübecker Zentralfriedhofes. Vorhof und Laubengänge am Krematorium.

Die Familienmoral der alten Geschlechter hat die
Gärten mit großem Aufwand gepflegt für die Nach-
kommen. Nun haben die Geschlechter ihre historische
Mission erfüllt. Das demokratische Zeitalter, egoistisch
und kurzsichtig, will rasch leben und rasch verzehren,
als käme nach ihm die Sündflut. Aber an Stelle der
weitsichtigen Familienmoral abgedankter Geschlechter
ist die noch weiter ausschauende Moral der Interessen-
gemeinschaft des Volkes getreten, die ein starkes An-
liegen an der Gartenpflege im großen Stil haben muß.
Mit Gemeindemitteln ist diese Kulturangelegenheit heute
noch rationeller zu betreiben, als es früher dem einzelnen
Fürsten möglich war. Wie kommt es nun, daß die
alten Schöpfungen den heutigen unendlich überlegen
sind ? Der Fürst der damaligen Zeit war ein Herr, der
wußte, was er wollte. Er hatte Kultur.

Ein Bild Canalettos, der Schloßliof von Schön-
brunn, Mitte des 18. Jahrhunderts gemalt, ist in dieser
Beziehung ungemein lehrreich. Der weite Schloßhof,
monumental zwar, aber als Schauvorbereitung gegen
die Pracht des Hauptschlosses und des dahinter liegenden
Gartens gebührlich zurückhaltend, ist von buntem Leben
erfüllt; kourbettierendc Reiter, vierspännige Galawagen,
Läufer, Edelleute zu Pferd und Fuß, Dienerschaften,
Bürger, alles vereint. Das eine ist bedeutsam : Archi-
tektur , Garten, Interieurs, die Menschen mit ihren
Kostümen, die Wagen, alle Requisiten bilden eine voll-
kommen künstlerische Einheit.

Man vergegenwärtige sich das Heutige: Das Rat-
haus ist gotisch, das Parlament griechisch, die neue
Gartenanlage im Geiste Rousseaus freie Landschaft,
romantisch unberührt; und die Menschen ? Ihrem Schnei-

der zum Dank scheinen sie Kinder der Gegenwart.
Wann werden sie dafür sorgen, daß ihr Salon zu ihrem
Salonanzug paßt, ihre äußere Umgebung, das Haus,
die Stadt, die Gärten mit ihren Kleidern in Überein-
stimmung ist? Alte Kunst lehrt nicht Nachahmen,
sondern Anwenden

Die Frage ist also, wann wird der einzelne wieder
Kultur bekommen ? Wenn alle einzelnen wieder Kultur
haben, dann wird sie auch wieder die Allgemeinheit
haben, die Gemeinde. Und dann erst werden die Dinge
und auch die Gärten wieder gut geraten.

Es wäre unbillig zu vergessen, daß im Einzelnen
wieder die architektonische Wirkung bei Gartenanlagen,
die mehr oder weniger geschickte Verwendung des
Blumenbeetes beachtet wird, und daß in dem Annex
zum Stadtpark, die Wienufer entlang, der Rasen als
Architekturelement hervortritt.

Urnenhaine.

Von Heicke, Frankfurt a. M.

In einem großen Teile von Deutschland ist die
Feuerbestattung noch immer nicht erlaubt, aber man
darf den Körper eines Anverwandten auf dem Ge-
biete des benachbarten Bundesstaates verbrennen las-
sen, und kann unbehindert die Aschenreste über die
Grenze zurückbringen, um sie auf dem heimatlichen
Friedhofe beizusetzen. Also verboten ist die Sache
eigentlich nicht, sondern nur mit einem etwas um-
ständlichen Verfahren verknüpft. Infolgedessen wird
 
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